Wer immer wieder unter Schlafstörungen leidet, kennt sie alle: die Tipps zur Schlafhygiene und zur abendlichen Entspannung. Wenn all dies keine wirkliche Besserung bringt, können Schlafmittel, sogenannte Hypnotika, helfen.
Bevor man auf synthetische Wirkstoffe zurückgreift, sollte man die Möglichkeiten der pflanzlichen Schlafmittel ausgeschöpft haben. Zu den pflanzlichen Medikamenten gehören hochdosiertes Baldrian oder Rezepturen mit Melisse, Hopfen oder Passionsblume. All diese Mittel haben eines gemeinsam: Sie wirken nicht sofort. Wer unter Schlafstörungen leidet, der sehnt sich nach einer ruhigen Nacht mit tiefem Schlaf – und das schnellstmöglich. Trotzdem lohnt sich die Geduld, denn pflanzliche Schlafmittel sind den synthetischen vor allem langfristig vorzuziehen. Sie haben nur geringe Nebenwirkungen und machen nicht abhängig. Zwei Wochen Zeit sollte man den pflanzlichen Präparaten geben. Wenn sich keine Besserung zeigt, dann führt der Weg zu verschreibungspflichtigen Psychopharmaka, zu synthetischen Schlafmitteln.
Die am weitesten verbreitete Gruppe der Schlafmittel sind die Benzodiazepine. Zu diesen gehören Wirkstoffe wie Flurazepam, Temazepam oder Nitrazepam. Sie führen nicht nur schnell den Schlaf herbei, sondern haben auch eine angstlösende Wirkung. Benzodiazepine haben eine relativ lange Halbwertzeit, was zwar für den ersehnten Schlaf sorgt, aber auch Tagesmüdigkeit mit sich bringt. Um sich wacher und leistungsfähiger zu fühlen, werden dann in vielen Fällen eigenmächtig Amphetamine konsumiert. Auf diese Weise entsteht ein gefährlicher Kreislauf einer Medikamenteneinnahme, der schnell in den Missbrauch und die Sucht führen kann. Wichtig ist, dass ärztliche Anweisungen zur Einnahme strikt befolgt werden. Benzodiazepine können außerdem die Verkehrstauglichkeit einschränken. Aufgrund ihrer starken Wirkung (und den Nebenwirkungen) werden Benzodiazepine seit einigen Jahren häufiger durch eine Gruppe von Medikamenten ersetzt, die den Schlaf nur anstoßen und eine kürzere Wirkdauer haben.
Medikamente mit den Wirkstoffen Zopiclon, Zaleplon und Zolpidem zählen zu den sogenannten Nicht-Benzodiazepin-Agonisten oder Z-Medikamenten. Sie wirken muskelentspannend und krampflösend und haben eine deutlich kürzere Halbwertzeit als Benzodiazepine. Sie stoßen den Schlaf an und werden vom Körper innerhalb von zwei bis drei Stunden abgebaut. Sie eignen sich daher besonders für Menschen, die schlecht einschlafen können. Der Vorteil der verkürzten Wirkdauer liegt darin, dass man morgens keine Nachwirkungen des Medikaments verspürt. Das Abhängigkeitspotenzial der Z-Schlafmittel wird zwar geringer eingestuft als das der Benzodiazepine, allerdings sollten auch Nicht-Benzodiazepin-Agonisten nicht über einen längeren Zeitraum eingenommen werden.
Melatonin ist ein Hormon, das vom Körper hergestellt wird und den Schlaf beeinflusst. Nachts ist der Melatoninspiegel um ein Vielfaches höher als tagsüber. Seit 2007 ist Melatonin in der EU auch als Arzneimittel gegen Schlafstörungen für Patienten über 55 Jahren zugelassen. Bislang gibt es nur ein Präparat. Es setzt das Melatonin in retardierter Form, also über mehrere Stunden lang frei. Es gilt als gut verträglich. Die Wirksamkeit des Medikaments ist umstritten, unabhängige Studien fehlen noch. Langfristig sollte Melatonin nicht eingenommen werden, da die Auswirkungen auf den Hormonhaushalt des Menschen noch nicht ausreichend erforscht sind. Eine dem Melatonin ähnliche Wirkung hat außerdem das Mittel Tasimelteon, das bei Schlafstörungen eingesetzt wird, die aufgrund einer Abweichung vom 24-Stunden-Rhythmus bestehen.
