Da ich online viele Erfahrungen von Leuten gelesen habe, die an dem Versuch, die Krätze loszuwerden, fast verzweifelt sind (und das bei uns genauso war), hier also mein Bericht, in der Hoffnung, dass er auch anderen hilft. Ich werde diesen Text evtl. mehrfach posten, damit er möglichst viele Menschen erreicht.
Vorab: Was habe ich genau gemacht? Im Grunde ganz einfach. Ich habe mich streng an wissenschaftliche Erkenntnisse gehalten, deshalb gebe ich auch hier immer eine Quelle (Zahl in Klammern) zur entsprechenden Studie/Paper/usw. an, für die, die es interessiert. Und genau hier besteht ein enormer Unterschied zu dem, was viele Hautärzte sagen und verschreiben.
Aber von Anfang an: Mein Sohn brachte die Krätze wohl aus der Schule/von Freunden mit. Unser Glück: Der Hautarzt erkannte die Krätze direkt und verschrieb (unser Pech:) Permithrin-Salbe (2 mal) (Infectoscab) für die ganze Familie und Hygienemaßnahmen. Ergebnis: Wurde zunächst etwas besser, kam dann aber wieder zurück und ich infizierte mich sogar ebenfalls. 2. Besuch beim Hautarzt: Wieder Permithrin, jetzt aber auch Ivermectin (1 Dosis). Also wieder alles von vorne. Ergebnis wurde bei mir erst besser, dann wieder schlechter. Mein Sohn ist es losgeworden, ABER: Er hatte 2x Ivermectin bekommen (Die genauen Gründe würden den Text hier zu lang machen).
Zusätzlich hatte sich nun auch meine Frau infiziert. Also zu einem neuen Hautarzt. Auch hier (trotz Hinweis auf die Vorgeschichte) wieder Permithtrin und 1x Ivermectin. Zusätzlich sollten wir 2 Wochen alles Waschen und Matratzen und Sofa einschweißen usw.
Das erschien mir völlig absurd und ich recherchierte selbst:
1. Die Scabiesmilben überleben wirklich nur ca. 2 Tage (exakter 24-36 Stunden) ohne menschlichen Wirt bei 21°C und einer rel. Luftfeuchtigkeit von 40-80 % (1)
2. Permithrinunwirksamkeiten sind schon seit Jahren dokumentiert. Hier werden teilweise Wirksamkeiten von gerade einmal 20-30% beschrieben. (2) (3) (4)
3. Ivermectin ist ist gut wirksam, aber nicht ovizid (5), d.h. es tötet die Milbeneier nicht ab. Eine einzige Dosis ist also sinnlos. Lebenszyklus der Milbe: Schlüpfen nach max . 3 Tagen aus Ei und werden nach ca. 14 Tagen geschlechtsreif. In diesem Zeitfenster braucht es also zwingend eine 2. Dosis. (6)
4. Extreme Hygienemaßnahmen sind unnötig. Die Übertragung läuft von Mensch zu Mensch und nur selten indirekt z.B. über Textilienkontakt, siehe Quelle, nur in 4 von 272 Fällen. (7) Oder auch die Internetseite des RKI.
5. Therapieerfolge mit Benzylbenzoat (Antiscabiosum) (8) und Crotamiton (Crotamitex, hierzu habe ich jetzt keine Quelle) sind sehr gut dokumentiert.
Daraus zog ich folgende Schlüsse:
Unser mangelnder Therapieerfolg war nicht das Ergebnis mangelnder Hygienemaßnahmen und ständiger Reinfektion über Textilien und die Permithrinsalbe ist nicht absolut sicher wirksam, wie von den Hautärzten behauptet.
Das haben wir letztendlich gemacht:
1. Antiscabiosum 25% gekauft und für 3 Tage alle 24 Stunden am gesamten Körper aufgetragen. Vorteile: Antiscabiosum ist rezeptfrei und von der Konsistenz her wie Sonnenmilch. Dadurch muss man nicht übermäßig sparsam sein (man kann ja mehr kaufen) und es lässt sich viel besser auftragen als die dafür eigentlich völlig ungeeignete Permithrinsalbe. Dadurch, dass man 72 Stunden die Lotion auf der Haut hat, ist man natürlich in dieser Zeit nicht als Wirt für evtl. verbliebene Scabiesmilben in Textilien verfügbar (und nach 72 Stunden sind sie ohnehin tot). Hygienemaßnahmen also im Grunde gar nicht notwendig. Trotzdem, zur Sicherheit:
2. 3 Tage einiges bei 60 Grad gewaschen und keinen Tag mehr. Vieles haben wir auch aus Faulheit bei -28 Grad (-25 nötig, unsere Kühltruhe kühlt so tief runter) über Nacht in die Truhe gepackt. Ist viel einfacher und funktioniert auch (1).
