Das Auge ist unser wichtigstes Sinnesorgan. Gleichzeitig ist es besonders anfällig für schädliche Einflüsse aus der Umgebung. Hierzu zählen neben mechanischen Reizen in besonderem Maße Infektionen der Augen. Vor allem Säuglinge und Kleinkinder neigen überdurchschnittlich häufig dazu, ein Gerstenkorn zu entwickeln.
Während Erwachsene leichter in der Lage sind, Maßnahmen zur Vermeidung eines Gerstenkorns umzusetzen, können diese bei kleinen Kindern nicht erwartet werden. Die Behandlung eines Hordeolums, wie das Gerstenkorn im Fachjargon genannt wird, muss an das Alter, die Fähigkeiten und die mögliche Einsicht angepasst werden.
Die Augenlider und Wimpern sind ein wichtiger Bestandteil zur Abwehr schädlicher Einflüsse auf unser Auge. Eine wesentliche Rolle spielen hierbei die talghaltigen Sekrete aus den Meibom- und Zeis-Drüsen sowie die Schweiß absondernden Moll-Drüsen (Wimperndrüsen). Eine Voraussetzung für einen reibungslosen Schutz der Augen kommt unserem Immunsystem zu. Ist dieses geschwächt, besteht eine erhöhte Möglichkeit, dass Keime in diese Drüsen eindringen. Größtenteils handelt es sich bei den Eindringlingen um Staphylokokken (Staphylococcus aureus). In selteneren Fällen sind auch Streptokokken als Ursache auszumachen. Gelangen diese Bakterien in die Drüsen, können diese verstopfen. Die Keime vermehren sich ungehindert und bilden zusammen mit abgestorbenem Gewebe den gelblichen Eiter.
Die Haut von Neugeborenen kann im Wesentlichen als steril bezeichnet werden. Frühzeitig beginnt durch den Kontakt mit der Umwelt die Besiedelung der Haut mit unterschiedlichen Mikroorganismen. Eine besondere Bedeutung besitzen die Bakterien, welche dauerhaft (resident) auf der Haut bleiben. Sie sind ein wichtiger Faktor bei der Abwehr gegenüber krankmachenden Mikroorganismen.
Die Vielfältigkeit der Hautflora und damit die Abwehrstärke nimmt bereits in den ersten sechs Monaten zu. Sie erreicht indes erst im Erwachsenenalter ihre endgültige Zusammensetzung. Schädliche Bakterien haben somit insbesondere bei Kleinkindern eine höhere Wahrscheinlichkeit, ihre krankmachende Wirkung zu entfalten.
In einigen Fällen konnte ein Zusammenhang zwischen der Häufigkeit eines Gerstenkorns und einer seborrhoischen Dermatitis (bei Babys auch Grind genannt) nachgewiesen werden. Ein Gerstenkorn wird ebenfalls durch Rosazea (Kupferrose) begünstigt. Vor allem letztere Erkrankung äußert sich bei Kindern häufig in Form einer Rötung mit Fremdkörpergefühl am Auge (Rosacea ophthalmica). Charakteristisch ist die Beteiligung der Kopfhaut sowie der Augenlider, was zu einer erhöhten Infektanfälligkeit für ein Hordeolum führen kann.
Kinder, welche unter Diabetes leiden, besitzen ebenfalls ein größeres Risiko, an einem Gerstenkorn zu erkranken. Dies betrifft sowohl den Diabetes Typ 2, welcher in der Regel erst in späteren Lebensjahren auftritt, als auch den Typ 1, der sich schon im Kindesalter entwickeln kann. Beide führen im Laufe der Zeit zu Gefäßschäden und schwächen in der Folge die Abwehrfunktionen im Bereich der Augen.
Bei einem Gerstenkorn handelt es sich um eine bakterielle Infektion, welche sowohl am Innenrand als auch am äußeren Lidrand der Augen auftreten kann. Zu Beginn kommt es am Augenlid zu einer Rötung und Schwellung, welche nicht selten das komplette Auge betrifft. Begleitend kann das Kind unter einem unangenehmen Juckreiz leiden, welcher den jungen Patienten dazu verleiten kann, sich mit den Fingern in die Augen zu langen. Vor allem ein inneres Hordeolum führt auch zur Reizung der Bindehaut. Kann das Kind sich mit Worten äußern, wird es von einem starken Druckschmerz und einem Fremdkörpergefühl berichten.
