Eine Operation ist derzeit die einzige Behandlungsmöglichkeit, mit der ein Grauer Star beseitigt werden kann. Von alleine bildet sich die Trübung der Linse nicht wieder zurück und Medikamente helfen hier nicht. Die Operation ist jedoch in der Augenheilkunde ein Routineeingriff: Circa 600.000 Mal wird die Operation am Grauen Star (Katarakt-OP) in Deutschland jährlich durchgeführt. Kommen keine erschwerenden Bedingungen hinzu, dann ist das Risiko für Komplikationen gering und Betroffene können mit dem Auge wieder klar sehen.
Die Operation am Grauen Star kommt in Betracht, wenn die Trübung der Linse das Alltagsleben beeinträchtigt. Dies ist an einer herabgesetzten Sehschärfe beim Sehtest erkennbar. Eine ebenso große Rolle spielt aber die eigene Beurteilung des Betroffenen, ob das Sehen sich verschlechtert hat. Dabei ist von Bedeutung, ob Aktivitäten nicht mehr optimal möglich sind, beispielsweise bei der Arbeit, in der Freizeit, im Haushalt oder die Bewegung im Umfeld betreffend.
Die Katarakt-Operation ist kein dringlicher Eingriff. Der Operationszeitpunkt ist planbar. Dennoch ist es sinnvoll, bei einer gewissen Sehverschlechterung nicht noch eine lange Zeit zu warten. Eine Grauer-Star-Operation gilt im Allgemeinen spätestens dann als angezeigt, wenn die Sehschärfe auf dem Auge 60 Prozent oder weniger beträgt (Visus 0,6 oder schlechter). Bei der Beurteilung müssen aber auch andere Augenkrankheiten, die vorliegen könnten, mit einbezogen werden. Doch selbst wenn beispielsweise Erkrankungen der Netzhaut bereits das Sehen verschlechtern, bedeutet bei einer Linsentrübung die erfolgreiche Staroperation meist einen Gewinn.
Bei einer Reihe von Berufen besteht die Voraussetzung, ausreichend gut sehen zu können. Dies betrifft unter anderem Piloten, Berufsfahrer, Lokführer, Wachpersonal oder Menschen, die Betriebsabläufe in Kraftwerken, Fabriken oder ähnlichen Einrichtungen überwachen. Für das Autofahren ist ebenfalls ein hinreichend gutes Sehvermögen notwendig. Das spielt eine weitere Rolle bei der Entscheidung, ob ein Grauer Star in der nächsten Zeit operiert werden soll oder nicht.
Ein weiterer Aspekt ist, dass ein Grauer Star in einem gewissen Ausmaß sogar eine erhöhte Gefährdung für den Patienten bedeutet. Je schlechter ein Mensch sieht, umso höher ist das Risiko von Problemen und Missgeschicken. Insbesondere ältere Menschen, die an einem Grauen Star leiden, sind durch Stürze gefährdet, da sie Hindernisse wie Kanten oder Gegenstände nicht mehr so gut erkennen. Hinzu kommt, dass die Dosierung und die korrekte Einnahme von Medikamenten bei schlechter Sehschärfe erschwert ist.
Hat sich ein Grauer Star sehr weit fortentwickelt, dann ist richtiges Sehen kaum noch möglich. Die Linsentrübung kann bis zur Erblindung führen, wenn sie nicht operiert wird. Erst die Operation ermöglicht auf einem solchen Auge wieder das Sehen.
Ein angeborener Grauer Star beim Kind sollte frühzeitig operiert werden. In diesem Fall kann das kindliche Gehirn das Sehen mit dem Auge nicht richtig trainieren. Eine sogenannte Amblyopie (Schwachsichtigkeit) kann entstehen. Die Sehschärfe ist dann dauerhaft verschlechtert, selbst wenn das Auge selbst intakt ist und die Grauer-Star-Operation durchgeführt wurde.