3. Bedenken sollte man allerdings trotzdem Folgendes: Reinfektion über nahe Kontakte und Hautiere(!) sollte man natürlich beachten (9) Z.B. Hunde infizieren sich zwar nicht, können allerdings als Zwischenwirt die Lebensfähigkeit der Milbe ohne menschlichen Wirt verlängern.
Ergebnis: Alles weg! Von 2 Hautärzten bestätigt.
Was mich bei der ganzen Sache etwas schockiert hat:
Die Behandlung von Krätze läuft scheinbar bei vielen Hautärzten (wie man in Foren liest und es eben auch meine eigene Erfahrung ist), zum Teil völlig an wissenschaftlichen Erkenntnissen vorbei, indem man die offensichtlich mittlerweile mangelhafte Wirksamkeit von Permithrin leugnet, Ivermectintabletten falsch verschreibt (nur eine Dosis) und fälschlicherweise absurde Hygienemaßnahmen ohne jede wissenschaftliche Basis verordnet. Funfact: In vielen 3.-Welt-Ländern wird Krätze erfolgreich therapiert. Zumindest aus Südamerika weiß ich aus eigener Erfahrung, dass dort in vielen Haushalten nicht mal mit warmem Wasser gewaschen werden kann. Nach Ansicht vieler deutscher Hautärzte dürften diese Leute die Krätze ja dann niemals loswerden. Selbst nach mehrfachem Therapieversagen wird stur an der Behauptung festgehalten, Permithrin wäre wirksam und es könne ausschließlich an Hygienemaßnahmen liegen. Dieser Druck scheint sehr viele Familien in paranoide Hygienezwänge zu treiben. Mit erheblich psychischen Folgen. Warum das Ganze? Ich weiß es leider auch nicht. Ich weiß aber eins: Mit Ivermectin und Permithrin wird sehr viel Geld verdient: Eine Packung Ivermectin 8 Stück kostet €120,- und 2x60g Infectoscab kosten €70,-. Da der normale Patient nur die Rezeptgebühren in der Apotheke bezahlt, bekommt er davon natürlich nichts mit. Warum z.B. Antiscabiosum mit all seinen Vorteilen (200g für unter €20,-) zumindest Infectoscab von Hautärzten nicht immer vorgezogen wird, konnte mir bisher niemand erklären.
Sollten nach diesem leider sehr langen Text noch Fragen bestehen, beantworte ich diese sehr gerne!
Quellen:
(1) Arlian LG, Runyan RA, Achar S, Estes SA. Survival and infectivity of Sarcoptes scabiei var. canis and var. hominis. J Am Acad Dermatol. 1984 Aug;11(2 Pt 1):210-5. doi: 10.1016/s0190-9622(84)70151-4. PMID: 6434601.
(2) Karthikeyan K Treatment of scabies: newer perspectives Postgraduate Medical Journal 2005;81:7-11.
(3) Damian Meyersburg, Andreas Kaiser & Johann Wolfgang Bauer (2020) ‘Loss of efficacy of topical 5% permethrin for treating scabies: an Austrian single-center study’, Journal of Dermatological Treatment, DOI: 10.1080/09546634.2020.1774489
(4) Balestri R, Magnano M, Infusino SD, Rizzoli L, Girardelli CR, Rech G. Scabies is becoming less sensitive to permethrin therapy. J Eur Acad Dermatol Venereol. Published online July 26, 2021. doi:10.1111/jdv.17538
(5) Ivermectin J.K. Aronson MA, DPhil, MBChB, FRCP, HonFBPhS, HonFFPM Meyler's Side Effects of Drugs, 379-390
(6) Arlian LG, Morgan MS. A review of Sarcoptes scabiei: past, present and future. Parasit Vectors. 2017;10(1):297. Published 2017 Jun 20. doi:10.1186/s13071-017-2234-1
(7) Mellanby K. The development of symptoms, parasitic infection and immunity in human scabies. Parasitology. 1944;35(4):197. doi: 10.1017/S0031182000021612.
