Ein gesunder Nachtschlaf ist wichtig, damit Körper und Geist zur Ruhe kommen und regenerieren können. Idealerweise schlafen wir jede Nacht wenigstens sieben Stunden und sammeln damit Energie für einen neuen Tag. Tatsächlich klagen vierzig Prozent der Deutschen über gelegentliche oder dauerhafte Schlafstörungen. Häufig sind es die Erlebnisse des Tages, die einem den nächtlichen Schlaf rauben.
Viele Menschen sind den ganzen Tag über so beschäftigt, dass sie abends im Bett zum ersten Mal zur Ruhe kommen. Vielmehr kommen sie dann nicht zur Ruhe, denn dann beginnt das Gedankenkarussell sich zu drehen: die Arbeit, Kinder, Beziehungsprobleme, Krankheiten, Geldsorgen, der bevorstehende Umzug, anstehende Entscheidungen, das eigene Verhalten, das Verhalten anderer. Zermürbende Gedanken lassen keinen Schlaf aufkommen. Schlimmer noch: in den dunklen Stunden der Stille und der Nacht erscheinen viele Dinge noch deprimierender, manche Situation noch aussichtsloser. Grübeln bedeutet körperlicher Stress: Wenn wir uns gedanklich in eine unangenehme Situation hineinversetzen, steigen der Blutdruck und die Herzfrequenz, das Stresshormon Cortisol wird ausgeschüttet und der Schlaf rückt in ganz weite Ferne.
Mark Twain sagte einst "In meinem Leben habe ich unvorstellbar viele Katastrophen erlitten. Die meisten sind nie eingetreten". Jeder der zum Grübeln neigt, weiß, wie viel Energie dabei verloren geht und wie viele Ressourcen frei werden, wenn man das Grübeln beendet. Grübeln hat nichts mit lösungsorientiertem Nachdenken zu tun. Es führt zu nichts, lässt uns nicht schlafen, macht uns tagsüber unkonzentriert und ängstlich und raubt uns das Selbstvertrauen. Indem das Hirn sinnlos um die gleichen Dinge kreist, verschärft sich das Problem noch mehr und erhält noch mehr Präsenz.
Wer der Grübelfalle entkommen möchte, sollte versuchen, das Problem konkret zu fassen und aufzuschreiben. Steht es da Schwarz auf Weiß, lassen sich leichter Lösungsansätze finden. Wer grübelt stellt sich häufig die Frage nach dem Warum: "Warum immer ich?"
Hilfreich kann es sein, ganz bewusst über andere W-Fragen nachzudenken:
Selbst das Aufschreiben von „Was könnte schlimmstenfalls passieren?“ kann dem Problem den Katastrophencharakter nehmen.
Oft hilft es schon, täglich aufzuschreiben, was passiert ist, um die Gedanken zu sortieren und ad acta zu legen. Bei sensiblen Menschen genügen schon kleine Begebenheiten oder Bemerkungen, die abends im Bett ihr fröhliches Auferstehen feiern und im Kopf herumtanzen. Hier erweist sich das Niederschreiben als besonders wirkungsvoll.
Psychotherapeuten empfehlen eine Zwei-Minuten-Regel: Dabei folgt man 120 Sekunden lang seinen Gedanken. Anschließend stellt man sich folgende Fragen:
Wenn sich keine der Fragen mit Ja beantworten lässt, handelt es sich meist um sinnloses Grübeln.
Wer sich bewusst ist, das die Gedanken gerade in ein Hamsterrad abwandern, sollte dem ein klares "Stopp" entgegensetzen. Dies kann laut oder leise ausgesprochen werden oder mit einer bewussten körperlichen Geste wie dem Ballen der Faust oder Ähnlichem verbunden werden. Wer tagsüber hin und wieder einen Gedankenstopp setzen muss, kann sich ein Gummiband ums Handgelenk legen. Das lässt man immer dann schnalzen, wenn man merkt, dass die Gedanken beginnen zu kreisen. Der kurze Schmerz holt einen sofort in die Realität zurück. Nachts empfiehlt sich das Gummiband weniger, da man von dem kurzen Schmerzreiz eher wach wird.
Wer gar keinen Schlaf finden kann, weil ihn die Sorgen in Schach halten, sollte lieber wieder aufstehen und sich mit einer leichten Tätigkeit ablenken: humorvolle Lektüre, Bügeln, Fotos sortieren, Handarbeiten, entspannende Musik hören, Malen.
Progressive Muskelentspannung nach Jacobson ist eine seit Jahrzehnten bewährte Methode. Durch bewusstes An- und Entspannen einzelner Muskeln werden Körper und Geist in einen angenehmen Ruhezustand versetzt. Die Methode lässt sich einfach erlernen: im Rahmen einer Therapie, in einem Volkshochschulkurs oder auch mithilfe eines Buches, einer CD oder eines Videos.
Auch kleine Achtsamkeitsübungen können helfen, den Geist vom Grübeln abzuhalten und sich ganz bewusst in die Gegenwart zurückzuholen: Statt geistesabwesend nebenher Kaffee zu trinken, kann man sich bewusst auf Duft, Wärme, Geschmack konzentrieren. Mit diesen kleinen Übungen kann man den Geist immer dann zurückholen, wenn er dabei ist abzudriften: In der Warteschlange, vor dem Fernseher, beim Zähneputzen, beim Autofahren und abends im Bett.
Atemübungen vor dem Einschlafen sorgen für Entspannung und lenken die Gedanken bewusst auf Ein-und Ausatmung. Das geht so: In Rückenlage aufs Bett legen und die linke Hand auf den Bauch unterhalb des Nabels, die rechte auf oder unter das Herz legen. Innerlich bis vier zählen und dabei einatmen, der Bauch hebt sich. Dann die Luft sanft wieder ausströmen lassen, während sich der Bauch senkt und man bis vier zählt. Wenn möglich durch die Nase atmen. Schon nach wenigen Atemzügen stellt sich spürbare Entspannung ein.
Auch kann es helfen, gedanklich einen Kraftort aufzusuchen, das heißt sich in Gedanken an einen Ort zu versetzen, wo man sich sicher und geborgen fühlt. Ein Ort voll ungetrübter, angenehmer Erinnerungen, wo man zur Ruhe kommen kann.
Wenn Selbsthilfe nicht mehr hilft, dann sollte man therapeutische Hilfe in Anspruch nehmen. Dabei ist es überhaupt nicht notwendig, Probleme zu analysieren und bis in die Kindheit zurückzuverfolgen. Vielmehr setzt eine kognitive Verhaltenstherapie direkt bei den Schlafstörungen an und zeigt Wege auf, wie man die Grübelfalle vermeidet. Schon vier bis sechs Sitzungen können ausreichen, um Schlafprobleme zu beheben.
In der Therapie lernt der Betroffene unter anderem, seine Einstellung zur Schlaflosigkeit zu objektivieren. Viele, die regelmäßig von quälenden Gedanken um den Schlaf gebracht werden, fürchten sich abends bereits davor, ins Bett zu gehen. Sie gehen davon aus, dass sie auch in der kommenden Nacht nicht werden schlafen können. Ihnen graut davor, sich am nächsten Morgen gerädert in den Arbeitsalltag schleppen zu müssen. "Schlafen" wird zu einem Problem, das mit jeder schlaflosen Nacht größer wird.
Um sich darüber klar zu werden, wie viel oder wie wenig man wirklich schläft, kann man ein Schlaftagebuch anlegen. Darin notiert man jeden Morgen, wann man zu Bett gegangen ist, wie lange und wie oft man wach war und wann man aufgestanden ist.
aktualisiert am 20.11.2018