Oftmals stellen sich schwangere Frauen die Frage, ob sie bei starker Kurzsichtigkeit (Myopie) oder vorangegangenen Netzhautkomplikationen natürlich gebären können. Die Angst, dass durch das starke Pressen Netzhautrisse oder es zu einer Netzhautablösung kommen könnte, beschäftigt sie. Auch Augenärzte, Gynäkologen und Hebammen vertreten hier durchaus unterschiedliche Meinungen: Während die einen in einer Spontangeburt kein erhöhtes Risiko für die Netzhaut sehen, raten andere zum Kaiserschnitt.
Es gibt nur wenige Untersuchungen zu dem Thema. Eine Studie aus dem Jahr 1999 hat 30 kurzsichtige schwangere Frauen zwischen 22 und 40 Jahren bei der Geburt begleitet. Die Kurzsichtigkeit (Myopie) der Schwangeren betrug mindestens -3 Dioptrien (dpt). Bei zwei Frauen lag die Kurzsichtigkeit bei über -9 Dioptrien. Der Zustand der Netzhaut der Schwangeren wurde vor und nach der Geburt untersucht: 19 Frauen hatten bereits leichte, 5 Frauen schwere Netzhautveränderungen vor der Geburt. Alle Frauen hatten eine natürliche Entbindung. In fünf Fällen kam eine Saugglocke zum Einsatz. Die Untersuchung der Augen nach der Geburt zeigte, dass die Netzhaut durch die Presswehen bei keiner der 30 Frauen Schaden genommen hatte. Der Zustand der Netzhaut glich dem der vor der Geburt erhoben worden war.
Bis heute gibt es keine gesicherte Untersuchung, die zu einem anderen Ergebnis kommt. Demnach steht einer Spontangeburt auch bei Netzhautproblemen nichts entgegen.
Nichtsdestotrotz sollten Schwangere, die stark kurzsichtig sind oder bereits Probleme mit der Netzhaut hatten, zur Sicherheit etwa vier Wochen vor der Entbindung einen Augenarzt aufsuchen. Nach der Entbindung sollten sie sich erneut einer Augenuntersuchung unterziehen.
Bei knapp vier Prozent aller Frauen entwickelt sich während der Schwangerschaft Diabetes. Man spricht von einem Gestationsdiabetes. Durch diese Form des Diabetes erhöht sich das Risiko einer Netzhautveränderung nicht. Anders verhält es sich bei Frauen, die dauerhaft unter Diabetes leiden. Diese sollten nicht nur während der Schwangerschaft ihre Augen regelmäßig untersuchen lassen, da sich eine diabetische Retinopathie entwickeln kann, also eine Netzhautschädigung, die ihre Ursache in der Zuckerkrankheit hat. Auch eine diabetische Retinopathie ist in den meisten Fällen kein Anlass, einen Kaiserschnitt durchführen zu müssen.
aktualisiert am 17.02.2017