Die Syphilis, auch Lues genannt, galt von Anfang an als „Lustseuche“. Bereits 1494 grassierte sie in Europa. Die sexuell übertragbare Krankheit verläuft, wenn sie nicht behandelt wird, in mehreren Stadien und führt oftmals zum Tode. In rund einem Drittel der Fälle heilt die Syphilis von alleine aus. Allerdings besteht auch hier, bis zur vollständigen Heilung, das Risiko der Verbreitung der Krankheit. Jeder vierte Betroffene erleidet dauerhafte körperliche Schäden und jeder zehnte Syphilis-Patient verstirbt. Die gute Nachricht lautet: In der heutigen Zeit gibt es eine Therapie gegen die Syphilis. Der Behandlungserfolg liegt in den frühen Stadien bei nahezu 100 Prozent.
Als die Syphilis im 15. Jahrhundert in Europa grassierte, konnten sich die Menschen die Ursachen für die Erkrankung zunächst nicht rational erklären. Daher suchten sie nach Erklärungsmustern, die ihnen zugänglich waren: Wahlweise wurden Sternenkonstellationen für das Auftauchen der Geschwüre oder Gottes Zorn auf die Menschheit für den Ausbruch der Syphilis verantwortlich gemacht. Ein Nachweis des spiralförmigen Syphilis-Erregers Treponema pallidum gelang Wissenschaftlern erst zu Beginn des 20. Jahrhunderts.
Entsprechend fielen auch die Behandlungsansätze aus, mit denen die Syphilis geheilt werden sollte: Zunächst wurden Betroffene mit einer lebenslangen Quecksilber-Therapie behandelt. Hierbei handelte es sich um eine Kombinationstherapie aus Quecksilber-Salbungen sowie der Einnahme von Quecksilber. Die meisten Betroffenen erlitten eine Schwermetall-Vergiftung, an der sie verstarben.
Erst 1909 wurde eine tatsächliche Therapie gegen die Syphilis entwickelt: Arsen wurde damals bereits erfolgreich als Therapeutikum gegen den Malaria-Erreger eingesetzt. Der deutsche Wissenschaftler Paul Ehrlich konnte nachweisen, dass die Arsenverbindung Salvarsen wirksam im Kampf gegen den Syphilis-Erreger war. Diese neue Therapie brachte den Durchbruch: Mit ihrer Hilfe konnten rund zwei Drittel der Erkrankten gerettet werden.
Per Zufall entdeckte der schottische Bakteriologe Alexander Fleming 1928 das Penicillin und deren Eigenschaft, Bakterien zerstören zu können. Damit war das erste Antibiotikum entwickelt worden. Bis dass die Wirkung von Penicillin jedoch nutzbringend im Kampf gegen Krankheiten eingesetzt werden konnte, vergingen eineinhalb Jahrzehnte. Erst während des Zweiten Weltkriegs wurde Penicillin im großen Stil eingesetzt, um Infektionen bei Soldaten in den Griff zu bekommen. Wenig später wurde Penicillin dann auch für die Zivilbevölkerung eingesetzt. Allerdings war das Penicillin zunächst nicht in der Menge produzierbar, wie es gebraucht worden wäre. Seit den 1950er Jahren wird Penicillin zur Behandlung der Syphilis eingesetzt. Ab diesem Zeitpunkt war die Syphilis, zumindest in den frühen Phasen, heilbar. Bis heute ist Penicillin, trotz der Entwicklung zahlreicher anderer Antibiotika, das Mittel der Wahl bei der Behandlung der Lues.
In manchen Studien werden Versagensquoten der Penicillin-Therapie angegeben. Diese sind zum einen sehr gering – insbesondere in den frühen Phasen. Zudem werden die Ursachen für das vermeintliche Versagen der Therapie vor allem darin gesehen, dass es entweder zu einer Neuinfektion, einer fehlerhaften Angabe zum Infektionszeitpunkt oder Fehlern bei der Medikamenteneinnahme gekommen ist.
Die Syphilis ist eine in Phasen verlaufende sexuell übertragbare Krankheit. Im Verlauf der Erkrankung befällt das Bakterium immer weitere Teile des Organismus. Es beginnt mit einer lokalen Reaktion an der Körperstelle, an der der Erreger eingedrungen ist. Über das Blut verteilt sich der Erreger und befällt im Endstadium auch das Nervensystem sowie das Gehirn. Im Laufe der Zeit kommt es zu massiven körperlichen Schäden an inneren Organen, Blutgefäßen und sogar dem Nervensystem.
Grundsätzlich gilt daher: Je länger die Ansteckung zurück liegt, desto intensiver und länger muss die Therapie mit Penicillin ausfallen. Eine Heilung im Sinne der erfolgreichen Bekämpfung des Bakteriums gelingt beinahe in 100 Prozent der Fälle. Allerdings bleiben, auch bei erfolgreicher Therapie, die entstandenen körperlichen Schäden in den meisten Fällen bestehen. Daher ist es wichtig, bei den ersten Anzeichen von Syphilis-Symptomen einen Arzt aufzusuchen und einen Test auf Syphilis durchführen zu lassen. Je eher eine Behandlung begonnen wird, desto höher sind die Chancen, dass die Infektion ohne Langzeitfolgen überstanden wird.
