Ein Gerstenkorn oder Hordeolum, wie es im medizinischen Fachjargon genannt wird, fällt durch einen mit Eiter gefüllten Pickel am Ober- oder Unterlid der Augen auf. Verursacht wird diese Infektion der Schweiß- oder Talgdrüsen durch Bakterien. Geschwollene Augenlider sowie gerötete Augen einhergehend mit einem unansehnlichen, schmerzenden Pickel drängen auf eine rasche Besserung. Zur Auswahl stehen hierfür bewährte Hausmittel sowie die Verabreichung antibiotikahaltiger Augentropfen und Salben. Ist keines der konservativen Heilmittel erfolgreich, kann der Arzt die Entscheidung treffen, das Gerstenkorn aufzuschneiden. Ein eigenmächtiges Ausdrücken des Gerstenkorns sollte allerdings unterlassen werden.
Am Augenlid finden sich die Talg absondernden Meibom- und Zeis-Drüsen sowie die Schweiß absondernden Moll-Drüsen (Wimperndrüsen). Keime können in diese Drüsen eindringen. Verstopfen deren Austrittspforten, vermehren sich die Bakterien ungehindert und gelblicher Eiter bildet sich.
Übertragen werden die Keime (Staphylococcus aureus, Streptokokken) durch Schmierinfektionen. Sie werden von kontaminierten (verunreinigten) Gegenständen sowie auch über Kontaktpersonen übertragen. Es wird davon ausgegangen, dass ein Drittel aller gesunden Menschen den Staphylokokkus aureus sowohl auf der Haut als auch in der Nase mit sich tragen. Somit können wir uns mit unseren eigenen Keimen ein Gerstenkorn zuziehen. Die Hände spielen bei der Übertragung die wesentliche Rolle.
In den meisten Fällen kann davon ausgegangen werden, dass ein Gerstenkorn innerhalb von fünf bis sieben Tagen von selbst abheilt. Die Geduld des Betroffenen kann durch ein Gerstenkorn dennoch auf die Probe gestellt werden und das Verlangen, es ausdrücken zu wollen, steigt.
Zu Beginn der Infektion kann es zu einer starken Schwellung des betroffenen Augenlides kommen. Beim ersten Anblick des geschwollenen und roten Auges möchte man sich lieber nicht in die Öffentlichkeit wagen. Begleitet wird diese Phase vielfach durch einen Juckreiz, welcher dazu verleitet, das entzündete Auge zu berühren. Gleichzeitig kann, vor allem bei einem Gerstenkorn am inneren Lidrand, ein unangenehmer, bisweilen heftiger Druckschmerz auftreten.
Schnelle Hilfe ist also gefordert. Doch ein Gerstenkorn darf nicht mit einem Mitesser oder Akne verwechselt werden. Bei der Akne verstopft wie beim Hordeolum ebenfalls eine Talgdrüse. Sie entzündet sich, wodurch es zur Entstehung von Eiter kommt. Ebenso wird bei der Akne davon abgeraten, den Eiterpickel auszudrücken.
Am Auge sind derartige Selbsthilfen ungleich gefährlicher. Beim Ausdrücken fließt oder spitzt der Eiter unkontrolliert aus dem unter Druck stehenden Gerstenkorn. Die im Eiter massenhaft vorhandenen Bakterien streuen auf die Finger, die Gesichtshaut und auf das Auge. Eine gefährliche Ausbreitung im Gewebe kann ebenfalls begünstigt werden. Die Infektion kann sich innerhalb des Augenlides, in der Augenhöhle (Orbitaphlegmone) oder in Richtung weiter entfernter Strukturen ausbreiten.
Im Verlaufe eines Tages berühren wir unser Gesicht mit den Fingern reflexartig viele Male. Durch diese Handlung werden die Keime verteilt, wodurch die Möglichkeit neuer Infektionsherde entsteht. Besonders davon betroffen sind die Augen. Das erkrankte Auge ist durch das Gerstenkorn geschwächt und somit anfällig für weitere Gerstenkörner. Das noch gesunde Auge kann durch das eigenständige Öffnen des Eiterpickels ebenfalls eher mit den Keimen in Berührung kommen und in Mitleidenschaft gezogen werden.
Zusätzlich besteht durch den abfließenden Eiter ein erhöhtes Risiko für die Bindehaut des Auges. Eine Entzündung durch Bakterien (Konjunktivitis) macht sich durch eine stark sichtbare Rötung der Augen bemerkbar. Eine bakterielle Bindehautentzündung muss letztlich mit Antibiotika behandelt werden. Dies dient auch dazu, ein weiteres Übergreifen auf tiefere Schichten des Auges oder die Augenhöhle zu vermeiden.
Die Augen stellen unser wichtigstes Sinnesorgan dar. Erkrankungen sollten daher in jedem Fall ernst genommen werden. Schnell kann eine unbedachte Eigeninitiative schwerwiegende Folgen bis hin zum Verlust des Augenlichtes nach sich ziehen.
