Die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis wird auch als Anti-NMDA-Enzephalitis bezeichnet. Einfach erklärt handelt es sich um eine Erkrankung des Gehirns, bei der das Immunsystem bestimmte Strukturen der Nervenzellen angreift. Solche Vorgänge werden als Autoimmunerkrankungen bezeichnet. Die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis führt zu schweren Störungen des zentralen Nervensystems mit verschiedenartigen Folgen.
Der sogenannte NMDA-Rezeptor ist im Gehirn am Datenaustausch beteiligt. Dieser Rezeptor ist für die Signalübertragung im menschlichen Gehirn von entscheidender Wichtigkeit. Während die Gründe für diese Autoimmunerkrankung bisher nicht geklärt sind, sind die Vorgänge bekannt: Es kommt bei einer Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis zur Bildung von Abwehrstoffen (Antikörpern) gegen diesen wichtigen Rezeptor. Durch die Antikörper wird der Rezeptor blockiert. Somit kann das Eiweiß, welches zur Signalweitergabe an dem Rezeptor andocken sollte (Glutamat), dies nicht mehr tun. Ohne dieses Andocken kann der Datenaustausch im Gehirn jedoch nicht wie vorgesehen funktionieren. Er bricht entsprechend zusammen. Diese Form der Gehirnentzündung wird von einer fehlgeleiteten Immunreaktion ausgelöst und gehört zu den Autoimmunkrankheiten.
Dass die Krankheit im Jahr 2007 zum ersten Mal beschrieben wurde, macht deutlich, warum dieses Krankheitsbild noch nicht abschließend erforscht werden konnte. Es ist jedoch bekannt, dass junge Frauen und Kinder häufiger betroffen sind, während Männer einer Anti-NMDA-Enzephalitis nur selten zum Opfer fallen. Im Schnitt sind die Erkrankten 23 Jahre alt und Frauen und Mädchen machen 80 Prozent aller Betroffenen aus. Von den Erkrankten haben etwa 60 Prozent einen gutartigen Tumor (ein Teratom), meist am Eierstock. Damit ist ein Zusammenhang über eine Autoimmunreaktion wahrscheinlich, doch bei anderen Betroffenen liegt kein solcher Tumor vor.
Eine Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis kann lebensbedrohlich verlaufen. Die Patienten sind in einem vorangeschrittenen Krankheitsstadium vor allem von den folgenden Symptomen betroffen:
Zunächst einmal kündigt sich eine Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis mit Symptomen an, die vielmehr an eine Grippe erinnern. Dazu gehören die folgenden Anzeichen und Beschwerden:
Anschließend kommt es zu einem grotesken Verhalten, Angstzuständen und Wahnvorstellungen. Halluzinationen sind an der Tagesordnung, wenn die Krankheit weiter voranschreitet. Daher wird vielen Betroffenen zunächst eine psychiatrische Behandlung verschrieben. Bis epileptische Anfälle zum Problem werden und sich das Krankheitsbild weiter offenbart, dauert es oft einige Wochen. Dann kommt es zu den typischen Symptomen. Bei Kindern können sich Symptome bemerkbar machen, die einem Autismus entsprechen.
Während die genannten Symptome den Verdacht einer Anti-NMDA-Enzephalitis nahelegen können, gibt es einen verlässlichen diagnostischen Test, mit dem diese Krankheit nachgewiesen kann. Dazu muss die Hirnflüssigkeit auf die Antikörper hin untersucht werden. Die Flüssigkeit (Liquor) wird dazu im Bereich der unteren Lendenwirbelsäule entnommen. Diese Liquor-Entnahme aus dem Rückenmarkskanal (Lumbalpunktion) gilt als unbedenklich.
Bei einer Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis handelt es sich häufig um eine sehr schwere Krankheit von einer langen Dauer. Bleibende neurologische Schäden sind keine Seltenheit. Darüber hinaus kommt es oft zu Rückfällen. Gut 75 Prozent der Betroffenen schaffen es, sich von dieser schweren Gehirnentzündung zu erholen. Manche von ihnen sind im Anschluss von keinerlei neurologischen Schäden betroffen, andere haben geringe Probleme mit dem Nervensystem. Selbst bei einem schweren Verlauf ist ein guter Ausgang noch möglich. Dies setzt allerdings voraus, dass die Anti-NMDA-Rezeptor-Enzephalitis schnellstmöglich behandelt wird. Bei etwa 20 Prozent bleiben schwere Nervenschäden bestehen und circa vier Prozent der Erkrankten versterben an den Auswirkungen.
Die meisten Patienten mit der Erkrankung müssen lange auf einer Intensivstation liegen. Immuntherapien kommen bei der Behandlung einer Anti-NMDA-Enzephalitis meist zum Einsatz. Dieser Therapieansatz zielt darauf ab, den Angriff des Immunsystems auf das Gehirn zu unterbinden. Sogenannte Glucocorticoide finden zu diesem Zweck Verwendung (Behandlung mit Cortison). Eine intravenöse Immunglobulin-Gabe (Verabreichung von Antikörpern) kann notwendig sein, um der fehlgeleiteten Abwehrreaktion ein Ende zu bereiten. Bei einer Plasmapherese handelt es sich um eine der weiteren Therapieoptionen. Dabei werden die schädlichen Antikörper aus dem Blut entfernt. Anschließend wird ein entsprechender Antikörperersatz zugeführt.
Bei Patienten, die von einem schweren Krankheitsverlauf betroffen sind, haben sich die gängigen Standardtherapien oft als unzureichend herausgestellt. Daher kann das Medikament Bortezomib zusätzlich zum Einsatz kommen (dabei handelt es sich um ein Mittel, das bestimmte Zellen auslöscht, die Antikörper produzieren). Eine rasche Besserung konnte bei einem schweren Verlauf dieser Form der Gehirnentzündung bei der Verwendung von Bortezomib bereits nachgewiesen werden. Die Antikörper, die für die Gehirnentzündung verantwortlich sind, konnten so reduziert werden. Dies ist darauf zurückzuführen, dass das Medikament die Anzahl der Plasmazellen, die für die Produktion der Antikörper verantwortlich sind, reduziert. Somit nimmt die Anzahl der schadhaften Antikörper ab. Die Symptomatik verbessert sich entsprechend.
Im Verlauf müssen viele Betroffene verschiedene Funktionen des Alltagslebens wiedererlernen, die durch die Erkrankung beeinträchtigt wurden. Neben einer Physiotherapie, die die Bewegungsabläufe trainiert, können eine Logopädie zum Üben der Sprechfähigkeit und des Schluckvorgangs oder eine Ergotherapie zur Schulung von Wahrnehmung und geistigen Fähigkeiten angebracht sein.
aktualisiert am 11.01.2021