Die Frühphase der Syphilis beginnt mit der Infektion und endet ein Jahr nach der Infektion. Sie umfasst die so genannte Primärsyphilis, die Sekundärsyphilis und gegebenenfalls eine erste Latenzphase (also eine Phase ohne Symptome).
Alle Krankheitsstadien, die später als ein Jahr nach der Erstinfektion liegen, zählen zur Spätsyphilis. Auch Erkrankungen, bei denen der Zeitpunkt der Infektion nicht bekannt ist, werden in Bezug auf die Behandlung als Spätsyphilis eingestuft. Nach oben hin erfolgt eine Abgrenzung zur so genannten Neurosyphilis (Syphilis-Erkrankung des Nervensystems), die einer gesonderten Therapie bedarf.
Die letzte Phase der Syphilis wird als Neurosyphilis bezeichnet. In dieser Phase hat sich der Syphilis-Erreger über den gesamten Organismus ausgebreitet und auch das Nervensystem befallen.
Ist eine Frau mit der Syphilis infiziert und wird schwanger und erfolgt während der Schwangerschaft eine Infizierung, so kann der Erreger ab der 12., spätestens aber ab der 20. Schwangerschaftswoche auf das ungeborene Kind übertragen werden. Denn der Erreger ist plazentagängig. Das bedeutet, dass die Plazenta (Mutterkuchen) den Erreger nicht herausfiltern kann. Eine Syphilis-Infektion hat für das ungeborene Kind schwerwiegende Folgen: In vielen Fällen kommt es zu Fehlgeburten oder Frühgeburten. Kommt das Kind lebend zu Welt, so hat es zahlreiche schwerwiegende Beeinträchtigungen. Diese können sowohl direkt nach der Geburt, aber auch erst ab dem zweiten Lebensjahr auftreten. In Deutschland und den meisten westlichen Ländern wird eine Syphilis meist rechtzeitig im Rahmen der Schwangerschaftsvorsorgeuntersuchungen festgestellt. Auch während einer Schwangerschaft ist eine Syphilis gut behandelbar.
Im Rahmen der Syphilis-Therapie zerfällt der Erreger. Hierbei entstehen Abbauprodukte, die zu einer schweren Allgemeinreaktion führen können. Diese Komplikation wird als Jarisch-Herxheimer-Reaktion bezeichnet. Sie ist durch Fieber, Schüttelfrost, Kopfschmerzen, Muskelschmerzen sowie Blutdruckabfall gekennzeichnet. Diese Komplikation tritt meist innerhalb der ersten Stunden nach Behandlungsbeginn auf. Die Gefahr der Komplikation ist um so höher, je höher die Konzentration des Bakteriums im Organismus ist. Die Behandlung, und gegebenenfalls auch eine Prophylaxe, erfolgt durch die Gabe von Cortison.
Um den Erfolg der Syphilis-Therapie überprüfen zu können, sind Verlaufskontrollen notwendig. Wie diese aussehen und in welchen Intervallen diese erfolgen müssen, hängt vom Stadium der Lues-Erkrankung bei Behandlungsbeginn ab. Die erste Kontrolle erfolgt gewöhnlich zwei bis vier Wochen nach Behandlungsende. Weitere Verlaufskontrollen erfolgen im Abstand von drei, sechs, neun und zwölf Monaten nach den Behandlungsende. Im Anschluss erfolgen jährliche Kontrollen. Wie lange es dauert, bis sich der serologische Befund normalisiert hat (Blutwerte), hängt von davon ab, wie lange die Syphilis bei Behandlungsbeginn bestand.
Wurde eine Neurosyphilis diagnostiziert und behandelt, so kann es notwendig sein, zur Kontrolle eine so genannte Liquorpunktion durchzuführen. Hierbei wird Nervenflüssigkeit, in der Regel aus dem unteren Rückenmarkskanal, entnommen und anschließend untersucht.
RKI Robert Koch-Institut – Syphilis RKI Ratgeber: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Merkblaetter/Ratgeber_Syphilis.html (online, letzter Abruf: 18.06.2020)
Amboss – Syphilis (Lues): https://www.amboss.com/de/wissen/Syphilis (online, letzter Abruf: 18.06.2020)
Apotheken Umschau – Syphilis: Therapie: https://www.apotheken-umschau.de/Geschlechtskrankheiten/Syphilis-Therapie-11630_5.html (online, letzter Abruf: 18.06.2020)
Mayo Clinic – Syphilis: https://www.mayoclinic.org/diseases-conditions/syphilis/diagnosis-treatment/drc-20351762 (online, letzter Abruf: 18.06.2020)
CDC Center for Disease Control and Prevention – Syphilis Treatment and Care: https://www.cdc.gov/std/syphilis/treatment.htm (online, letzter Abruf: 18.06.2020)
WebMD – What's the Treatment for Syphilis?: https://www.webmd.com/sexual-conditions/treatment-syphilis#1 (online, letzter Abruf: 18.06.2020)
AWMF online – S2k-Leitlinie: Diagnostik und Therapie der Syphilis: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/059-002l_S2k_Diagnostik_Therapie_Syphilis_2020_06_1_01.pdf (online, letzter Abruf: 18.06.2020)
aktualisiert am 18.06.2020