Staphylococcus aureus ist ein häufiger Keim unserer Hautflora und wird im Regelfall durch unser Immunsystem in Schach gehalten. Dennoch sollte seine Ansteckungsgefahr und Gefährlichkeit nicht unterschätzt werden. Resistenzbildungen wie beim Krankenhauskeim MRSA (Methicillin-resistenter Staphylococcus aureus) zeigen dies deutlich.
Ist der Keim auf die Bindehaut gelangt, kann dieser nicht wie bei einem Hautpickel mit den üblichen Desinfektionsmitteln unschädlich gemacht werden. Wenngleich mit Augentropfen, die Jod oder Bibrocathol enthalten, wirkungsvolle keimtötende Substanzen zur Verfügung stehen, raten Augenärzte davon ab, ein Gerstenkorn ohne fachliche Hilfe auszudrücken.
Der Gedanke einer Verletzung am Auge mag im ersten Moment weit hergeholt erscheinen. Doch jegliche Handlungen am Auge stellen das Risiko dar, die empfindliche Schutzfunktion zu beschädigen. Vor allem die Verwendung spitzer Gegenstände wie Nadeln oder eines Komedonenquetschers (einem Gerät zum Ausdrücken von Mitessern) kann zu einer folgenschweren Verletzung führen.
Die Nähe eines Gerstenkorns zum Auge führt beim Ausdrücken zu einer zusätzlichen Beeinträchtigung und mangelnden Übersicht. Eine verletzte Bindehaut bietet den Keimen des Gerstenkorns beim Ausdrücken eine zusätzliche Eintrittspforte in das Auge hinein.
Ein Gerstenkorn kann ohne anfängliche ärztliche Hilfe zu Hause behandelt werden. Die besten Chancen, ein Gerstenkorn schnell loszuwerden, können durch die Verwendung eines Infrarotstrahlers erreicht werden. Feucht-warme Kompressen werden generell nicht empfohlen, aber manchmal eingesetzt. Bei allen Maßnahmen sollte ein hohes Maß an Hygiene eingehalten werden. Dies bedeutet, dass alle verwendeten Materialien wie Kompressen und Lösungen steril sein müssen. Sterile Kompressen sind in Apotheken oder Drogeriemärkten erhältlich. Manche Wirkstoffe können in Wasser abgekocht werden oder gelten aufgrund ihres Produktionsvorganges als keimfrei.
Die Eröffnung eines Gerstenkorns stellt für den Arzt die letzte Behandlungsmöglichkeit dar. Hausmittel bei einem Gerstenkorn bilden die erste Wahl. Antibiotisch wirkende Substanzen werden meist in Form von Salben oder Augentropfen verschrieben. Sie dienen insbesondere auch dem Schutz vor weiteren Gerstenkörnern und der Ausbreitung der Infektion. Der Einsatz systemisch (auf den ganzen Körper) wirkender Medikamente in Tablettenform ist nur schweren Fällen und bei einer bereits erfolgten Entzündung anderer Bereiche des Auges vorbehalten. Ebenfalls hilfreich sein können pflanzliche Arzneien oder homöopathische Therapieansätze.
Führen diese konservativen Methoden nicht zu einer Besserung oder spitzt sich das Infektionsgeschehen zu, kann der Eiter durch den Arzt entfernt werden. Hierfür wird mit einer sterilen Nadel oder Lanzette ein kleiner Schnitt gesetzt. Möglichen Risiken einer Verschleppung von Keimen wird durch die Verabreichung von Antibiotika vorgebeugt, welche direkt ins Auge verabreicht werden.
GERSTENKORN.NET, Dr. Jörg Schweikart – Ursache für Gerstenkorn: https://www.gerstenkorn.net/ursache/ (online, letzter Abruf 04.06.2020)
Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) – Schmierinfektion, Wie werden Erreger bei einer Kontaktinfektion übertragen?: https://www.infektionsschutz.de/infektionskrankheiten/uebertragungswege/schmierinfektion.html (online, letzter Abruf 04.06.2020)
MSD Manuals, Larry M. Bush; Charles E. Schmidt – Staphylococcus-aureus–Infektionen: https://www.msdmanuals.com/de-de/heim/infektionen/bakterielle-infektionen-grampositive-bakterien/staphylococcus-aureus-infektionen (online, letzter Abruf 04.06.2020)
Berufsverbands der Augenärzte Deutschlands e.V. (BVA) und der Deutschen Ophthalmologischen Gesellschaft (DOG) – Bindehautentzündung (Konjunktivitis): http://cms.augeninfo.de/hauptmenu/augenheilkunde/augenerkrankungen/entzuendungen-des-auges/bindehautentzuendung-konjunktivitis.html (online, letzter Abruf 04.06.2020)
Review of Optometry, Alan G. Kabat; Joseph W. Sowka – Stye vs. Stye: https://www.reviewofoptometry.com/article/stye-vs-stye (online, letzter Abruf 04.06.2020)
aktualisiert am 16.06.2020