Der Riss des vorderen Kreuzbandes ist eine der häufigsten Kniegelenksverletzungen, vor allem im Sport. Auch das hintere Kreuzband kann reißen. Allerdings kommt diese Verletzung deutlich seltener vor. Die Kreuzbänder stabilisieren das Gelenk gemeinsam mit den Menisken, den Seitenbändern und der kniegelenksumgebenden Muskulatur. Durch einen Kreuzbandriss wird das Kniegelenk instabil. Eine Kreuzband-Operation stellt die mechanische Stabilität wieder her. Ein intensives Training in der Zeit der Rehabilitation sorgt für eine gute muskulär bedingte, sogenannte funktionale Stabilität. Dazu zählen Krafttraining, Koordinationstraining und Propriozeptionstraining (Training der Tiefensensibilität, die Auskunft über die Lage des Körpers im Raum gibt). Auch wenn das Kreuzband konservativ (ohne Operation) behandelt wird, ist eine gute funktionale Stabilität von entscheidender Bedeutung, um die fehlende mechanische Stabilität zu kompensieren.
Um nach einem Kreuzbandriss (konservativ oder operativ versorgt) den Belastungen des Alltags, aber auch des Sports wieder bestmöglich gewachsen zu sein, ist eine gut ausgebildete Muskulatur von entscheidender Bedeutung. Sie schützt auch ein operiertes Kreuzband vor einer erneuten Ruptur (Riss). Folgende Punkte sollten deshalb in der Rehabilitation nach einem vorderen Kreuzbandriss besondere Beachtung finden:
Nach einer Kreuzbandverletzung und auch nach einer Operation werden die Muskeln des betroffenen Beines aufgrund der Ruhigstellung kaum noch bewegt. Damit kommt es zu einer Abnahme der Muskelkraft und der Muskelmasse (Atrophie). Schnell sichtbar wird dies an der vorderen Oberschenkelmuskulatur (Musculus quadriceps). Die koordinativen Fähigkeiten müssen ebenfalls erst wieder erlernt werden. Deshalb ist bei allen Übungen die korrekte Position der Beinachse zu beachten, um Fehl- und Überbelastungen und damit erneute Verletzungen zu vermeiden. Zu Beginn des Krafttrainings steht deshalb oft ein Training an Geräten wie der Beinpresse. Hier sind geführte Bewegungen ohne große koordinative Anforderungen möglich. Auch ein isometrisches Krafttraining (Muskelanspannung ohne Gelenkbewegung) kann zum Kraftaufbau genutzt werden. Übungen wie der „Sitz an der Wand“ sind hier denkbar.
Neben der Muskulatur der Oberschenkelvorderseite und -rückseite sollten folgende Muskelgruppen ebenfalls trainiert werden, um Verletzungen des Kniegelenkes in Zukunft bestmöglich zu vermeiden:
Neben dem reinen Muskelaufbau kommt dem Koordinations- und Propriozeptionstraining eine entscheidende Bedeutung in der Rehabilitation nach einem Kreuzbandriss zu. Die Muskulatur kann nur schnell, effektiv und verletzungsvorbeugend arbeiten, wenn sie gut angesteuert wird, also gut koordiniert ist. Diese Fähigkeit muss nach einem Kreuzbandriss teilweise neu gelernt und intensiv trainiert werden. Nur dann kann vorhandene Muskelkraft wirkungsvoll eingesetzt werden. Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, die koordinativen und propriozeptiven Fähigkeiten im Training stärker anzusprechen:
Vor allem die Muskulatur der Oberschenkelrückseite neigt zu Verkürzungen. Dadurch wird die Streckfähigkeit des Kniegelenkes beeinflusst. Eine volle Kniestreckung ist aber essentiell für ein gut funktionierendes Kniegelenk. Ebenso neigt die Hüftbeugemuskulatur zu Verkürzungen. Durch die dadurch bedingte fehlende Hüftstreckung kann das Gangbild negativ beeinflusst werden. Alle relevanten Muskelgruppen sollten durch einen Therapeuten auf Verkürzungen getestet werden. Anschließend sollte der Patient entsprechende Dehnübungen unter Anleitung erlernen.
Je länger der Riss beziehungsweise die Operation her ist, desto mehr Belastung wird erlaubt. Dies sollte immer in Rücksprache mit dem behandelnden Arzt erfolgen. Wenn die Grundlagen von Kraft, Ausdauer und Koordination gelegt sind, kommen immer mehr sportartspezifische Übungen hinzu. Dazu gehören Sprung- und Landeübungen, aber auch Übungen, die Dreh-, Start- oder Stopp-Bewegungen enthalten.
Eine Kreuzbandverletzung ist eine sehr schwerwiegende Verletzung, die eine kompetente Begleitung in der Nachbehandlung erfordert. Gerade wenn das Kreuzband operiert wurde, gilt es besondere Einschränkungen zu beachten. Aber auch die Therapie eines konservativ behandelten Kreuzbandrisses sollte unter fachkundiger Aufsicht erfolgen. Es ist ausgesprochen wichtig, alle Übungen zunächst unter Aufsicht eines Therapeuten zu erlernen und ein Heimübungsprogramm explizit mit diesem abzusprechen. So kann ein optimales Therapieergebnis erzielt werden.
Im Wesentlichen gilt das oben beschriebene Vorgehen für beide Arten von Kreuzbandrissen.
Nach vorderem Kreuzbandriss gilt es vor allem, eine vordere Schublade (das Verschieben des Unterschenkels gegenüber dem Oberschenkel nach vorne) bei Bewegung und Belastung zu verhindern. Hierfür ist vor allem die ischiocrurale Muskulatur (Muskulatur der Oberschenkelrückseite) verantwortlich. Auf ihr sollte also ein besonderer Fokus im Training liegen.
Bei gerissenem hinterem Kreuzband entsteht eine hintere Schublade. Um dieser muskulär entgegenzuwirken, ist es wichtig, die Kniestrecker (Muskulatur auf der Oberschenkelvorderseite) effektiv zu trainieren.
Knie Marathon, Katrin Glunk – Aufbautraining nach Kreuzbandriss: Der Weg zum Sport: https://www.knie-marathon.de/vier-mythen-beim-aufbautraining-nach-kreuzbandriss/ (online, letzter Abruf: 29.03.2021)
Online-Trainer-Lizenz, Claudia Fröhlich – Übungen nach Kreuzbandriss: Wie trainierst du richtig?: https://www.online-trainer-lizenz.de/blog/uebungen-nach-kreuzbandriss/ (online, letzter Abruf: 29.03.2021)
aktualisiert am 01.04.2021