(8) Ivermectin versus benzyl benzoate applied once or twice to treat human scabies in Dakar, Senegal: a randomized controlled trial Fatimata Ly,a Eric Caumes,b Cheick Ahmet Tidiane Ndaw,c Bassirou Ndiaye d & Antoine Mahéa Bull World Health Organ 2009;87:424–430 | doi:10.2471/BLT.08.052308
(9) Bitte auch an das Umfeld denken Fallbeispiel: Scabies Saskia Christin Klinger*, Michael Neuhoff**, Thomas Emser*¹ WMM, 60. Jahrgang (Ausgabe 2/2016; S. 81-83)
Vorab: Was habe ich genau gemacht? Im Grunde ganz einfach. Ich habe mich streng an wissenschaftliche Erkenntnisse gehalten, deshalb gebe ich auch hier immer eine Quelle (Zahl in Klammern) zur entsprechenden Studie/Paper/usw. an, für die, die es interessiert. Und genau hier besteht ein enormer Unterschied zu dem, was viele Hautärzte sagen und verschreiben.
Aber von Anfang an: Mein Sohn brachte die Krätze wohl aus der Schule/von Freunden mit. Unser Glück: Der Hautarzt erkannte die Krätze direkt und verschrieb (unser Pech:) Permithrin-Salbe (2 mal) (Infectoscab) für die ganze Familie und Hygienemaßnahmen. Ergebnis: Wurde zunächst etwas besser, kam dann aber wieder zurück und ich infizierte mich sogar ebenfalls. 2. Besuch beim Hautarzt: Wieder Permithrin, jetzt aber auch Ivermectin (1 Dosis). Also wieder alles von vorne. Ergebnis wurde bei mir erst besser, dann wieder schlechter. Mein Sohn ist es losgeworden, ABER: Er hatte 2x Ivermectin bekommen (Die genauen Gründe würden den Text hier zu lang machen).
Zusätzlich hatte sich nun auch meine Frau infiziert. Also zu einem neuen Hautarzt. Auch hier (trotz Hinweis auf die Vorgeschichte) wieder Permithtrin und 1x Ivermectin. Zusätzlich sollten wir 2 Wochen alles Waschen und Matratzen und Sofa einschweißen usw.
Das erschien mir völlig absurd und ich recherchierte selbst:
1. Die Scabiesmilben überleben wirklich nur ca. 2 Tage (exakter 24-36 Stunden) ohne menschlichen Wirt bei 21°C und einer rel. Luftfeuchtigkeit von 40-80 % (1)
2. Permithrinunwirksamkeiten sind schon seit Jahren dokumentiert. Hier werden teilweise Wirksamkeiten von gerade einmal 20-30% beschrieben. (2) (3) (4)
3. Ivermectin ist ist gut wirksam, aber nicht ovizid (5), d.h. es tötet die Milbeneier nicht ab. Eine einzige Dosis ist also sinnlos. Lebenszyklus der Milbe: Schlüpfen nach max . 3 Tagen aus Ei und werden nach ca. 14 Tagen geschlechtsreif. In diesem Zeitfenster braucht es also zwingend eine 2. Dosis. (6)
4. Extreme Hygienemaßnahmen sind unnötig. Die Übertragung läuft von Mensch zu Mensch und nur selten indirekt z.B. über Textilienkontakt, siehe Quelle, nur in 4 von 272 Fällen. (7) Oder auch die Internetseite des RKI.
5. Therapieerfolge mit Benzylbenzoat (Antiscabiosum) (8) und Crotamiton (Crotamitex, hierzu habe ich jetzt keine Quelle) sind sehr gut dokumentiert.
Daraus zog ich folgende Schlüsse:
Unser mangelnder Therapieerfolg war nicht das Ergebnis mangelnder Hygienemaßnahmen und ständiger Reinfektion über Textilien und die Permithrinsalbe ist nicht absolut sicher wirksam, wie von den Hautärzten behauptet.
Das haben wir letztendlich gemacht:
1. Antiscabiosum 25% gekauft und für 3 Tage alle 24 Stunden am gesamten Körper aufgetragen. Vorteile: Antiscabiosum ist rezeptfrei und von der Konsistenz her wie Sonnenmilch. Dadurch muss man nicht übermäßig sparsam sein (man kann ja mehr kaufen) und es lässt sich viel besser auftragen als die dafür eigentlich völlig ungeeignete Permithrinsalbe. Dadurch, dass man 72 Stunden die Lotion auf der Haut hat, ist man natürlich in dieser Zeit nicht als Wirt für evtl. verbliebene Scabiesmilben in Textilien verfügbar (und nach 72 Stunden sind sie ohnehin tot). Hygienemaßnahmen also im Grunde gar nicht notwendig. Trotzdem, zur Sicherheit:
2. 3 Tage einiges bei 60 Grad gewaschen und keinen Tag mehr. Vieles haben wir auch aus Faulheit bei -28 Grad (-25 nötig, unsere Kühltruhe kühlt so tief runter) über Nacht in die Truhe gepackt. Ist viel einfacher und funktioniert auch (1).
