Die Entscheidung, ob sich ein Kind einer Wurzelbehandlung unterziehen sollte, bedarf einiger Überlegungen. Manch einer mag daran zweifeln, ob sich der Aufwand lohnt, wenn der Milchzahn doch ohnehin früher oder später ausfällt. Hier stellt sich die Frage: Kann man den kranken Zahn nicht einfach ziehen?
Zahnmediziner befürworten eine Wurzelbehandlung am Milchzahn. In den meisten Fällen ist sie sinnvoll, weil sie die gute Basis schafft für die späteren bleibenden Zähne.
Die Bedeutung von gesunden Milchzähnen dringt erst allmählich ins öffentliche Bewusstsein. Werden aber Probleme mit den Milchzähnen nicht sorgfältig zahnmedizinisch versorgt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass auch die bleibenden Zähne sich nicht gesund entwickeln.
Milchzähne bereiten das bleibende Gebiss vor: Fehlen Milchzähne, weil sie kaputt sind und frühzeitig gezogen werden müssen, führt dies häufig zu Platzproblemen bei den späteren Zähnen. Diese Fehlstellungen müssen dann mit unangenehmen kieferorthopädischen Eingriffen oder Zahnspangen nachkorrigiert werden. Nicht nur für eine schmerzfreie Nahrungsaufnahme braucht es gesunde Zähne, auch für das Selbstvertrauen und die Sprachentwicklung eines Kindes ist ein schönes Gebiss sehr förderlich.
Eine Wurzelentzündung ist meist die Folge zu spät entdeckter Karies. Der Zahnschmelz von Milchzähnen ist dünner als bei den späteren Zähnen und Karies hat daher ein relativ leichtes Spiel. Auch wenn inzwischen viele Eltern darauf achten, dass ihre Kinder keine zuckerhaltigen Getränke und nicht zu viele Süßigkeiten zu sich nehmen und dass sie sich regelmäßig die Zähne putzen, so lässt sich Karies nicht immer vermeiden.
Bleibt die Karies unbehandelt, zum Beispiel weil Vorsorgeuntersuchungen beim Zahnarzt nicht wahrgenommen werden, dauert es meist nicht lange, bis sich der Zahnnerv entzündet. Die Folge sind schlimme Zahnschmerzen. Wenn der Zahn gerettet werden soll, wird eine Wurzelbehandlung notwendig.
Kariesbakterien können sich im Zahnbelag gut vermehren und leicht auf andere Zähne übergreifen. Da das Kindergebiss etwa sechs Jahre lang gleichzeitig aus Milchzähnen und bleibenden Zähne besteht, sind damit auch die bleibenden Zähne gefährdet, an Karies zu erkranken.
Die Wurzelbehandlung eines Milchzahns gleicht der Wurzelbehandlung eines Erwachsenen. Der kranke Nerv wird entfernt, die Zahnwurzelkanäle werden erweitert und mit einer Füllung versehen, der Zahn versiegelt. Wichtig ist, dass dabei der Zahnkeim der Folgezähne nicht beschädigt wird.
Manchmal ist der Nerv noch gesund und kann erhalten werden. In so einem Fall wird nur der obere Teil des Nervs entfernt. Der restliche Zahnnerv wird medikamentös versorgt.
Es gibt jedoch Fälle, bei denen eine Wurzelbehandlung nicht mehr angezeigt ist. Aufgrund der weichen Beschaffenheit des Milchzahns schreitet eine Zahnwurzelentzündung beim Kind schnell fort. Ist der Milchzahn bereits stark angegriffen und vereitert, muss abgewogen werden, ob eine Wurzelbehandlung noch sinnvoll ist. Ein kranker Zahn, der nicht mehr zu retten ist, belastet das Immunsystem und sollte gezogen werden. Um Fehlstellungen der zweiten Zähne zu vermeiden, empfiehlt sich der Einsatz einer Kinderkrone als Platzhalter.
Inwieweit es sich lohnt, einen Milchzahn zu erhalten, hängt vom Ausmaß der Entzündung ab – und auch vom Alter des Kindes. Wie sinnvoll eine Wurzelbehandlung ist, kann alleine der Zahnarzt entscheiden. Bevor die Eltern der Wurzelbehandlung zustimmen, kann es sich lohnen, die Meinung eines weiteren Facharztes einzuholen.
Eltern sollten spätestens ab dem dritten Lebensjahr mit ihrem Kind halbjährlich zum Zahnarzt gehen. Dabei ist es wichtig, Vorsorgetermine routinemäßig wahrzunehmen. So steigt die Chance, dass der Zahnarzt den Mundraum nur kontrolliert und nicht bohren muss. Das Kind lernt so, dass ein Zahnarztbesuch nicht per se unangenehm und mit Schmerzen verbunden ist. Kinder, die zu regelmäßigen Zahnarztbesuchen erzogen werden, behalten diese Praxis meist auch im Erwachsenenalter bei und achten besser auf ihre Zahngesundheit.
aktualisiert am 05.09.2017