Morbus Hirschsprung ist eine angeborene Erkrankung des Dickdarms, genauer der Dickdarmwand. Kennzeichnend für Morbus Hirschsprung sind Probleme bei der Ausscheidung von Kot. Diagnostiziert wird die Erkrankung oft bereits kurz nach der Geburt, je nach Ausprägung aber auch erst mit dem Umstellen auf Breikost bzw. dem Abstillen. Die Behandlung erfolgt allgemein operativ. Trotzdem hat der Morbus Hirschsprung Langzeitfolgen, die in einigen Fällen auch nach erfolgter Operation auftreten.
Morbus Hirschsprung wird auch kongenitales Megakolon oder aganglionotisches Megakolon bezeichnet. Hierin steckt bereits ein Hinweis auf die Ursache der Erkrankung. In einzelnen Abschnitten – ausgehend vom Schließmuskel – fehlen Nervenzellen in der Dickdarmwand. Damit wird die für den Stuhltransport so wichtige Darmbewegung (Peristaltik) unterbrochen.
Die Erkrankung kann in verschiedenen Formen auftreten, je nachdem, wie lang der betroffene Abschnitt ist. Durch das Fehlen der Nervenzellbündel (diese werden als Ganglien bezeichnet) kommt es zu einer krampfartigen Kontraktion des betroffenen Darmsegments. Der Stuhl wird in diesem Abschnitt nicht weitergeleitet, er bleibt förmlich vor dem Segment stecken. Hierdurch entsteht eine Stuhlansammlung, der Darm weitet sich und es bildet sich ein sogenanntes Megakolon. Besteht das Megakolon über einen längeren Zeitraum, können sich weitere Probleme ergeben. Hierzu gehören Harntransportstörungen oder Probleme mit den Nieren und Lungen.
Durch das Fehlen der Nervenbündel (Ganglien) verengt sich der betroffene Darmabschnitt, es entsteht eine sogenannte funktionelle Stenose (Verengung/Verlegung des Darms). Hierdurch wird der Weitertransport des Stuhls verhindert. Die typischen Symptome für Morbus Hirschsprung resultieren aus dieser funktionellen Einschränkung. Da die Ursachen der Erkrankung bereits in der Embryonalentwicklung gelegt werden, sind Symptome bereits direkt nach der Geburt zu erkennen.
Morbus Hirschsprung äußert sich unter anderem durch folgende Anzeichen:
Alle genannten Symptome treten bereits kurz nach der Geburt auf. Aufgrund der besonderen Beschaffenheit des Stuhls während der Stillphase kann es in einigen Fällen Monate dauern, bis sich Morbus Hirschsprung bemerkbar macht.
Beim Umstellen auf Breikost verdickt sich der Stuhl und kann die Engstellung im Darm, die durch die fehlenden Nervenbündel entsteht, nicht mehr passieren. Kinder verweigern die Nahrungsaufnahme. Bei nicht zeitnaher Diagnose, beziehungsweise wenn der angestaute Stuhl nicht rechtzeitig entfernt wird, entwickelt sich eine Entzündung des Darms, bei der Gewebe zerstört wird (nekrotisierende Enterokolitis). Zu den Komplikationen der Enterokolitis gehört der Durchbruch des Darms. Hierbei kann sich eine Entzündung des Bauchfells (Peritonitis) durch freigesetzte Keime entwickeln. Zudem ist das Entstehen einer Sepsis (Blutvergiftung, Ausbreitung von Krankheitserregern ins Blut) möglich. Sowohl Sepsis als auch Peritonitis sind akut lebensbedrohliche Zustände.
Durch einen Mekoniumileus (Darmverschluss beim Säugling) oder das erschwerte Ausscheiden des ersten Stuhls liegt der Verdacht in Richtung Morbus Hirschsprung nahe. In der Praxis fällt die Erkrankung allerdings mitunter längere Zeit nicht auf. Betroffene haben somit über Monate teils schwere Verstopfungen. Eine Darmentleerung ist nur durch Hilfsmittel möglich. Zudem wirkt der Bauch aufgebläht.
Dies ist eine insgesamt für Patienten und Eltern schmerzhafte Leidenszeit. Nach der Diagnose, in deren Zusammenhang bildgebende Verfahren und Gewebeuntersuchungen zum Einsatz kommen, wird der Morbus Hirschsprung in der Regel operativ behandelt. Hierbei kann die Anlage eines künstlichen Darmausgangs in Frage kommen. Die eigentliche Behandlung erfolgt durch das Entfernen des betroffenen Darmabschnitts. Hierbei kann versucht werden, zwischen dem gesunden Restdarm und dem kurzen Stück des Enddarms wieder eine Verbindung herzustellen. Operiert werden kann heute durch:
Nach der OP kann es in der ersten Zeit zu häufigen Stuhlgängen kommen. Die Einnahme von Arzneimitteln ist oft notwendig. Bei vielen Patienten kann es zu Verengungen des Narbengewebes kommen. Das führt zu weiteren Problemen beim Stuhlabgang. Die Verengung an der Narbe kann durch Behandlungsmaßnahmen vermieden werden. Die Dehnung (Bougierung) des ringförmigen Narbengewebes ist allerdings keine leichte Aufgabe, sondern erfordert Fingerspitzengefühl und Geduld.
Natürlich besteht – wie bei jedem operativen Eingriff – bei der Behandlung von Morbus Hirschsprung die Gefahr einer Wundinfektion. Zudem kann es passieren, dass die Operationsnähte nicht halten oder es zu einem narbigen Verwachsen im Bereich des Enddarmanschlusses kommt. Eine schwerwiegende Spätfolge stellen Verwachsungen dar, welche im Bauchraum entstehen und zu einem Darmverschluss führen können. Darüber hinaus besteht nach dem operativen Eingriff das Risiko einer Darmentzündung, was als eine der Spätfolgen des Eingriffs gilt.
Ein operatives Entfernen des aganglionären Darmsegments ist der bei den meisten Betroffenen notwendige und wirksame Behandlungsansatz. Trotzdem wäre es falsch zu glauben, nach dem Eingriff sind Kinder sofort beschwerdefrei. So kann es vorkommen, dass die Entfernung des aganglionären Darmsegments nicht vollständig geschieht. Hierdurch können Symptome der Hirschsprung-Krankheit auch weiterhin bestehen. Zudem ist in der Medizin bekannt, dass ein Teil der operativ behandelten Patienten auch weiterhin unter Verstopfungen und Blähungen leidet. Typische Ursache ist die fehlende Erschlaffung des Schließmuskels am After (Sphinkterachalasie). Für den Eingriff spricht trotz möglicher Spätfolgen, dass ein unbehandeltes Megakolon diverse Folgeerkrankungen nach sich ziehen kann. Die Folgeerkrankungen ohne Behandlung sind insgesamt als deutlich schwerwiegender einzuschätzen als das Risiko der OP hinsichtlich späterer Störungen.
aktualisiert am 20.02.2020