Morbus Bechterew (Spondylitis ankylosans) gehört zu den rheumatischen Erkrankungen. Hierbei kommt es zu wiederkehrenden Entzündungen, die in der Regel zunächst die Kreuz-Darmbein-Gelenke und dann die Wirbelsäule betreffen. Außerdem kann es zu Entzündungen an den Gelenken der Arme und Beine, zu Entzündungen der Sehnenansätze, zu Augenentzündungen oder zu Entzündungen von Organen (Herz, Lunge oder Niere) oder des Darms kommen. Männer und Frauen sind ungefähr gleich oft von Morbus Bechterew betroffen. Allerdings unterscheidet sich bei ihnen die Erkrankung in Symptomatik und Verlauf.
Im Gegensatz zu Männern zeigen Frauen oft zuerst Entzündungen an den Gelenken von Armen und Beinen (Hüfte, Schulter, Knie) und nicht klassischerweise an Becken und Wirbelsäule. Außerdem haben Frauen oft früher im Verlauf der Erkrankung entzündete Schleimbeutel oder Sehnenansätze. Aus diesen Gründen kann es vorkommen, dass vor der Diagnose Morbus Bechterew zunächst Diagnosen wie Gelenk- oder Weichteilrheuma gestellt werden.
Ein weiterer Unterschied in der Symptomatik bei Frauen gegenüber Männern ist, dass die aufrechte Haltung und die Wirbelsäulenbeweglichkeit oft deutlich länger erhalten bleiben.
Abweichungen gibt es auch in der Schmerzausprägung, die bei Frauen im Laufe der Jahre oft höher ist als bei Männern. Das Steifigkeitsgefühl in der Wirbelsäule und die Anlaufschwierigkeiten am Morgen dauern bei Frauen häufig länger an und sind stärker ausgeprägt als bei Männern.
Zusätzlich dazu zeigen Frauen öfter als Männer eine entzündliche Darmerkrankung (Morbus Crohn, Colitis ulcerosa), wenn sie an Morbus Bechterew erkrankt sind.
Morbus Bechterew ist eine Erkrankung, bei der sich die Sicherung der Diagnose oft über viele Jahre hinzieht. In der Regel dauert es bei Männern fünf bis sieben Jahre, bis die Diagnose Morbus Bechterew gestellt wird. Bei Frauen kann es noch zwei oder mehr Jahre länger dauern. Bei beiden Geschlechtern erklärt man sich die lange Zeitdauer bis zur Diagnosestellung dadurch, dass bei Rücken- und Kreuzschmerzen oft andere Vermutungen im Vordergrund stehen, was die Ursache sein könnte. Rheumatische Erkrankungen wie Morbus Bechterew werden oft erst später in Erwägung gezogen. Außerdem ist die Entzündung, beispielsweise der Kreuz-Darmbein-Gelenke, zunächst nur im MRT (Magnetresonanztomografie) und erst später im Röntgenbild zu sehen. Ein Grund dafür, dass es bei Frauen noch länger dauert, bis die Diagnose gestellt wird, liegt darin, dass Frauen die klassischen Kriterien (modifizierte New-York-Kriterien von 1984) meist erst deutlich später im Krankheitsverlauf zeigen als Männer.
Mittlerweile gibt es auch die Diagnose einer im Röntgenbild noch nicht sichtbaren Spondyloarthritis (axiale nichtröntgenologische Spondyloarthritis). Diese kann sich im weiteren Verlauf zu einer Bechterew-Erkrankung entwickeln, die dann im Röntgenbild auffällig wird. Für Frauen könnte dieser Ansatz dazu führen, dass auch bei ihnen die Diagnose in Zukunft früher gestellt wird. Eine gezielte Behandlung kann somit früher beginnen.
Frauen, die an Morbus Bechterew erkrankt sind und eine Schwangerschaft planen, sollten dies im Vorfeld mit ihrem Rheumatologen und ihrem Frauenarzt besprechen. Die Erkrankung beeinträchtigt den Verlauf der Schwangerschaft im Normalfall nicht. Es sollte allerdings bestmöglich vor der Schwangerschaft geklärt werden, ob die momentane medikamentöse Therapie problemlos weitergeführt werden kann. Abgeklärt sollte auch die Frage sein, ob es für eine mögliche Anästhesie (Schmerzausschaltung) während der Geburt aufgrund der Veränderungen an der Wirbelsäule etwas Besonderes zu beachten gilt. Ob ein Stillen bei gleichzeitiger Einnahme von Medikamenten möglich ist, sollte ebenfalls mit den behandelnden Ärzten besprochen werden.
DVMB (Deutsche Vereinigung Morbus Bechterew e.V. Bundesverband) – Geschlechtsspezifischer Unterschied der Spondylitis ankylosans bei Männern und Frauen: https://www.frauen-bechterew.de/ueber-die-erkrankung/geschlechtsspezifischer-unterschied/ (online, letzter Abruf: 07.01.2021)
Gasteiner Heilstollen – Morbus Bechterew bei Frauen oft unentdeckt: https://www.gasteiner-heilstollen.com/de/morbus-bechterew-bei-frauen-oft-unentdeckt/ (online, letzter Abruf: 07.01.2021)
Deutsche Apothekerzeitung, Dr. Beate Fessler – Die Sonne nicht mehr sehen können: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2013/daz-14-2013/die-sonne-nicht-mehr-sehen-koennen (online, letzter Abruf: 07.01.2021)
aktualisiert am 07.01.2021