In manchen Fällen muss die Operation nicht zur Verbesserung des klaren Sehens durchgeführt werden, sondern um weitere Komplikationen durch die veränderte Linse zu verhindern. Eine aufgequollene Linse (Cataracta intumescens) aufgrund einer Wassereinlagerung kann zu einer starken Erhöhung des Augendruckes führen (Glaukom). Daher ist ein rascher Eingriff nach Art der Katarakt-Operation notwendig.
Ein Grund für die operative Entfernung der Augenlinse kann ebenfalls vorliegen, wenn eine bestimmte andere Augen-OP durchgeführt wird. Beispielsweise kann es sinnvoll sein, bei Eingriffen am Glaskörper oder an der Netzhaut zugleich die Linse zu entfernen und zu ersetzen.
Die Katarakt-Operation wird in den meisten Fällen ambulant durchgeführt. Der Patient kann nach kurzer Überwachung am selben Tag noch nach Hause. Bei bestimmten Bedingungen kann eine stationäre Behandlung zur Operation am Grauen Star aber erforderlich sein:
Heilungsverlauf und Allgemeinzustand des Patienten können in einer stationären Behandlung im Krankenhaus besser kontrolliert werden als daheim. Die Versorgung, unter anderem mit den richtigen Augentropfen, ist in der Klinik besser möglich.
Generell besteht die Operation am Grauen Star in einer Entfernung der eingetrübten Augenlinse. In nahezu allen Fällen wird in das Auge als Ersatz eine Linse aus Kunststoff „eingebaut“. Die Werte für diese Kunstlinse werden anhand einer Voruntersuchung berechnet. Es besteht die Möglichkeit, die Kunstlinse entweder für das Nahsehen oder für den Blick in die Ferne zu optimieren. Die Kunstlinsen im Auge gibt es in verschiedenen Varianten.
Lesen Sie dazu: Welche Linse wird bei einer Grauer-Star-Operation eingesetzt?
Grundsätzlich gibt es zwei mögliche Methoden, den Grauen Star operativ zu entfernen:
Die Standardmethode ist die ECCE, genauer die Variante der Phakoemulsifikation. Das bedeutet: Ein Ultraschallgerät verflüssigt die Linse nach und nach und die entstandene Flüssigkeit wird ausgesaugt, bis nur noch der Kapselsack übrig ist. Für diese Operation ist lediglich ein kleiner Schnitt am Auge erforderlich.
Die ECCE kann abweichend auch mit einer älteren Methode durchgeführt werden, bei der die Linse manuell entfernt wird. Das bietet den Vorteil, selbst eine verhärtete Linse komplett aus dem Auge herausnehmen zu können, die nicht mehr problemlos durch Phakoemulsifikation verflüssigt werden kann. Außerdem wird die Hornhaut weniger belastet als bei der Phakoemulsifikation, was bei einer Vorschädigung der Hornhautinnenschicht nützlich sein kann. In Kauf genommen werden muss bei der älteren Methode jedoch ein größerer Schnitt als Zugang zum Auge. Dieser Schnitt muss am Ende der OP vernäht werden. Das kann die Hornhaut verziehen und eine Hornhautverkrümmung (Astigmatismus) bedingen. Außerdem ist das Risiko für Infektionen etwas höher als bei kleinerem Schnitt.
Eine dritte, neuere Variante der ECCE ist die Operation mit dem Laser (Femtosekundenlaser-Katarakt-Operation). Dieses erst seit 2008 bestehende Verfahren ermöglicht eine sehr präzise Operation und schont ebenfalls die Hornhaut. Es weist weitere Vorteile auf, beispielsweise kann zugleich an der Hornhaut ein Astigmatismus (Hornhautverkrümmung) korrigiert werden. Es gibt aber auch Nachteile wie die längere OP-Dauer. Die Laser-OP ist noch keine Standardmethode. Sie kann nicht bei allen Patienten durchgeführt werden, zum Beispiel bei vernarbter Hornhaut.
Die Methode der ICCE kommt bei stark vorangeschrittenem Grauen Star zum Einsatz. Über einen größeren Schnitt am Auge wird ein Vereisungsstift eingeführt und die Linse angefroren. Daraufhin holt der Operateur sie vollständig mit Kapsel aus dem Auge. Mit der Kapsel fehlt daraufhin die übliche Befestigung für die Kunstlinse, sodass diese mit Nähten befestigt werden muss oder statt in die Hinterkammer in die Vorderkammer des Auges eingepflanzt werden muss.
