Der Oberschenkelknochen ist der längste und auch der stärkste Knochen im menschlichen Körper. Es bedarf daher einer starken Gewalteinwirkung, um ihn zum Brechen zu bringen. Eine so starke Gewalt gegen den Knochen wird üblicherweise nur bei Verkehrsunfällen, Sportunfällen oder Stürzen aus großer Höhe freigesetzt. Es kann daher bei einem Oberschenkelbruch schnell zu komplizierten und mehrfachen Brüchen kommen, die im Gegensatz zu einem einfachen Bruch nur schwer heilen.
Trümmerbrüche oder offene Brüche können so schwerwiegend sein, dass sich der Knochen nur noch schwer wieder stabilisieren lässt. Die Knochen können trotz einer Operation und trotz der Stabilisierung mit eingebrachten Materialien (osteosynthetischen Implantaten) verrutschen oder sich verdrehen. Auch das Hüftgelenk kann dabei in Mitleidenschaft gezogen werden. Bei körpernahen Oberschenkelbrüchen, die weit oben am Hüftkopf sitzen, kann das Becken mitbetroffen sein. Im schlimmsten Fall können diese komplizierten Brüche dazu führen, dass der Bruch nicht folgenlos zusammenheilt. Der Betroffene erlangt unter Umständen nicht die volle Belastbarkeit des Beins zurück. Dauerhaftes Hinken, andere Gehfehler oder chronische Schmerzen können die Folge sein.
Bricht der Oberschenkelknochen weit oben im Bereich des Oberschenkelhalses, kann der Hüftkopf, also das obere Ende des Oberschenkelknochens, abreißen. Dadurch werden die Blutgefäße abgerissen, die den Hüftkopf versorgen. Einen Bruch dieser Art osteosynthetisch (durch stabilisierende Implantate) zu behandeln, ist oft nicht möglich. Zwar kann der Knochen wieder zusammengefügt werden, doch dadurch wird der Hüftkopf nicht automatisch versorgt. Er stirbt bei dieser Art von Brüchen daher oft ab. Der Mediziner spricht dabei von einer Hüftkopfnekrose. Da der Hüftkopf zusammen mit den Knochen des Beckens das Hüftgelenk bildet, wird das Hüftgelenk bei einer Hüftkopfnekrose irreparabel beschädigt.
Die einzige Möglichkeit, die Beweglichkeit des betroffenen Beins und damit die Mobilität des Patienten zu erhalten, ist das Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks. Das ist heute weitgehend ein Routineeingriff, der viel von dem Schrecken vergangener Zeiten verloren hat. Noch vor wenigen Jahrzehnten führten die verfügbaren Behandlungsmethoden einer Hüftkopfnekrose bestenfalls zu einer stark verminderten Beweglichkeit der Hüfte. Schlimmstenfalls wurde das Gelenk komplett versteift. Mit den heutigen chirurgischen Möglichkeiten lässt sich mit einem künstlichen Hüftgelenk schnell wieder eine vollständige Belastbarkeit des Beins herstellen.
Bricht der Oberschenkel am knienahen Ende, kann bei Kindern die sogenannte Wachstumsfuge beeinträchtigt werden. Das kann in der Folge dazu führen, dass das betroffene Bein verkürzt bleibt. Generell besteht bei Kindern im Wachstum die Möglichkeit, dass es nach einem Oberschenkelbruch zu Fehlstellungen des Beins kommt. Daher sollten bei Kindern bis mindestens zwei Jahre nach dem Bruch regelmäßige Nachuntersuchungen durchgeführt werden. So können entstehende Fehlstellungen oder Längenunterschiede schnell erkannt und behandelt werden. Liegt bereits ein Nachweis über eine Längendifferenz vor, müssen diese Nachuntersuchungen bis zum Ende des Wachstums erfolgen.
Das Alter des Patienten ist nach wie vor ein Risikofaktor bei einem Oberschenkelbruch und kann zu einer Anzahl von Komplikationen führen. Das liegt zum einen daran, dass der Oberschenkelbruch und insbesondere der Oberschenkelhalsbruch zu den typischen Verletzungen des Alters gehört. Während bei einem jüngeren Menschen eine sehr hohe äußere Gewalteinwirkung notwendig ist, um den Oberschenkelknochen zu brechen, reicht bei einem alten Menschen oft ein banaler und an sich harmloser Sturz aus. Grund dafür ist die sogenannte Osteoporose, ein schnell fortschreitender Knochenschwund. Sie tritt besonders oft bei Frauen in und nach den Wechseljahren und bei Männern und Frauen gleichermaßen ab einem Lebensalter von etwa 75 Jahren auf. Durch die Osteoporose werden die Knochen porös und sehr anfällig für Brüche.
Zwar lässt sich ein Oberschenkelbruch heute gut behandeln, doch die Behandlung kann bei älteren Menschen zu Komplikationen führen. Da gerade alte Menschen oft viele Vorerkrankungen mitbringen, ist eine Operation im hohen Alter riskanter als bei einem jungen Menschen.
Dennoch wird ein Oberschenkelbruch heute in fast allen Fällen auch bei alten Menschen operativ behandelt. Noch bis vor wenigen Jahrzehnten wurde er hingegen oft mit einem Gips oder einem Streckverband behandelt. Das hatte lange Krankenhausaufenthalte und eine Bettlägerigkeit von zwei bis drei Monaten zur Folge. Viele Senioren erholten sich nur sehr schlecht von dem Oberschenkelbruch und entwickelten während der Behandlungszeit Komplikationen wie Thrombosen oder Lungenentzündungen. Die Sterblichkeit der Senioren nach einem Oberschenkelhalsbruch lag damals bei etwa 50 Prozent.
Heute können auch betagte Menschen das Krankenhaus nach einer Operation meist nach etwa drei Wochen wieder verlassen. Eine nahezu volle Belastbarkeit des Beins ist durch die bewegungsstabile Versorgung mit osteosynthetischen Implantaten oder auch durch das Einsetzen eines künstlichen Hüftgelenks von Anfang an wieder gegeben. Die Sterblichkeitsrate nach einem Oberschenkelbruch hat sich daher stark vermindert und liegt heute nur noch bei etwa 5 Prozent.
Auf die leichte Schulter nehmen sollten gerade ältere Menschen das Thema dennoch nicht. Vor allem über die Ernährung, regelmäßige Bewegung und die Teilnahme an speziellen Sportprogramme können sie viel tun, um einen Oberschenkelbruch zu vermeiden.
aktualisiert am 01.11.2022