Eine Milzriss bezeichnet eine Ruptur der Milz, entweder am Gewebe oder an der Kapsel der Milz. Ein schmerzhafter Riss in der Milz, der meist operativ behandelt werden muss, wird häufig durch ein stumpfes Bauchtrauma verursacht. Ganz selten tritt eine Milzruptur auch ohne Trauma auf. Kinder können auch von einer Milzruptur betroffen sein. Bei dieser Verletzung handelt es sich um einen akuten Notfall.
Die Milz ist das Organ, das bei einem Bauchtrauma am häufigsten verletzt wird. In 30 bis 50 Prozent aller Fälle liegt eine Milzruptur vor. Die Milz ist im linken, oberen Bauchbereich zu finden und direkt unter den Rippen angesiedelt. Somit liegt sie in der Nähe der linken Niere, des Magen und des Darms. Umhüllt wird das Organ von einer bindegewebeartigen Kapsel. Bei einigen Menschen ist eine Nebenmilz, sprich eine kleine, zusätzliche Milz, neben der Hauptmilz zu finden.
Die Funktion der Milz besteht in der Filterung des Bluts. Auch den Abbau roter Blutkörperchen sowie Blutplättchen übernimmt die Milz. Daher sind die Blutgefäße des Organs reich mit Blut gefüllt. Dies erhöht das Risiko lebensbedrohlicher Blutungen in den Bauchraum bei einer ungünstig gelegenen Milzruptur enorm.
Meist wird eine Milzruptur durch ein stumpfes Bauchtrauma verursacht, das im Rahmen eines Unfalls auftritt. Eine Ruptur der Milz ist zum Beispiel bei folgenden Arten von Unfällen möglich:
Bei einem Sturz auf einen Motorrad- oder Fahrradlenker oder auf einen Skistock tritt eine Milzruptur mit besonderer Häufigkeit auf. Patienten, die bei einem derartigen Unfall mehrfach verletzt wurden, müssen zunächst an der Milz behandelt werden. Denn hierbei handelt es sich um eine Verletzung des Bauchraums, von der eine akute Bedrohung ausgeht. Zusätzlich treten bei diesen Unfällen häufig Rippenbrüche im Bereich des unteren, linken Brustkorbs auf.
Eine Milzruptur kann ebenso durch ärztliche Maßnahmen verursacht werden. Das kann zum Beispiel bei größeren Bauchoperationen der Fall sein. Generell kommt es während der Operation zu einem oberflächlichen Kapseleinriss durch Zug am Magen. Quetschungen der Milz sind ebenso denkbar, wenn bei einer Bauchoperation Bauchhaken verwendet werden, um den Bauchraum offen zu halten. Schläge auf den Bauch können eine Milzruptur nach sich ziehen.
Bei Kindern mit einer plötzlichen Milzruptur ist der Verdacht einer Kindesmisshandlung daher ernst zu nehmen.
Spontane Milzrupturen, die nicht traumatischer Natur sind, sind selten, aber nicht ausgeschlossen. Schwillt die Milz rasant an, dann kann es zu Kapselrissen mit Blutungen kommen. Diese Spontanrupturen gehen auf die folgenden Ursachen zurück:
Spitze Traumen, wie zum Beispiel bei einem Messerstich oder eine Rippendurchspießung, können ebenso für eine Milzruptur verantwortlich sein. Noch dazu gibt es strukturelle, angeborene Ursachen für eine Milzverletzung. Ein gestörter Milzaufbau kann zu einem Blutrückstau führen, der eine vergrößerte Milz und schließlich eine Ruptur nach sich zieht.
Es gibt nicht nur verschiedene Arten der Milzruptur, sondern es sind auch verschiedene Schweregrade möglich. Bei einer Milzruptur kann es zu einem Kapselriss oder einem tiefergehenden Riss des Organs kommen. Wie schwer die Blutungen ausfallen, ist von der Tiefe des Risses abhängig und davon, welche und wie viele Blutgefäße der Milz verletzt wurden. Schwere Blutungen, bei denen die Betroffenen in akuter Lebensgefahr schweben, sind möglich.