Barbiturate werden heute kaum noch eingesetzt. Sie haben zwar einen hohen Wirkungsgrad, aber auch eine Menge unerwünschter Nebenwirkungen. Aus diesem Grund sind sie seit 1992 in Deutschland nicht mehr als Schlafmittel zugelassen und unterliegen der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung. Der Arzt kann sie Ausnahmefällen verordnen, wenn sich nachweisen lässt, dass alle anderen Psychopharmaka die Schlafstörungen nicht verbessern konnten.
Schlafstörungen und Depression gehen oft Hand in Hand. Schlafstörungen können Symptom einer Depression sein, aber auch durch dauerhaften Schlafentzug entstehen. Antidepressiva, die zum Beispiel Wirkstoffe wie Amitriptylin oder Doxepin enthalten, wirken beruhigend und haben eine schlafanstoßende Wirkung.
Antihistaminika werden in der Medizin hauptsächlich eingesetzt, um allergische Beschwerden zu lindern. Antihistaminika der ersten Generation haben außerdem eine sedierende (beruhigende) Wirkung. Mittel mit den Wirkstoffen Meclozin, Diphenhydramin oder Promethazin werden daher manchmal als Schlafmittel eingesetzt.
Weitere Substanzen, die den Schlaf fördern, werden in speziellen Fällen oder bei hartnäckigen Schlafproblemen eingesetzt, die durch die anderen Mittel nicht gebessert werden können. Medikamente aus der Gruppe der Neuroleptika werden beispielsweise eingesetzt, wenn Psychosen und Schlafstörungen einhergehen. Clomethiazol wird gelegentlich bei älteren Patienten mit ausgeprägten Schlafstörungen eingesetzt. Einige weitere Mittel werden nicht oder kaum noch eingesetzt, da die schweren Nebenwirkungen ihre Gabe meist nicht rechtfertigen.
Außerdem gibt es die natürliche Substanz Tryptophan, die als leichtes Schlafmittel gilt. Die Wirkung von heißer Milch mit Honig wird im Übrigen durch eine verbesserte Aufnahme von Tryptophan erklärt.
Synthetische Schlafmittel haben ein hohes Suchtpotenzial. Laut den Angaben der Deutschen Hauptstelle für Suchtgefahren entwickeln rund 50 Prozent der Menschen, die Schlafmittel nehmen, eine Abhängigkeit. In Deutschland gelten rund zwei Millionen Menschen als abhängig von Schlafmitteln. Die Hälfte davon konsumiert Benzodiazepine. Bereits bei einer nur zwei Wochen dauernden Einnahme dieser Mittel besteht ein hohes Abhängigkeitsrisiko.
Schlafmittel sollten so kurz wie möglich und nur in Ausnahmefällen eingenommen werden. Am geringsten ist die Gefahr, wenn man Schlafmittel gezielt für nur eine Nacht einsetzt, um wieder zu Kräften zu kommen und in der nächsten Nacht versucht, wieder ohne Tabletten auszukommen.
Mit der dauerhaften Einnahme von Schlafmitteln lässt die Wirkung nach. Die Folge ist Schlaflosigkeit. Einer der häufigsten Gründe für Schlafstörungen sind daher Schlafmittel. Regelmäßiger Gebrauch von Schlafmitteln wirkt darüber hinaus krebsfördernd und lebensverkürzend.
Zudem müssen die teils schweren Nebenwirkungen der einzelnen Schlafmittel bedacht werden. Schwangere, Stillende und Kinder sowie Patienten mit Leberkrankheiten dürfen viele Schlafmittel nicht einnehmen.
Schlafmittel bekämpfen Symptome. Nicht schlafen zu können, hat manchmal körperliche Ursachen, häufig jedoch seelische. Das kann ein akut belastendes Erlebnis sein, wie ein Trauerfall, eine Scheidung oder der Jobverlust. Häufig aber trifft Schlaflosigkeit sensible Menschen, denen es schwer fällt abzuschalten und die zum nächtlichen Grübeln neigen. Schlafmittel sind hier keine Lösung. Sie können kurzfristig helfen, um eine Nacht durchzuschlafen, langfristig helfen Entspannungstechniken oder eine Verhaltenstherapie.
aktualisiert am 17.12.2018