Leiden Patienten unter Magenkrebs, so sind Zellen der Magenschleimhaut entartet und vermehren sich krankhaft. Wird das sogenannte Magenkarzinom nicht behandelt, breitet es sich immer mehr aus. Bestandteil einer Magenkrebs-Therapie ist es deswegen, die entarteten Zellen zu bekämpfen und sie an der Vermehrung zu hindern. Die Antikörper-Therapie stellt eine zusätzliche Behandlungsmethode zur Chemotherapie dar, wenn der Krebs bereits gestreut hat. Zur Therapie eines Magenkarzinoms eignen sich die Antikörper:
Um das Prinzip der Antikörpertherapie mit Trastuzumab nachzuvollziehen, muss man sich mit dem Wachstum von Tumorzellen auseinandersetzen. Auf der Oberfläche von Zellen befinden sich Rezeptoren – das sind kleine Strukturen, die wie Antennen funktionieren. Sie sind in der Lage, ein Signal an die Zelle weiterzuleiten, damit sich diese vermehrt. Bei dem HER2-Protein handelt es sich um solche Wachstumsrezeptoren. Sie befinden sich sowohl auf gesunden als auch auf entarteten Zellen. Je mehr humane epidermale Rezeptoren (kurz HER2) auf der Zelloberfläche sitzen, desto mehr Wachstumssignale erhält die Zelle.
Nur bei bestimmten Fällen kann die Antikörpertherapie sinnvoll eingesetzt werden. Vor einer etwaigen Behandlung mit dem Antikörper Trastuzumab bei Magenkarzinom-Patienten muss der HER2-Status im Labor bestimmt werden. Hierfür wird der Arzt eine Magenspiegelung durchführen und etwas Gewebe von der Magenschleimhaut entnehmen. Die anschließende Analyse zeigt, wie sich die Konzentration der HER2-Rezeptoren auf den Zellen gestaltet. Bei übermäßig vielen Rezeptoren spricht man von einer HER2-Überexpression: Die Rezeptoren verbinden sich und die Zellen erhalten durchgehend Signale, sich zu vermehren. Die Folge ist, dass der Krebs besonders rasch wächst und umliegende Organe befällt.
Bei rund einem Fünftel aller Patienten mit Magenkrebs liegt eine deutlich erhöhte Anzahl an HER2-Rezeptoren vor. In diesen Fällen kann die Antikörperbehandlung sinnvoll sein. Ob sie durchgeführt wird, hängt vom sogenannten Score-Wert ab, der im Labor bestimmt wird.
Bereits vor einigen Jahren ist es Wissenschaftlern gelungen, Antikörper zu entwickeln, die bei Brustkrebs zum Einsatz kommen. Diese Antikörper (Trastuzumab) können ebenso bei Magenkrebs verabreicht werden, insofern dieser bereits fortgeschritten ist und Metastasen ausgebildet hat. Die Antikörper heften sich an die HER2-Rezeptoren und blockieren damit ihre Funktion. Obwohl der Rezeptor besetzt ist, bleibt der Befehl zur Zellteilung aus. Stattdessen aktiviert der angedockte Antikörper das Immunsystem des Körpers. Der Organismus bekämpft daher die besetzten Tumorzellen.
Die Antikörpertherapie mit Trastuzumab kann eine Chemotherapie nicht ersetzen, sodass sie nur zusätzlich angewendet wird. Die Antikörper werden als Infusion direkt in eine Vene des Betroffenen eingeleitet. Anschließend verteilen sich die Antikörper im Organismus und besetzen die Tumorzellen, bei denen sich vermehrte Rezeptoren finden.
Nicht nur Krebszellen haben HER2-Rezeptoren, sondern auch andere Körperzellen in einer geringeren Anzahl. Deshalb sind verschiedene Nebenwirkungen der Antikörpertherapie möglich. Symptome, die für eine Chemotherapie typisch sind, treten bei einer kombinierten Antikörpertherapie seltener auf (zum Beispiel Haarausfall, Erbrechen oder Blutarmut). Allerdings leiden einige Betroffene zu Beginn der Therapie unter leichtem Fieber, Schüttelfrost oder Kopfschmerzen. Überdies können die HER2-Antikörper Einfluss auf die Herzfunktion nehmen. Deswegen muss man vor und während der Behandlung die Herztätigkeit sowie die Funktion weiterer Organe überprüfen.
Die Infusion mit Trastuzumab wird etwa alle drei Wochen wiederholt. Insgesamt wird die Antikörpertherapie so lange fortgeführt, wie sie Wirkung zeigt. Die Therapie ist sinnvoll, wenn der Tumor gestreut (metastasiert) hat. Durch die Verabreichung von Antikörpern kann das Wachstum auch der Metastasen gebremst werden. Patienten profitieren dadurch von einer längeren Lebenserwartung, selbst wenn andere Behandlungsmethoden eine Heilung ausschließen.
Ein Antikörper mit anderer Wirkungsweise, der ebenfalls gegen Magenkrebs verabreicht werden kann, ist Ramucirumab. Dieser Antikörper setzt sich auf Rezeptoren an Zellen von Blutgefäßen. Damit kann ein Wachstumsfaktor von Blutgefäßen (VEGF) dort nicht mehr wirken, weshalb weniger neue Gefäße gebildet werden. Der Tumor wird damit nicht mehr richtig mit Blut beziehungsweise Nährstoffen versorgt.
Die Verabreichung des Mittels Ramucirumab geschieht ebenfalls über eine Infusion. Diese wird in zweiwöchigem Abstand durchgeführt. Die Antikörpertherapie mit Ramucirumab kommt bei fortgeschrittenen Fällen von Magenkrebs in Betracht, wenn andere Mittel nicht mehr ausreichend wirken oder nicht eingesetzt werden können. Allerdings können starke Nebenwirkungen unter der Therapie auftreten wie Blutungen, Bluthochdruck, Blutarmut (Anämie), Durchfälle oder Kopfschmerzen.
https://link.springer.com/content/pdf/10.1007/s00292-016-0179-3.pdf
aktualisiert am 02.03.2021