Ein Gerstenkorn am inneren Lidrand zeigt sich nicht auf den ersten Blick. Besteht der Verdacht auf ein solches Gerstenkorn, kann der Arzt dies durch das Umstülpen des Augenlides (Ektropionieren) diagnostizieren.
Im weiteren Verlauf bildet sich die Schwellung zurück, wobei die Entzündung zusehends von einem mit Eiter gefülltem Pickel beherrscht wird. Je weiter fortgeschritten das Gerstenkorn ist, desto mehr kann es an Größe gewinnen. Nach dem Schlaf ist das Öffnen der Augen durch verkrustete Wimpern und ein verklebtes Lid erschwert.
Die Handhabung von Krankheiten bei Kindern sollte sich nicht an denselben Maßnahmen orientieren, wie sie bei Erwachsenen normal sind. Insbesondere Neugeborene und Kleinkinder sind nicht unbedingt in der Lage, ihre Beschwerden eindeutig zu artikulieren. So können sie ein unangenehmes Gefühl oder Schmerzen im Verlauf einer Behandlung nicht entsprechend angeben. Im Zweifelsfall sollte daher ein Kinderarzt oder Kinderheilpraktiker hinzugezogen werden.
Unter den Hausmitteln lässt sich die Verwendung von trockener Wärme bei Entzündungen über Jahrtausende zurückverfolgen. Die Infrarotstrahlen einer Rotlichtlampe dringen bis zu wenige Millimeter unter die Haut ein. Dort wirken sie beschleunigend auf die Heilung einer Entzündung und verflüssigen beim Gerstenkorn den Eiter.
Durch die in der Tiefe wirksame Wärmestrahlung kann es zu Verbrennungen kommen. Davon kann nicht nur die Hautoberfläche, sondern auch die Hornhaut der Augen betroffen sein. Bei der Anwendung muss sichergestellt werden, dass die Kinder in der Lage sind, das Schließen der Augen über den gesamten Behandlungszeitraum zu akzeptieren und einzuhalten.
Die Anwendung feuchtwarmer Kompressen ist eine Methode, welche ohne ärztliche Hilfe zu Hause gerne durchgeführt wird. Deren Wirksamkeit wird mittlerweile indes vermehrt angezweifelt. Durch die breite Auflagefläche und Feuchte weicht die Haut auf, wodurch sich die Keime im Augenlid verteilen könnten. Im Allgemeinen werden die feuchten Auflagen bei Gerstenkörnern nicht empfohlen.
Dennoch soll auf die Möglichkeit einer Behandlung mit Kompressen hingewiesen werden. Wer sich für diese Anwendung bei seinem Kind entscheidet, muss darauf achten, dass alle verwendeten Zutaten keimfrei sind. Das bedeutet: ausschließlich sterile Kompressen benutzen, stets abgekochtes Wasser verwenden und vor der Behandlung die Hände waschen.
Verkrustete Augenlider können mit Kompressen aus warmem Wasser und mildem Babyshampoo gereinigt werden. Bei Auflagen mit Kamillentee sollte auf eine mögliche allergische Reaktion geachtet werden.
Entzündungshemmende Eigenschaften weisen in der Naturmedizin der Fenchel, die Ringelblume oder die Zaubernuss (Hamamelis) auf. Beim Kauf sollte auf eine rückstandsfreie Qualität geachtet werden.
Ätherische Öle dürfen keinesfalls unverdünnt zur Anwendung kommen. Die antibakterielle Wirkung ätherischer Öle des Teebaumes oder des Niembaumes sowie Auszüge der Wacholderpflanze und des Wolllavendels sind belegt. Doch sollten nur Salben oder Lösungen zur Anwendung kommen, welche vom Arzt oder Heilpraktiker für Kinder ausdrücklich freigegeben worden sind.
Antibiotika sind bei Infektionen mit Hautkeimen wie dem Staphylococcus aureus effektiv. Doch die Verabreichung von Tropfen oder Salben stellen die Eltern, insbesondere von Säuglingen und Kleinkindern, bisweilen vor eine große Herausforderung.
