Die Schulter als ein komplexes Gelenk des menschlichen Körpers besteht aus vielen verschiedenen anatomischen Strukturen. Es kann daher zu unterschiedlichen Arten von Schulterverletzungen kommen, die oftmals einer Behandlung bedürfen. In einigen Fällen kann bei einer Schulterverletzung eine Operation erforderlich sein.
Die Schulter besteht aus einem Hauptgelenk und mehreren Nebengelenken. Das Hauptgelenk wird durch den Oberarmkopf und die Gelenkpfanne des Schulterblatts gebildet. Wie auch bei anderen Gelenken findet sich eine Gelenkkapsel. Das Schulterblatt ist ein zum großen Teil flacher Knochen. Es besteht neben der Pfanne aus der eigentlichen Blattfläche, die eine Art funktionelles Gelenk mit dem hinteren Teil des Brustkorbs bildet, der Schulterhöhe (Akromion), das gewissermaßen das knöcherne Dach der Schulter darstellt, sowie dem Rabenschnabelfortsatz (Coracoid) im vorderen Bereich. An diesen Anteilen des Knochens hängen diverse Muskeln und Bänder. Das Schlüsselbein (Clavicula) zieht von der Schulterhöhe bis zum oberen Bereich des Brustbeins.
Das Schultergelenk ist insgesamt ein sehr bewegliches Gelenk, da Oberarm und Schulterblatt nur locker miteinander verbunden sind. Für Stabilität sorgen Muskeln (die so genannte Rotatorenmanschette) und Bänder.
Eine Schulterverletzung entsteht durch mechanische Belastung beziehungsweise Gewalt, die auf die Schulter einwirkt. Dies kann im Beruf, beim Sport, im Haushalt oder in der Freizeit geschehen. Die Verletzung kann bei einem direkten Aufprall auf die Schulter, etwa bei einem Unfall, Sturz oder Schlag, geschehen. Ebenfalls ist die Verletzung aber auch bei einem Sturz auf den Arm (z. B. den Ellenbogen) oder beim Abfangen eines Sturzes mit dem Arm möglich. Bisweilen kann eine Verletzung in der Schulter auch durch zu schweres Heben verursacht werden. Begünstigt wird eine Verletzung durch eine Vorschädigung von Knochen, Bändern und Gelenkanteilen, beispielsweise durch Osteoporose (Knochenschwund) oder nach mechanischer Dauerbeanspruchung. Eine Auskugelung der Schulter (Luxation) tritt oft beim Auswärtsdrehen und Heben des Armes auf. Eine so genannte Schulterenge (Impingement-Syndrom) wird oftmals von einer chronischen Belastung verursacht, insbesondere beim häufigen Arbeiten über Kopf. Manchmal wird auch keine Ursache gefunden.
Da das Schultergelenk aus diversen Strukturen besteht, kann eine Verletzung an vielen Stellen auftreten. So kann ein Einriss der Gelenkkapsel oder ein Abriss der Gelenkpfanne ebenso bestehen wie ein Riss der Muskeln und Sehnen (zum Beispiel beim Riss der Rotatorenmanschette). Das Schulterhauptgelenk kann ausgerenkt sein (Schulterluxation), manchmal kann auch das Gelenk zwischen Schlüsselbein und Schulterhöhe auseinandergerissen sein (Schultereckgelenksprengung) oder das Gelenk zwischen Schlüssel- und Brustbein. Knochenbrüche im Schulterbereich können an der Gelenkpfanne oder am Oberarmkopf, am Anfang des Oberarmschaftes (Humerusfraktur), an der Schulterhöhe (Acromion-Fraktur), am Rabenschnabelfortsatz (Coracoid-Fraktur) oder am Schlüsselbein (Clavicula-Fraktur) auftreten. Auch weitere Verletzungen im Schulterbereich sind möglich.
Bei vielen dieser Verletzungen kommt es zu Schmerzen und Bewegungseinschränkungen in der Schulter. Knochenbrüche verursachen Schmerzen, die besonders bei Belastung vorhanden sind. Die Funktion und Beweglichkeit der Schulter ist abgeschwächt. Meist besteht eine Schwellung und eventuell ein Bluterguss. Bei verschobenen Brüchen kann der Bereich bisweilen sichtbar verformt oder übermäßig bewegbar sein.
Die Schultergelenksenge (Impingement-Syndrom) ist eine Einklemmung von Sehnen zwischen Schulterdach und Oberarmkopf mit Schmerzen, die vor allem beim Anheben des Arms auf mittlere Höhe, aber auch in Ruhe auftreten. Die Sehnen können so weit geschädigt werden, dass sie reißen.
Es erfolgt die Befragung des Patienten (Anamnese), insbesondere zum Unfallhergang, sowie die körperliche Untersuchung. In bildgebenden Verfahren wie Röntgen, Ultraschall, Computertomographie (CT) oder Kernspintomographie (Magnetresonanztomographie, MRT) können oft Veränderungen erkannt werden.
Verschiedene Verletzungen von Gelenken und benachbarten Strukturen weisen oft ähnliche Symptome auf und müssen daher voneinander abgegrenzt werden.
Das Therapieverfahren ist abhängig vom Ort und Schweregrad der Verletzung sowie vom allgemeinen Gesundheitszustand. Wenn eine Abheilung in einer regelrechten Position zu erwarten ist, etwa bei Knochenbrüchen ohne Verschiebung der Bruchstücke oder bei Verrenkungen im Schultergelenk, kann oft eine nicht operative Behandlung ausreichend sein. Dazu wird die Schulter meist über mehrere Wochen mit einem stabilisierenden Verband ruhiggestellt. Des Weiteren ist eine vorsichtige Kühlung oft sinnvoll. Gegen die Schmerzen können Medikamente gegeben werden.
