Kinder erleiden eher selten einen Oberschenkelbruch. In den meisten Fällen ist er die Folge eines Unfalls oder eines Sturzes aus größerer Höhe. Vor allem bei Kleinkindern kann es jedoch vorkommen, dass sie hinfallen und sich den Oberschenkelknochen brechen. In seltenen Fällen leiden Kinder auch an einer Osteoporose, die meist durch das Vorliegen einer anderen Krankheit entsteht. Dabei werden die Knochen ebenso wie bei alten Menschen porös und brüchig und der Oberschenkelknochen kann bereits bei einem eigentlich harmlosen Sturz brechen.
Generell gibt es zwei Möglichkeiten, einen Oberschenkelbruch zu behandeln. Der Bruch kann entweder mit einer konservativen Methode (ohne Operation) behandelt werden oder mit einer osteosynthetischen Behandlung (mit Operation und Einsatz von Materialien zur Stabilisierung). Bei der konservativen Behandlungsmethode wird der Bruch durch einen Streckverband oder einen Gips stabilisiert und kann von selbst heilen. Bei der osteosynthetischen Behandlung erfolgt eine Operation, in deren Verlauf der Knochen mit Draht, Nägeln, Schrauben oder Platten zusammengefügt wird.
Bei den Brüchen muss bei Kindern ebenso wie bei Erwachsenen zwischen Oberschenkelhalsbruch und Oberschenkelbruch unterschieden werden.
Ein Oberschenkelhalsbruch direkt unterhalb des Hüftkopfes kann bereits bei Säuglingen als Folge einer schweren Geburt auftreten.
Behandelt wird diese Verletzung durch eine offene oder geschlossene Reposition und mit Drähten. Bei der geschlossenen Reposition wird der Knochen durch Drücken und Ziehen wieder in die richtige Position gebracht. Ist das nicht möglich, muss er in einer Operation, der offenen Reposition, gerichtet werden. Sind die Knochen wieder in der richtigen Stellung, werden sie mit einem sogenannten Kirschner-Draht fixiert. Vor allem bei einer geschlossenen Reposition liegt er Vorteil der Drahtfixierung darin, dass es nur vergleichsweise kleiner Schnitte bedarf, um die Drähte anzubringen und dass keine große Operation notwendig ist, um sie wieder zu entfernen.
Ein etwas tiefer liegender Oberschenkelhalsbruch tritt häufiger bei Kleinkindern und Schulkindern auf. Er ist meist Folge eines Sturzes oder eines Unfalls. Auch in diesen Fällen wird der Knochen durch eine offene oder eine geschlossene Reposition wieder in die richtige Lage gebracht und mit Kirschner-Drähten fixiert. Da der Kirschner-Draht die Knochen nicht bewegungsfest fixiert, wird zusätzlich oft noch ein Gips oder eine Schiene angebracht. Sind die Kinder bereits größer, werden anstelle des Kirschner-Drahts auch oft spezielle chirurgische Schrauben verwendet, um den Bruch zu stabilisieren.
Befindet sich die Bruchstelle noch weiter unten am Oberschenkelhals, also im Bereich der beiden sogenannten Rollhügel, hängt die Therapie davon ab, ob es sich um stabile oder instabile Brüche handelt. Bei einem stabilen Bruch ist in aller Regel eine konservative Behandlung mit einem Becken-Bein-Gips ausreichend. Ist der Bruch jedoch instabil und droht zu verrutschen, muss er in einer Operation (osteosynthetischen Behandlung) mit Drähten stabilisiert werden. Sind die Kinder bereits größer, können auch Schrauben verwendet werden, um den Bruch zu stabilisieren.
Unterhalb des Oberschenkelhalses liegt der Schaft des Oberschenkelknochens. Tritt der Bruch dort auf, spricht man von einem Oberschenkelbruch (im eigentlichen Sinne) oder genauer gesagt vom Bruch des Oberschenkelknochenschafts oder Femurschafts. Diese Frakturen (Brüche) machen etwa zwei Drittel aller Oberschenkelbrüche bei Kindern aus und sind damit häufiger als Oberschenkelhalsbrüche. Meist werden sie durch einen Sturz oder Unfall verursacht. Sie befinden sich in einer Mehrzahl der Fälle im mittleren Drittel des Knochenschaftes.
Es handelt sich bei diesen Brüchen sehr oft um Quer- oder Schrägfrakturen oder um Torsions- ("Verdreh-") beziehungsweise Spiralfrakturen. Die Behandlungsmethode hängt davon ab, ob die beiden Bruchenden gegeneinander verschoben sind (der Bruch disloziert ist). Ist die Fraktur nicht verschoben, liegen die Knochenenden also voreinander, wird der Bruch konservativ mit einem Becken-Bein-Gips behandelt. Der Gips kann je nach Alter des Kindes bereits nach etwa zwei bis drei Wochen wieder entfernt werden.
Bei einer verschobenen Fraktur gestaltet sich die Behandlung schwieriger. Kinder mit einem Körpergewicht bis zu etwa 15 Kilogramm werden bisweilen in einer sogenannten Overhead-Extension behandelt. Dabei werden die Beine des Kindes mit einem speziellen Pflasterzügelverband nach oben gestreckt, um den Knochen wieder in die richtige Position zu bringen. Dieser Prozess muss regelmäßig mit Hilfe von Röntgenbildern überprüft werden. Das Kind verbleibt mit nach oben gestreckten Beinen in dem Streckverband, bis die Knochenenden die richtige Stellung erreicht haben. Danach kann die Behandlung im Streckverband beendet werden und der Knochen kann zusammenwachsen. Üblicherweise dauert die Overhead-Extension etwa zwei bis drei Wochen.