Mitunter treten die Blutungen aus der Milz verzögert auf. Wenn eine Verletzung im Gewebe vorliegt, aber die Kapsel noch nicht beschädigt wurde. Bei einem langsam zunehmenden Bluterguss innerhalb der Kapsel reißt diese möglicherweise erst nach Tagen oder in seltenen Fällen erst nach Wochen. Dann treten Blutungen in den Bauchraum ebenfalls auf.
Bei einer einseitigen Milzruptur reißen Kapsel und Gewebe sofort. Die Blutung tritt unmittelbar auf. Bei einer zweizeitigen Milzruptur ist zunächst nur das Gewebe der Milz verletzt. Nach Stunden bis Wochen kann es aber zusätzlich zum lebensgefährlichen Riss der Kapsel kommen.
Darüber hinaus wird zwischen den Schweregraden eins bis fünf unterschieden. Der erste Schweregrad bedeutet lediglich einen Kapselriss. Mit zunehmender Schwere der Milzruptur ist nicht nur die Kapsel gerissen, sondern das Organ selbst und wichtige Arterien sind immer stärker verletzt.
Hier ein Überblick der Schweregrade:
Die Art und Schmerzhaftigkeit der Symptome hängen bei dieser Verletzung von deren Schwere ab. Leichtere Verletzungen, die nur mit geringen Blutungen einhergehen, verursachen die folgenden Symptome:
Kommt es zu einer schwerwiegenderen Milzruptur mit einer größeren Blutung, dann treten diese Symptome auf:
Treten diese Symptome auf, so sind lebensrettende Maßnahmen sofort durchzuführen. Die Patienten können nicht nur kollabieren, sondern ihr Zustand kann sich bis zu einem Herzkreislaufstillstand verschlechtern. Außerdem besteht die Gefahr, dass die Betroffenen aufgrund ihrer inneren Blutungen versterben könnten.
Sofern es zu einer stumpfen Verletzung der linken Flanke oder des Oberbauchs gekommen ist, ist eine Milzruptur möglich. Die Unfallgeschichte verrät dem behandelnden Arzt, ob ein Verdacht auf eine Milzruptur besteht. Die eben genannten Symptome geben in Kombination den Hinweis darauf, dass es sich um eine Milzruptur handelt. Ist der Patient nicht mehr ansprechbar, dann geben Prell- und Gurtmarken im Bereich des linken Oberbauchs einen Hinweis auf eine Verletzung.
Sofern ein Verdacht auf eine Milzruptur geäußert wird, wird eine Sonographie der Bauchorgane durchgeführt. Mit einer Ultraschalluntersuchung (Fast-Sono) können Organverletzungen und kleinere Blutungen im Bauchraum schnell diagnostiziert werden.
Falls der Ultraschallbefund auffällig war, wird die sonographische Untersuchung engmaschig wiederholt. Somit soll eine mögliche zweite Milzruptur diagnostiziert werden. Röntgenaufnahmen des Bauches und Oberkörpers können nicht zur Diagnose einer Milzruptur genutzt werden. Die Patienten werden aber dennoch einer Röntgenuntersuchung unterzogen, um weitere Verletzungen, wie Rippenbrüche, erkennen oder ausschließen zu können.
Ist der Kreislauf der Patienten stabil ist, wird auch eine Computertomographie des Bauchraums durchgeführt. Das ist die beste Methode, um einen Milzriss zu diagnostizieren. So kann sich der zuständige Arzt einen genauen Überblick über das Ausmaß der Milzruptur verschaffen.
Liegt ein Verdacht auf eine Milzruptur vor, dann wird das Blut des Patienten im Labor untersucht. So kann die Sauerstoffsättigung beurteilt und der Blutverlust abgeschätzt werden. Weitere Laboruntersuchungen geben Aufschluss über die Organfunktionen von Niere, Leber und weiteren Organen. Eine stark erhöhte Leukozytenanzahl (weiße Blutkörperchen) ist ein weiterer Indikator für eine Milzruptur.
Der Schweregrad der Milzruptur und die Symptomatik entscheidet über die Therapie. Der Verdacht auf eine Milzruptur ist ein medizinischer Notfall, der in die Hände von Chirurgen gehört. Noch in den 1980er-Jahren war es üblich, dass die gängige Therapie eine operative Entfernung der Milz vorsah. Heute ist die Erhaltung des Organs eines der erklärten Ziele der Therapie, wenn dies möglich ist.
