Kommt es im Rahmen eines ärztlichen Eingriffs zum Pneumothorax, so spricht man von einem iatrogenen Pneumothorax. Iatrogen kommt aus dem Griechischen und bedeutet so viel wie „vom Arzt verursacht“ oder „arztbedingt“. Üblicherweise sind diese Pneumothoraces durch die Behandlungsmethode bedingt und kaum zu vermeiden. Ein Fehler des Arztes ist nur selten die Ursache für einen iatrogenen Pneumothorax. Häufig sind die Schädigungen jedoch so gering, dass sie von alleine ausheilen.
Ein iatrogener Pneumothorax ist eine Verletzung, die das Eindringen von Luft in den Brustkorb ermöglicht. Luft dringt in den Pleuraspalt, den mit Flüssigkeit gefüllten Raum zwischen zwei Gewebeschichten um die Lunge herum (Lungen- und Brustfell). Die physikalischen Eigenschaften des Pleuraspalts verändern sich und der dort herrschende Unterdruck lässt nach. Das Lungenfell haftet nicht mehr vollständig am Brustfell, sodass sich das Lungenvolumen verringert. Damit können folgende Symptome auftreten:
Ist zu viel Luft in den Brustraum geströmt, kollabiert die Lunge. In diesem Fall muss eine Thoraxdrainage gelegt werden, um die Luft aus dem Brustkorb abzusaugen.
Obwohl das Wort „iatrogen“ vermuten lässt, dass der Arzt an einem iatrogenen Pneumothorax schuld ist, ist es oft die Behandlungsmethode selbst, die für die Luft im Brustkorb sorgt. Folgende Methoden führen häufig zur Entstehung eines iatrogenen Pneumothorax:
Bei einer Lungenbiopsie wird dem Patienten etwas Gewebe aus der Lunge genommen, um genetische, zytologische (die Zellen betreffende) oder histologische (feingewebliche) Untersuchungen daran durchzuführen. Allerdings kann es bei der Entnahme mit der Biospiezange dazu kommen, dass ein Loch an der jeweiligen Stelle ensteht. Dort kann eingeatmete Luft aus der Lunge in den Brustraum austreten, sodass ein Pneumothorax die Folge ist. Üblicherweise ist das entstandene Loch nur sehr klein und wird sich von selbst wieder schließen. Womöglich bemerkt der Patient nicht einmal das Auftreten des Pneumothorax.
Ganz ähnlich ist die Situation, wenn der Arzt einen Erguss neben der Lunge ablassen möchte. Dieser sogenannte Pleuraerguss entsteht beispielsweise bei Rippenverletzungen, wird aber auch durch Bakterien oder Viren im Rahmen einer Entzündung verursacht. Die Patienten bekommen schwerer Luft und leiden unter Brustschmerzen. Um die Leiden zu lindern, führt der Arzt eine Nadel durch die Brustwand ein, um die Flüssigkeit abzusaugen. Beim Einstich kann es passieren, dass die Lungenwand mit der Nadel in Berührung kommt. So kann ein kleines Loch in der Lungenoberfläche entstehen, durch das eingeatmete Luft aus Lunge austritt. Dieses Loch besitzt allerdings so geringe Ausmaße, dass es keiner Behandlung bedarf. Darüber hinaus können Löcher in der Lunge entstehen, wenn die Vena subclavia, ein großes Blutgefäß hinter dem Schlüsselbein, im Rahmen einer Anlage eines Venenkatheters falsch angestochen wird. Zusätzlich birgt die Probeentnahme aus einem Krankheitsherd die Gefahr eines iatrogenen Pneumothorax, wenn sich der Herd in der Lunge befindet.
Gerade wenn Patienten maschinell beatmet werden, besteht die Gefahr einer Überdruckbeatmung. Es entsteht zu hoher Druck in der Lunge, sodass kleine Verletzungen im Lungenfell folgen können. Ebenso verhält es sich bei Wiederbelebungsmaßnahmen. Wird die Herzdruckmassage zu stark ausgeführt, können Rippen brechen und damit für innere Verletzungen des Brustkorbs sorgen, sodass Luft in den Brustkorb eindringt.
Die aufgeführten Beispiele zeigen, dass es sich bei einem iatrogenen Pneumothorax keineswegs immer um einen Behandlungsfehler durch den Arzt handelt. In den meisten Fällen lässt sich die Entstehung eines Pnuemothorax nicht vermeiden. Weil die jeweiligen Behandlungsmethoden aber lebensnotwendig sind oder die Gesundheit des Patienten massiv verbessern, nehmen Ärzte das Risiko eines Pneumothorax in Kauf. Meist sind diese zudem klein und führen zu keinen weiteren Beschwerden des Patienten.
aktualisiert am 02.03.2021