Bei Veränderungen an der Haut kann eine Kältebehandlung (Kryochirurgie) durch Vereisung sinnvoll sein. Das erkrankte Gewebe wird durch die gezielte Einwirkung der sehr niedrigen Temperatur zerstört. Die Kältebehandlung kann bei Warzen, Aknenarben, gutartigen und bösartigen Tumoren eingesetzt werden.
Die gezielte Anwendung von Kälte auf der Haut kann bei einer Vielzahl von Veränderungen an der Körperoberfläche vorgenommen werden.
Kryochirurgie oder Kryotherapie eignet sich unter anderem bei folgenden Erkrankungen:
In der Patientenbefragung (Anamnese) bringt der Arzt in Erfahrung, ob etwas gegen die Kältebehandlung spricht. Dazu gehören Kälteintoleranz und blasenbildende Erkrankungen. Zur Voruntersuchung betrachtet der Arzt insbesondere die verdächtigen Stellen und beurteilt die Ausdehnung und Tiefe der Veränderungen. Um Einzelheiten zu erkennen, wird ein Vergrößerungsglas benutzt. Endgültige Sicherheit über die Diagnose gibt eine feingewebliche Untersuchung (Histologie) nach einer Probeentnahme. Diese ist vor allem notwendig, wenn ein bösartiger Tumor durch Kälte behandelt werden soll. Vor der Vereisung wird genau markiert, welches Hautfeld durch die Kälte behandelt wird.
Der Eingriff zur Kälteanwendung findet normalerweise ambulant statt, manchmal ist jedoch ein stationärer Aufenthalt in der Klinik erforderlich. Das ist sinnvoll, wenn die Behandlung an schwierigen Stellen wie in Augennähe erfolgt. Die Kältechirurgie wird in den meisten Fällen ohne eine Betäubung vorgenommen. Insbesondere zur Vereisung von bösartigen Tumoren oder bei Kindern kann eine örtliche Betäubung erfolgen. Ansonsten ist keine spezielle Vorbehandlung für einen kryochirurgischen Eingriff an der Haut erforderlich.
Unterschieden werden zwei Vorgehensweisen. Welche Art der Kältetherapie zum Einsatz kommt, richtet sich nach dem Befund. Spezielle Risiken bei der Behandlung der jeweiligen Hautveränderung müssen bei der Auswahl des Verfahrens beachtet werden. Folgende Vorgehensweisen sind möglich:
Die Hautstelle wird ein oder zwei Mal für 15 bis 60 Sekunden vereist. Durch die Kälte wird die Flüssigkeit in den Zellen und um die Zellen herum eingefroren und das krankhafte Gewebe abgetötet (Kryodestruktion). Verwendet wird flüssiger Stickstoff, welcher eine Temperatur von -196 °C aufweist. Seltener kommen andere Kältemittel zum Einsatz. Während und kurz nach der Vereisungsbehandlung kommt es zu einem brennenden oder stechenden Gefühl, das sich nach wenigen Minuten bessert.
Bei der Behandlung von bösartigen Tumoren und ihren Vorstufen wird oft eine Temperaturmesssonde in das nicht betroffene Gewebe unterhalb der Veränderung eingeschoben. Damit lässt sich testen, ob sich genügend Kälte im Gewebe entwickelt. Häufig lässt sich aber durch den Anblick der Hautreaktion einschätzen, ob die Vereisung die gewünschte Wirkung erzielt hat und tief genug eingedrungen ist.
Bei manchen Erkrankungen sind mehrere Behandlungssitzungen zur Kryotherapie notwendig, um das gewünschte oder erforderliche Resultat zu erhalten (zum Beispiel bei Warzen, Narben).
Sehr oft treten nach der Kälteeinwirkung Blasen auf, die innerhalb von Tagen bis Wochen verschwinden. Schmerzen werden meist für kurze Zeit verspürt. Bei Bedarf kann ein geeignetes Schmerzmittel wie Paracetamol helfen. Bei der Vereisung einer erkrankten Hautstelle können umgebende Strukturen beschädigt werden. Blutungen, Nachblutungen und Blutergüsse können auftreten. Aufgrund von Nervenverletzungen kann es in seltenen Fällen unter anderem zu Taubheitsgefühl und Lähmungserscheinungen kommen. Diese Probleme können vorübergehend, manchmal auch dauerhaft sein. Weiterhin kann es zu Wundheilungsstörungen und überschießender Narbenbildung kommen. Außerdem können Pigmentstörungen auftreten, die manchmal dauerhaft bestehen bleiben.
Die Behandlung von Hautveränderungen mit Kälte (Kryochirurgie, Kryotherapie) weist insgesamt eine hohe Erfolgsrate auf. Wird sie sinnvoll eingesetzt, lassen sich die Veränderungen ähnlich gut beseitigen wie mit anderen gängigen Methoden. Meist bilden sich nur geringe Narben. Bei der Kältetherapie von Tumoren lässt sich jedoch schlechter als bei der herkömmlichen Chirurgie (Exzision) beurteilen, ob der Befund komplett erreicht werden konnte. Daher kommt es vergleichsweise oft zu einem Wiederauftreten (Rezidiv) des Befundes. Aus diesem Grund ist bei vielen Tumoren eine Kältebehandlung nicht die Therapiemöglichkeit der ersten Wahl. Nach einer Kryotherapie wird oftmals in zeitlichem Abstand eine erneute Probeentnahme an der Stelle durchgeführt. Auf diese Weise kann der Arzt sichergehen, dass die Wucherung nicht wieder aufgetreten ist.