Nach einer Untersuchung wird entschieden, wie vorgegangen wird. Bis zum Schweregrad drei kann eine Operation vermieden wird. Zunächst musst der Kreislauf des Patienten stabilisiert werden. Das geschieht mit Flüssigkeitszufuhr, Medikamenten und ggf. mit einer Bluttransfusion. Wichtig ist, eine Blutung im Bauchraum auszuschließen. Eine Blutung im Bauchraum erfordert eine Notfalloperation.
Die richtige Wahl der Therapie entscheidet über den Erfolg.
Bis zum Schweregrad drei ist eine konservative Therapie zusammen mit einer engmaschigen Überwachung möglich. Kleinere Risse können dank der körpereigenen Blutstillung ohne einen operativen Eingriff abheilen. Der Patient wird häufig intensivmedizinisch betreut. Zur Überwachung des Kreislaufs werden neben Blutdruck und Herzfrequenz, auch Blutentnahmen und Ultraschalluntersuchungen durchgeführt. Binnen 72 Stunden hat das Risiko für einen schweren Verlauf der Milzruptur bereits deutlich abgenommen. Während dieser Phase sind Komplikationen, die eine Operation erforderlich machen, nicht auszuschließen.
Es gibt viele Operationstechniken, die bei einem Milzriss zur Anwendung kommen. Bei der Operation wird zunächst die Blutstillung erreicht. In einigen Fällen wird versucht, das Gefäß im betroffenen Bereich zu verschließen. Das kann mit einem Gewebekleber, einer Naht oder durch Hitzekoagulation erfolgen. Eventuell wird die Milz in ein Kunststoffnetz eingehüllt und so komprimiert, um eine Blutstillung zu erreichen.
Ab dem Schweregrad vier muss ein Teil der Milz entfernt werden (Milzteilresektion). Nach Möglichkeit versuchen die Ärzte den funktionstüchtigen Teil des Organs zu erhalten. Der Schweregrad fünf kann nur mit einer Entfernung des kompletten Organs behandelt werden (Splenektomie). Ziel ist es, eine Splenektomie zu verhindern. Die Milz wird heutzutage nur noch entfernt, wenn der Kreislauf nicht stabilisiert werden kann. Asplenie wird der Zustand ohne Milz genannt.
Ein Leben ohne Milz führt zu einem höheren Risiko für Infektionen.
Gerade bei Säuglingen und Kindern werden Ärzte alles versuchen, um die Milz zumindest in Teilen zu erhalten. Säuglinge und Kleinkinder haben ein großes Risiko für einen schweren Infektionsverlauf, der zu einer Blutvergiftung führen kann. Bei Patienten höheren Alters wird eine komplette Entfernung der Milz hingegen häufiger vorgenommen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass Erwachsene bei einer kompletten Entfernung der Milz weniger Komplikationen zu befürchten haben. Ausgeprägtes Übergewicht oder andere anatomisch ungünstige Verhältnisse können den Entschluss dazu, die Milz zu entfernen, ebenfalls begünstigen.
Folgende Operationskomplikationen können auftreten:
Die Heilungsaussichten hängen von der Schwere der Milzruptur und dem Zeitpunkt der Behandlung ab. Eine Milzruptur kann ein lebensgefährliches Ausmaß erreichen. Wenn nicht sofort lebensrettende Maßnahmen eingeleitet werden, verblutet der Patient innerlich und verstirbt. Die Heilungsaussichten bei einer Milzruptur ersten Grades sind gut. Diese kann sogar ohne eine Operation verheilen. Auch wenn die Patienten bei einer schwereren Milzruptur rechtzeitig operiert werden, stehen die Heilungschancen gut.
Die Patienten können anschließend von einer höheren Anfälligkeit für Infekte betroffen sein. Wurde eine Milzruptur von einem Tumor (Leukämie) verursacht, dann hängen die Heilungschancen unter anderem davon ab, wie weit die Krebserkrankung bereits fortgeschritten ist.
Da eine Milzruptur meist durch ein Unfalltrauma verursacht wird, ist die Unfallvermeidung als wichtigste vorbeugende Maßnahme anzusehen. Bei Sportarten wie dem Skifahren sollte die nötige Schutzkleidung getragen werden. Natürlich lassen sich Unfälle nicht grundsätzlich vermeiden.
aktualisiert am 19.12.2022