Für die Schmerzausschaltung des Auges bei einer Katarakt-Operation gibt es drei Möglichkeiten:
Alle Verfahren haben ihre Vor- und Nachteile und eignen sich besonders unter bestimmten Bedingungen seitens der operierten Person.
Die Gabe von örtlich betäubenden Augentropfen reicht bei Patienten aus, die sich im normalen Maß ruhig verhalten können und das Auge nicht zu sehr zukneifen. Für sehr ängstliche Patienten oder bei schwierig zu operierenden Linsen kommt die Tropfanästhesie allerdings nicht in Betracht. Die Betäubungstropfen sind wirkungsvoll und schonend. Patienten können, anders als bei den anderen Betäubungsvarianten, gleich nach der OP mit dem Auge sehen.
Die Injektion von Betäubungsmittel mit einer Spritze in den Bereich neben und hinter das Auge (Retrobulbäranästhesie) ist ein gängiges Verfahren bei Grauer-Star-Operationen. Komplikationen wie beispielsweise Blutungen oder in sehr seltenen Fällen Verletzungen des Augapfels oder Verschluss eines Blutgefäßes am Auge sind möglich. Für die Patienten ist die Spritze nicht immer angenehm, weshalb vorher in der Regel ein Schmerzmittel und ein Beruhigungsmedikament verabreicht wird. Vorteil dieser Einspritzung des Betäubungsmittels ist die aufgehobene Beweglichkeit des Augapfels.
Eine Vollnarkose für die Operation am Grauen Star ist zum einen angezeigt, wenn Patienten nicht richtig stillhalten. Das kann bei großer Angst vor dem Eingriff am Auge, bei Kindern, bei einigen Menschen mit Behinderung oder mit Erkrankungen wie Parkinson der Fall sein. Zum anderen sind erschwerte Bedingungen im Auge wie stark fortgeschrittener Grauer Star oder andere schwere Augenkrankheiten ein Grund, die OP in Vollnarkose durchzuführen. Dazu zählen auch Eingriffe am einzigen oder am einzigen funktionsfähigen Auge.
Die Katarakt-Operation nach der gewöhnlichen Methode (Phakoemulsifikation mit Einsetzen einer Kunstlinse) dauert bei einem erfahrenen Augenchirurgen circa 20 bis 30 Minuten. Andere Methoden wie die Laser-OP können mehr Zeit in Anspruch nehmen.
DOG (Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft) – Leitlinie Nr. 19
Katarakt (Grauer Star) im Erwachsenenalter: https://www.dog.org/wp-content/uploads/2009/09/Leitlinie-Nr.-19-Katarakt-Grauer-Star-im-Erwachsenenalter.pdf (online, letzter Abruf: 29.09.2020)
Augenmedizin Darmstadt – Anästhesie: https://www.augen-darmstadt.de/augenoperationen/operation-des-grauen-stars/anaesthesie (online, letzter Abruf: 29.09.2020)
AAO (American Academy of Ophthalmology), Kierstan Boyd – Cataract Surgery: https://www.aao.org/eye-health/diseases/what-is-cataract-surgery (online, letzter Abruf: 29.09.2020)
BAO (Bundesverband für Ambulantes Operieren e.V.) – Operation des Grauen Stars (Katarakt-Operation): https://www.operieren.de/e3224/e10/e589/e594/e667/ (online, letzter Abruf: 29.09.2020)
DOG (Deutsche Ophthalmologische Gesellschaft), Professor Dr. med. Rupert Menapace – Neue „sanfte“ Therapiemöglichkeit beim grauen Star: Wie gut ist der Femtosekundenlaser?: https://www.dog.org/wp-content/uploads/2010/06/DOG-Kongress-PK-25.09.2014.pdf (online, letzter Abruf: 29.09.2020)
aktualisiert am 02.10.2020