Ein Rektumprolaps bezeichnet einen Vorfall der Mastdarmschleimhaut aus dem After.
Der Mastdarmvorfall ist durch eine Schwäche des Beckenbodens und des Schließmuskels bedingt. Frauen sind wesentlich häufiger von der Erkrankung betroffen, vor allem nach mehreren Geburten.
Es werden mehrere Schweregrade unterschieden. Bei leichten Formen ist die Mastdarmwand lediglich innerhalb des Körpers hinuntergesackt, ohne aus dem Anus herauszuragen (innerer Prolaps). Bei der massivsten Form jedoch ist der ganze Mastdarm aus dem Anus getreten (kompletter Rektumprolaps). In schwereren Fällen zieht sich der Darm nicht wieder von alleine in das Körperinnere zurück und muss per Hand wieder hineingeschoben werden.
Beschwerden sind meist ein wenig produktiver Stuhlgang bei gleichzeitigem Dranggefühl sowie ein verstärkter Abgang von Schleim. Zudem kann der Befund nässen. Es entwickelt sich oftmals eine Inkontinenz sowie Schleimhautreizungen mit möglichen Geschwüren oder Blutungen. Im schlimmsten Fall kann sich durch die Minderdurchblutung bei Abklemmung der Gefäße eine Gangrän entwickeln.
Manchmal ist es schwierig, auf die Diagnose zu kommen, besonders bei geringgradigen Formen. Hinweise auf die Erkrankung ergeben sich durch die Anamnese (Patientenbefragung). Wichtig ist die Untersuchung des Afters mit den Fingern, ein mittelgradiger Vorfall zeigt sich oft, wenn der Patient in der Hocke presst. Des Weiteren kann eine Rektoskopie (Betrachtung des Mastdarms mit Hilfe eines rohrförmigen Instrumentes) durchgeführt werden, auch um eventuelle andere Erkrankungen erkennen zu können. Eine Defäkographie (Defäkogramm), bei der Röntgenaufnahmen während des Stuhlabgangs angefertigt werden, kann ebenfalls aufschlussreich sein.
Eine andere Art des Gewebevorfalls aus dem After heraus kann bei vergrößerten Hämorrhoiden auftreten: der Analprolaps. Anders als beim Rektumprolaps ist dabei nur die Schleimhaut und nicht die gesamte Darmwand vorgefallen. Unterscheiden kann man die beiden Formen meist an der Anordnung der Falten. Beim Analprolaps sind sie stern- beziehungsweise strahlenförmig angeordnet, beim Rektumprolaps ziehen sie kreisförmig um die Öffnung herum.
Auch bei einem Rektumkarzinom tritt oftmals Gewebe aus dem Anus hervor und es sollte daher ausgeschlossen werden.
Einfache Maßnahmen wie die Stuhlregulation und die Änderung der Ernährung können oft die Symptomatik verbessern. Auch eine Sklerosierung (Verödung) durch Injektion eines bestimmten Stoffes kann eine Linderung bringen.
Die Operation wird in Vollnarkose oder in Regionalanästhesie (Betäubung eines größeren Körperbereiches) vorgenommen.
Es bestehen unterschiedliche Vorgehensweisen zur Operation des Rektumprolaps. Der Eingriff kann über die Bauchhöhle oder vom After aus durchgeführt werden.
Falls die Operation durch die Bauchhöhle erfolgen soll, kann entweder ein Bauchschnitt (Laparotomie) oder eine Bauchspiegelung (Laparoskopie) erfolgen. Bei letzterer wird über einen kurzen Einschnitt am Bauchnabel ein optisches Gerät (Laparoskop) mit einer kleinen Videokamera eingeschoben. Um das Bauchgewölbe aufzuspannen und die Sicht zu verbessern, wird CO2-Gas eingeblasen. Benötigte Instrumente werden über weitere Einschnitte in den Bauchraum eingeführt. Auf einem Monitor sieht der Operateur in Echtzeit das Operationsgebiet.
Bei beiden Zugangsmöglichkeiten durch den Bauchraum wird der Mastdarm so fixiert, dass er nicht mehr heruntersacken kann. Dies geschieht durch Vernähung an das Kreuzbein (Rektopexie), gegebenenfalls auch mit Hilfe eines Kunststoffnetzes. Manchmal muss zur Straffung ein bestimmter Abschnitt des Dickdarms entfernt werden (Sigmaresektion).
Eine Drainage kann in den Bauchraum gelegt werden, um Wundflüssigkeit abzufangen, der Schlauch kann nach ein paar Tagen wieder gezogen werden.
Bei einer Operation vom After aus gibt es mehrere Möglichkeiten. Für eine präanale Resektion (nach Frykman-Goldberg, Altemeier) wird der herausgetretene Darm abgeschnitten. Es entstehen zwei Enden des Darms, die zurückgeschoben und wieder vernäht werden. Bei der Operation nach Rehn-Delorme dagegen wird die Darmschleimhaut von der Darmwand abgetrennt und der Mastdarm mit einem Zickzack-Muster gestrafft. Der Darm wird dann ebenfalls wieder in den Anus zurückgeschoben.
Bei Komplikationen kann es notwendig sein, das Verfahren der Bauchspiegelung in eine Operation durch Bauchschnitt zu ändern.
Benachbarte Organe oder anatomische Strukturen können bei der Operation verletzt werden. Dadurch kann es unter anderem zu Schließmuskelschädigungen, Blutungen und Nachblutungen kommen. Nervenbeschädigungen können unter anderem zu Funktionseinbußen der Harnblase führen. Wird die eventuelle Darmnaht undicht, so kann Darminhalt in die Bauchhöhle treten und dort eine möglicherweise lebensbedrohliche Bauchfellentzündung (Peritonitis) verursachen. Verwachsungen im Bauchraum können entstehen. Auch kann die Gewebenarbe schrumpfen und dadurch Probleme bereiten. Stuhlveränderungen können sich einstellen. Des Weiteren kann es zu überschießender Narbenbildung sowie zu Allergien kommen.
Hinweis: Dieser Abschnitt kann nur einen kurzen Abriss über die gängigsten Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Gespräch mit dem Arzt kann hierdurch nicht ersetzt werden.
Meist besteht nach dem Eingriff eine erheblich verbesserte Situation. Allerdings kann die Gewebeschwäche und die Erschlaffung des Schließmuskels an sich nicht behoben werden.
Gegebenenfalls müssen Medikamente, die die Blutgerinnung herabsetzen, beispielsweise Marcumar® oder Aspirin®, weggelassen werden. Dies wird mit dem behandelnden Arzt besprochen.
Vor dem Eingriff muss der Darm gereinigt werden. Dazu können abführende Medikamente, Einläufe oder das Trinken einer größeren Menge einer Spülflüssigkeit dienen.
Der Kostaufbau nach der Operation erfolgt allmählich, eventuell muss der Patient einige Zeit nüchtern bleiben. Meist beginnt der Darm von selbst wieder mit Bewegungen. Während der ersten Wochen sollten keine stark blähenden Nahrungsmittel verzehrt werden.
Ergeben sich Auffälligkeiten, die Zeichen von Komplikationen sein können, beispielsweise Fieber, so sollte möglichst rasch der Arzt kontaktiert werden.
Auf das Stuhlverhalten und die Ernährung sollte nach einer Rektumprolaps-Operation dauerhaft vermehrt geachtet werden. Es sollte genügend Flüssigkeit aufgenommen werden, und die Nahrung sollte viele Ballaststoffe enthalten. Manchmal lässt sich das Gewebe durch ein spezielles Training verstärken.
aktualisiert am 16.11.2023