Bei Blutschwämmen (Hämangiomen) ist die Kryotherapie die Behandlungsmöglichkeit, bei der es zu den wenigsten Komplikationen kommt. Daher wird sie als erste Maßnahme durchgeführt. Ist die Kältebehandlung nicht erfolgreich, so muss eine weitere Therapie, zum Beispiel mit dem Laser, in Erwägung gezogen werden.
Eine Narbenwucherung kann oft durch die Kälteanwendung gebessert werden. Eine komplette Rückbildung lässt sich in der Regel nicht erreichen. Aknenarben können durch die Kältebehandlung aufgeweicht werden, was in diesem Fall das Behandlungsziel ist.
Nach der Behandlung sieht die Hautstelle zunächst geschwollen und gerötet aus. Manchmal bildet sich ein bis zwei Tage nach dem Eingriff eine Blase, die mit Wasser oder Blut gefüllt ist. Das durch die Vereisung zerstörte Gewebe fällt nach circa ein bis zwei Wochen ab und es kommt zu einer Verkrustung der behandelten Stelle. Endgültig verheilt ist die Haut nach ungefähr drei bis vier Wochen. In seltenen Fällen beträgt die Heilungsdauer länger, insbesondere wenn die durch Kälte behandelten Veränderungen bis tief in die Haut reichen. Während der Heilungszeit können noch deutliche Narben sichtbar sein, die allmählich schwächer werden. Bei anderen Behandelten fällt die Hautstelle nach kurzer Zeit kaum noch auf.
Falls die Behandlungssitzung unter ambulanten Bedingungen und mit Schmerzmitteleinwirkung erfolgt, so muss der Patient beachten, dass er für 24 Stunden kein Auto selbst fahren darf. Daher sollte er sich abholen lassen.
Die Vereisungswunde kann mit einem antiseptischen Mittel, das regelmäßig aufgebracht wird, und mit einem geeigneten Pflaster versorgt werden. Große Wunden können eine spezielle Wundbehandlung erfordern. Falls sich eine größere Blase gebildet hat, kann der Arzt diese mit einer sterilen Nadel eröffnen.
Für zwei Monate sollte sich der Patient nicht sonnen oder in ein Solarium gehen. Durch einen guten und konsequenten Sonnenschutz lässt sich eine Pigmentstörung an der behandelten Stelle verhindern. In vielen Fällen sind Nachuntersuchungen zum Heilungsverlauf erforderlich. Diese Termine sollten wahrgenommen werden, insbesondere nach der Behandlung von Tumoren, um ein erneutes Auftreten auszuschließen. Falls Auffälligkeiten bemerkt werden, die auf Komplikationen oder eine erneute Erkrankung hindeuten könnten, sollte nicht gezögert werden, den Arzt zu kontaktieren.
Die Anwendung der Kälte führt zu einem Absterben von Zellen, während die Strukturen des Bindegewebes außerhalb der Zellen geschont werden. Dadurch prägen sich Narben seltener besonders stark aus als bei anderen Verfahren. Allerdings werden auch andere, nicht erkrankte Hautzellen zerstört, die sich an der Stelle befinden. Die Kältebehandlung lässt sich einfach durchführen und meist reicht eine Behandlungssitzung aus. Blutungen und Infektionen treten nur selten auf. Eine Betäubung ist meist nicht erforderlich. Die Vereisung lässt sich mit anderen Behandlungsmethoden wie einer photodynamischen Therapie kombinieren. Bei Bedarf kann die Kryotherapie an der Stelle erneut durchgeführt werden.
Die Kryochirurgie bietet eine oft gleichwertige Alternative zur operativen Entfernung (Exzision). Doch auch durch nichtoperative Vorgehensweisen können bestimmte Veränderungen therapiert werden. Bei Blutschwämmchen kann eine Cortisonbehandlung erfolgen, vor allem wenn sie an Bereichen sitzen, die einer Kältebehandlung oder einer Lasertherapie nicht zugänglich sind. Bei Warzen wird meist versucht, sie zunächst mit Tinkturen oder Pflastern zur Rückbildung zu bringen. Je nach Erkrankung können auch das Auftragen von Salben, eine Lasertherapie, eine Verödung, eine Bestrahlung, die Behandlung mit Strom sowie mit der so genannten Blitzlampe (IPL-Behandlung) vorgenommen werden.
AWMF – Leitlinie Kryochirurgie in der Dermatologie (Gültigkeit abgelaufen): https://www.awmf.org/fileadmin/user_upload/dateien/geschichte_der_awmf/kryochirurgie-in-der-dermatologie.pdf (online, letzter Abruf: 08.05.2023)
AWMF – S3-Leitlinie Aktinische Keratose und Plattenepithelkarzinom der Haut: https://register.awmf.org/de/leitlinien/detail/032-022OL (online, letzter Abruf: 09.05.2023)
National Cancer Institute – Cryosurgery to Treat Cancer: https://www.cancer.gov/about-cancer/treatment/types/surgery/cryosurgery (online, letzter Abruf: 11.05.2023)
American Society for Dermatologic Surgery – Cryosurgery: https://www.asds.net/skin-experts/skin-treatments/cryosurgery (online, letzter Abruf: 11.05.2023)
aktualisiert am 14.05.2023