3. Bedenken sollte man allerdings trotzdem Folgendes: Reinfektion über nahe Kontakte und Hautiere(!) sollte man natürlich beachten (9) Z.B. Hunde infizieren sich zwar nicht, können allerdings als Zwischenwirt die Lebensfähigkeit der Milbe ohne menschlichen Wirt verlängern.
Ergebnis: Alles weg! Von 2 Hautärzten bestätigt.
Was mich bei der ganzen Sache etwas schockiert hat:
Die Behandlung von Krätze läuft scheinbar bei vielen Hautärzten (wie man in Foren liest und es eben auch meine eigene Erfahrung ist), zum Teil völlig an wissenschaftlichen Erkenntnissen vorbei, indem man die offensichtlich mittlerweile mangelhafte Wirksamkeit von Permithrin leugnet, Ivermectintabletten falsch verschreibt (nur eine Dosis) und fälschlicherweise absurde Hygienemaßnahmen ohne jede wissenschaftliche Basis verordnet. Funfact: In vielen 3.-Welt-Ländern wird Krätze erfolgreich therapiert. Zumindest aus Südamerika weiß ich aus eigener Erfahrung, dass dort in vielen Haushalten nicht mal mit warmem Wasser gewaschen werden kann. Nach Ansicht vieler deutscher Hautärzte dürften diese Leute die Krätze ja dann niemals loswerden. Selbst nach mehrfachem Therapieversagen wird stur an der Behauptung festgehalten, Permithrin wäre wirksam und es könne ausschließlich an Hygienemaßnahmen liegen. Dieser Druck scheint sehr viele Familien in paranoide Hygienezwänge zu treiben. Mit erheblich psychischen Folgen. Warum das Ganze? Ich weiß es leider auch nicht. Ich weiß aber eins: Mit Ivermectin und Permithrin wird sehr viel Geld verdient: Eine Packung Ivermectin 8 Stück kostet €120,- und 2x60g Infectoscab kosten €70,-. Da der normale Patient nur die Rezeptgebühren in der Apotheke bezahlt, bekommt er davon natürlich nichts mit. Warum z.B. Antiscabiosum mit all seinen Vorteilen (200g für unter €20,-) zumindest Infectoscab von Hautärzten nicht immer vorgezogen wird, konnte mir bisher niemand erklären.
Sollten nach diesem leider sehr langen Text noch Fragen bestehen, beantworte ich diese sehr gerne!
Quellen:
(1) Arlian LG, Runyan RA, Achar S, Estes SA. Survival and infectivity of Sarcoptes scabiei var. canis and var. hominis. J Am Acad Dermatol. 1984 Aug;11(2 Pt 1):210-5. doi: 10.1016/s0190-9622(84)70151-4. PMID: 6434601.
(2) Karthikeyan K Treatment of scabies: newer perspectives Postgraduate Medical Journal 2005;81:7-11.
(3) Damian Meyersburg, Andreas Kaiser & Johann Wolfgang Bauer (2020) ‘Loss of efficacy of topical 5% permethrin for treating scabies: an Austrian single-center study’, Journal of Dermatological Treatment, DOI: 10.1080/09546634.2020.1774489
(4) Balestri R, Magnano M, Infusino SD, Rizzoli L, Girardelli CR, Rech G. Scabies is becoming less sensitive to permethrin therapy. J Eur Acad Dermatol Venereol. Published online July 26, 2021. doi:10.1111/jdv.17538
(5) Ivermectin J.K. Aronson MA, DPhil, MBChB, FRCP, HonFBPhS, HonFFPM Meyler's Side Effects of Drugs, 379-390
(6) Arlian LG, Morgan MS. A review of Sarcoptes scabiei: past, present and future. Parasit Vectors. 2017;10(1):297. Published 2017 Jun 20. doi:10.1186/s13071-017-2234-1
(7) Mellanby K. The development of symptoms, parasitic infection and immunity in human scabies. Parasitology. 1944;35(4):197. doi: 10.1017/S0031182000021612.
(8) Ivermectin versus benzyl benzoate applied once or twice to treat human scabies in Dakar, Senegal: a randomized controlled trial Fatimata Ly,a Eric Caumes,b Cheick Ahmet Tidiane Ndaw,c Bassirou Ndiaye d & Antoine Mahéa Bull World Health Organ 2009;87:424–430 | doi:10.2471/BLT.08.052308
(9) Bitte auch an das Umfeld denken Fallbeispiel: Scabies Saskia Christin Klinger*, Michael Neuhoff**, Thomas Emser*¹ WMM, 60. Jahrgang (Ausgabe 2/2016; S. 81-83)