Sind die Kinder bereits größer oder wird keine Overhead-Extension vorgenommen, muss ein verschobener Oberschenkelbruch operativ behandelt werden. In den meisten Fällen wird zur Stabilisierung des Knochens ein Verfahren angewendet, dass unter der Bezeichnung ESIN (intramedulläres Stabilisierungsverfahren oder intramedulläre Markraumschienung) bekannt ist. Dabei handelt es sich um ein Verfahren, bei dem zwei lange Nägel der Länge nach in das Mark des Knochens eingebracht werden und diesen dort stabilisieren. Handelt es sich bei dem Bruch um einen Spiralbruch, kann es zusätzlich nötig sein, Schraubkappen am Ende der Nägel einzusetzen. Bevor die Nägel in das Knochenmark eingebracht werden können, muss der verschobene Knochen in die richtige Position gebracht werden. Das geschieht vorzugsweise mit einer geschlossenen Reposition durch Drücken und Schieben. In einigen Fällen kann es jedoch dazu kommen, dass Gewebe zwischen den Bruchstellen eingeklemmt ist, in diesen Fällen muss eine Operation (offene Reposition) erfolgen. Die osteosynthetischen Implantate verbleiben für etwa sechs Monate im Knochen und müssen dann in einer erneuten Operation entfernt werden.
Je nach Art der Fraktur können die Kinder bereits nach kurzer Zeit mit Hilfe von Unterarmgehstützen wieder laufen. Bei einer Quer- oder Schrägfraktur ist das meist nach etwa einer Woche der Fall, bei Spiralfrakturen jedoch oft erst nach drei Wochen.
Alternativ zum ESIN-Verfahren kann der Oberschenkelknochen auch mit einem Fixateur externe stabilisiert werden. Dieses Verfahren wird vor allem dann angewendet, wenn der Oberschenkelknochen an mehreren Stellen gebrochen ist. Dabei werden Schrauben ober- und unterhalb der Knochenfragmente angebracht. Mit Hilfe der Schrauben wird der Knochen an seine richtige Position zurückversetzt und dort mit dem außen liegenden Gestell (Fixateur externe) stabilisiert. Oft kann das Bein bei diesem Verfahren bereits nach etwa einer Woche wieder voll belastet werden. Etwa ab der zweiten Woche wird der Fixateur externe dynamisiert. Dass heißt, dass durch kleine Mikrobewegungen von etwa einem halben Millimeter die Schrauben im Knochen bewegt werden. Dadurch wird der Knochen zu einer vermehrten Produktion von Knochensubstanz (Kallus) angeregt und kann schneller zusammenwachsen.
Bei einer distalen Femurfraktur bricht der Oberschenkelknochen am knienahen Ende. Diese Verletzung ist eher selten und tritt nur in weniger als einem Prozent aller Oberschenkelbrüche bei Kindern auf. Sie werden bei größeren Kindern meist durch Sportunfälle oder Stürze aus großer Höhe verursacht.
Der knienahe Oberschenkelbruch wird in vier verschiedene Typen eingeteilt. Es hängt davon ab, ob das Knochenendstück (die Epiphyse) beteiligt ist. So kann der Knochen oberhalb des Knochenendstücks brechen (supracondyläre Fraktur), der Bruch kann in das Knochenendstück hinein erfolgen (Aitken I) oder nur das Knochenendstück betreffen (Aitken II und Aitken III).
Besteht ein Bruch oberhalb des Knochenendstücks und ist nicht verschoben, wird er mit einem hohen Oberschenkelgips behandelt. Der Gips muss etwa einen Monat lang getragen werden und das Bein kann nach einiger Zeit teilbelastet werden. Ist der Bruch jedoch verschoben, muss der Knochen in einer offenen oder geschlossenen Reposition wieder in seine richtige Lage gebracht werden und wird dort mit gekreuzten Kirschner-Drähten fixiert.
Die nach Aitken I bis III klassifizierten Brüche treten meist bei älteren Kindern und Jugendlichen auf. Sie werden in der Regel mit speziellen Schrauben (kanülierten Spongiosaschrauben) stabilisiert.
Die Drähte zur Fixierung des Oberschenkelbruchs oberhalb des Knochenendstücks verbleiben etwa vier bis sechs Wochen im Körper, die Schrauben zur Behandlung der Epiphysenbrüche werden nach drei Monaten wieder entfernt.
Generell heilen Oberschenkelbrüche bei Kindern gut und folgenlos. Jedoch muss in der Folgezeit durch Nachuntersuchungen sichergestellt werden, dass es nicht zu etwaigen Fehlstellungen des Knochens kommt. Bei einigen Brüchen kann auch eine Physiotherapie nach der Heilung notwendig sein. Vor allem bei den selten auftretenden Brüchen am knienahen Knochenende kann es zu Wachstumshemmungen und dadurch zu Beinverkürzungen kommen. Das liegt daran, dass bei dieser Art des Bruchs die Wachstumsfuge (Epiphysenfuge) direkt mitbetroffen sein kann. Eine gründliche und regelmäßige Nachkontrolle ist hier besonders angeraten.
aktualisiert am 15.12.2015