Eine Operation an der Schulter kann in Vollnarkose, in Regionalanästhesie (Betäubung eines größeren Körperbereiches) oder bisweilen auch in örtlicher Betäubung erfolgen.
In vielen Fällen muss eine offene Operation durchgeführt werden, manchmal ist eine Operation durch Gelenkspiegelung (Arthroskopie) möglich. Bei einer solchen arthroskopischen Operation wird ein optisches Gerät (Endoskop, Arthroskop) mit Beleuchtung in das Gelenk eingeschoben. Mit diesem erhält der Arzt Einblick in das Gelenk. Flüssigkeit, bisweilen auch Gas (Kohlendioxid) wird eingeleitet, um den Einblick zu verbessern. Über einen weiteren Zugang werden dann Operationsinstrumente eingeführt.
Die operativen Maßnahmen richten sich dann nach dem jeweiligen Befund.
Einige Verletzungen erfordern noch weitere spezielle Maßnahmen im Rahmen einer solchen Operation.
Am Ende des jeweiligen Eingriffs wird oft ein Drainageschlauch in das Operationsgebiet eingeführt, um Wundflüssigkeit abzufangen. Die Drainage kann nach wenigen Tagen wieder gezogen werden.
Je nach den Voraussetzungen kann das Fremdmaterial, was zur Fixierung der Strukturen verwendet wurde, entweder im Körper belassen oder in einer weiteren Operation herausgeholt werden. Bisweilen kann auch eine Entfernung zu einem früheren Zeitpunkt notwendig sein, wenn sich durch das Material Beschwerden ergeben.
Bei schwerer Schädigung und bestimmten Umständen kann es sinnvoll sein, ein Schulter-Kunstgelenk (Prothese) einzusetzen.
Nicht selten zeigen sich bestimmte Befunde erst im Laufe des Eingriffs, so dass dann Maßnahmen erforderlich werden, die nicht geplant waren. Dies kann auch beim Auftreten von Komplikationen der Fall sein.
Vorübergehende Schwellungen können sich bilden, insbesondere nach einer Gelenkspiegelung. Durch eine Operation an der Schulter können Strukturen in der Nähe geschädigt werden. Es kann zu Blutungen, Nachblutungen und Blutergüssen kommen. Infektionen, Wundheilungsstörungen und Narbenbildungen können auftreten. Durch Verletzung von Nerven kann es unter anderem zu Sensibilitätsstörungen oder Lähmungserscheinungen kommen. Die Knochen können in einer falschen Position zueinander einheilen. Auch kann es zu einer ungenügenden Knochenheilung mit so genannter Falschgelenkbildung kommen (Pseudarthrose). Manchmal kommt es zu Verschleiß, zur verminderten Beweglichkeit oder zur Steifigkeit von Gelenken. Knochen und Muskeln können durch die Bewegungseinschränkung schwächer werden. Auch ist es nicht ausgeschlossen, dass es zum so genannten Sudeck-Syndrom kommt, bei dem der Knochen stark abgebaut wird und sich eine schmerzhafte Entzündung ergibt. Eine Durchblutungsverminderung mit Folgeschäden kann auftreten. Allergische Reaktionen jeden Schweregrades sind möglich. Das eingearbeitete Fremdmaterial kann brechen, sich lockern oder vom Körper abgestoßen werden. Bei weitergehenden Eingriffen können sich noch andere Komplikationen ergeben.
Hinweis: Dieser Abschnitt kann nur einen kurzen Abriss über die gängigsten Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Gespräch mit dem Arzt kann hierdurch nicht ersetzt werden.
In den meisten Fällen ist es durch eine Operation möglich, die Beschwerden erheblich zu vermindern oder ganz zu beseitigen. Die Bewegungsfunktion des Gelenks kann meist normalisiert werden. Nicht immer ist jedoch ein Erreichen des Ausgangszustandes möglich.
Nach einer Ausrenkung (Schulterluxation) ist die Gefahr erhöht, dass es zu einer neuerlichen Ausrenkung kommt, auch nach einer Operation mit Wiederherstellung der Gelenkstrukturen. Unter Umständen kann es zu einer immer wiederkehrenden Luxation kommen.
Es ist nicht auszuschließen, dass nach einer operativen Behandlung die Sehnen oder die Gelenkstrukturen wieder reißen (Rezidiv).
In vielen Fällen müssen Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen, beispielsweise Marcumar® oder Aspirin®, vor einer Operation abgesetzt werden. Dies geschieht immer in Absprache mit dem Arzt.
Falls eine Operation unter ambulanten Bedingungen erfolgt, so sollte der Patient für 24 Stunden kein Auto mehr selbst fahren und keine Maschinen bedienen. Daher sollte er sich abholen lassen. Ebenfalls sollten bedeutsame Entscheidungen vertagt werden.
Bei stärkeren Schmerzen nach der Operation kann durch den Arzt ein Schmerzmedikament gegeben werden.
Nach dem Eingriff muss die Schulter einige Zeit lang besonders geschont werden. Eine Hochlagerung unterstützt den Heilungsverlauf. Die anderen Gelenke sollen viel bewegt werden. Krankengymnastik ist sinnvoll.
Sport und andere Aktivitäten mit Belastungseinwirkung auf die Schulter dürfen erst dann ausgeübt werden, wenn der Arzt keine besondere Gefährdung mehr darin sieht.
Bei Besonderheiten, die auf Komplikationen hindeuten könnten, sollte der Arzt kontaktiert werden, um eine eventuell notwendige Behandlung durchführen zu können.
aktualisiert am 10.12.2021