Vor dem Tropfen ist es hilfreich, vorhandene Verklebungen der Lider und Wimpern zu entfernen. Wichtig ist, das Medikament sowie dessen Tropfflasche frei von Keimen zu halten. Ein leichtes Anwärmen der Augentropfen auf Körpertemperatur verhindert einen verstärkten Tränenfluss, wodurch der Wirkstoff besser im Auge verbleiben kann.
Augentropfen müssen nicht zwingend in das offene Auge getropft werden. Liegt das Kind am Rücken, werden die Tropfen in den Augenwinkel gegeben. Nötigenfalls kann dies im Schlaf oder mit einer zusätzlichen Person geschehen.
Die Verabreichung eines Antibiotikums sollte stets durch einen Arzt verordnet werden. Eine Selbstmedikation, vor allem mit vorhandenen Medikamenten aus der Hausapotheke, kann zu schwerwiegenden zusätzlichen Infektionen des Auges führen.
Die Homöopathie gilt weitgehend als schonende alternative Methode. Entscheidend für die richtige Wahl des Mittels ist eine eindeutige Diagnose sowie das Wissen um den richtigen Wirkstoff und die Potenz. Als hilfreiche homöopathische Arzneien bei Kindern haben sich neben dem Augentrost (Euphrasia officinalis) die Honigbiene (Apis mellifica) oder die Wiesen-Kuhschelle (Pulsatilla pratensis) erwiesen.
Trotz möglicher Schwierigkeiten, welche die Behandlung eines Gerstenkorns bei Kindern mit sich bringen kann, darf das Gerstenkorn niemals selbst eröffnet werden. Ist nach 10 bis 14 Tagen keine Heilung in Sicht, kann sich der Arzt für das Eröffnen des Pickels entscheiden. Da hierfür mit einer Nadel oder Skalpell ein kleiner Schnitt gesetzt werden muss, kann bei einem Kind die Verabreichung einer Narkose notwendig werden. So wird das Öffnen eines Eiterpickels meist die letzte Wahl für die Behandlung eines Gerstenkorns bleiben.
Kinder kommen in besonderem Maß mit Schmutz in Berührung. Sie haben zu ihren Freunden einen meist engen Kontakt und achten beim Spielen selten auf die Hygieneregeln der Erwachsenen. Dies stärkt auf der einen Seite das im Aufbau befindliche Immunsystem. Indes birgt es die Gefahr, dass die Kinder mit einer Vielzahl von Krankheitserregern konfrontiert werden.
Die Bitte „lang dir nicht in das Gesicht“ kann im kindlichen Alltag kaum umgesetzt werden. Händewaschen mit Seife stellt indes eine Möglichkeit dar, die Anzahl von Keimen an den Händen zu verringern.
Ein Gerstenkorn heilt bei einem Kind im Regelfallinnerhalb von fünf bis sieben Tagen ohne ärztliches Eingreifen ab. Nach dem Abheilen sowie ein bis zwei Tage nach der Gabe von Antibiotika gilt ein Gerstenkorn nicht mehr als ansteckend. Wird das Gerstenkorn jedoch nach wenigen Tagen nicht besser oder kommt es zusätzlich zu Fieber oder Krankheitsgefühl, sollte spätestens ein Arzt aufgesucht werden.
GERSTENKORN.NET, Dr. Jörg Schweikart – Ursache für Gerstenkorn: https://www.gerstenkorn.net/ursache/ (online, letzter Abruf 04.06.2020)
Universität zu Lübeck, Dennis Knaack – Die Dynamik der Hautkolonisation von Früh-und Neugeborenen mit Staphylokokken: https://www.zhb.uni-luebeck.de/epubs/ediss1594.pdf (online, letzter Abruf 04.06.2020)
University of Rochester Medical Center, Chris Haupert; L. Renee Watson – Styes in Children: https://www.urmc.rochester.edu/encyclopedia/content.aspx?contenttypeid=90&contentid=P02102 (online, letzter Abruf 04.06.2020)
Lichterland – Gerstenkorn Behandlung mit Rotlicht: https://www.lichterland.net/rotlichtlampe/gerstenkorn-behandlung/ (online, letzter Abruf 04.06.2020)
Review of Optometry, Alan G. Kabat; Joseph W. Sowka – Stye vs. Stye: https://www.reviewofoptometry.com/article/stye-vs-stye (online, letzter Abruf 04.06.2020)
aktualisiert am 04.06.2020