Gesunde Zähne sind sowohl aus medizinischer als auch kosmetischer Sicht ein erstrebenswerter Zustand. Der Zahnarzt versucht in erster Linie, einen geschädigten Zahn zu erhalten. In manchen Fällen ist das Ziehen des Zahnes jedoch unausweichlich. Einer Extraktion, wie die Entfernung eines Zahnes in der medizinischen Fachsprache heißt, geht häufig eine Entzündung des Zahnes oder des Zahnhalteapparates voraus.
Der Zahn steckt mit seiner Wurzel im Zahnfach, der sogenannten Alveole. Bindegewebsfasern (Sharpey-Fasern) verbinden den Zahnzement mit dem Zahnfach. Bei einem gesunden Zahnhalteapparat liegt das Zahnfleisch eng am Zahn an und sorgt für dessen Verankerung. Zudem dient es dem Schutz des Kieferknochens und der Zahnwurzel vor bakteriellen Infektionen. Das Zahnfleisch ist Teil der Mundschleimhaut und im Bereich der Zähne mit dem darunterliegenden Kieferknochen fest verbunden. Eine Schädigung des Kieferknochens hat daher eine unmittelbare Auswirkung auf das Zahnfleisch. Häufig tritt nach der Entfernung eines Zahnes ein Zahnfleischrückgang auf.
Muss ein Zahn entfernt werden, wird zuerst das Zahnfleisch vorsichtig vom Zahn gelöst. Durch Dreh- oder Ziehbewegungen wird dieser anschließend gelockert, bevor er mit einer speziellen Zange aus der Alveole herausgezogen werden kann. Der gezogene Zahn wird nun auf Vollständigkeit geprüft und die Wunde mit einem scharfen Löffel gereinigt. Dies geschieht bei einer bestehenden Infektion des Zahnes sowie auch zur Vorbeugung einer Infektion der Wunde. In der Mundhöhle befindet sich eine Vielzahl von Keimen, welche diese vorübergehend oder dauernd besiedeln. Bakterien bilden eine wichtige Grundlage für unsere Zahngesundheit. Manche Bakterien sind indes die Ursache für Entzündungen der Zähne und des Zahnfleisches.
Umgangssprachlich wird der Rückgang des Zahnfleisches mit dem Wort Parodontose beschrieben. In den meisten Fällen sind Bakterien an der Entzündung des Zahnfleisches beteiligt, sodass von einer Parodontitis gesprochen wird. Bei der Parodontitis handelt es sich jedoch nicht um den durch Keime verursachten Schwund des Zahnhalteapparates. Mechanische Einflüsse beim Zähneputzen oder zahnmedizinische Eingriffe wie eine Zahnextraktion können ebenfalls einen Zahnfleischschwund hervorrufen.
Vielfach verläuft ein Zahnfleischschwund schmerzlos. Zahnfleischbluten stellt indes ein erstes Anzeichen für eine Entzündung dar. Ist der Zahn noch vorhanden, lässt sich die Parodontitis leicht an freiliegenden Zahnhälsen und Wurzelanteilen erkennen. Schmerzen durch äußere Reize wie Kälte, Berührung beim Zähneputzen sowie eine übermäßige Empfindlichkeit gegenüber Süßem und Saurem deuten ebenfalls auf den Schwund des Zahnfleisches hin.
Nach dem Ziehen eines Zahnes ist eines der am häufigsten beobachteten Anzeichen das Anschwellen der Mundschleimhaut und des Zahnfleisches. Dieser Zustand ist in den meisten Fällen nach wenigen Tagen wieder verschwunden. Nicht behandelte Schwellungen können Zahnfleischschwund verursachen. Dies erleichtert wiederum das Eindringen von Bakterien in die bestehende Extraktionswunde.
Solche Entzündungsprozesse führen unter Umständen zu einem fortschreitenden Abbau des Kieferknochens. In diesem fortgeschrittenen Stadium der Parodontitis kann sich das Zahnfleisch nicht mehr neu bilden. Es ist daher wichtig, auf mögliche Anzeichen einer beginnenden Entzündung und Schädigung des Zahnfleisches um die entstandene Zahnlücke zu achten.
Nikotin, Alkohol oder eine unzureichende Mundhygiene wirken sich nachteilig auf die Zusammensetzung der Mundflora aus. Gleichermaßen können kieferorthopädische Behandlungen und das Ziehen eines Zahnes für das Wachstum schädlicher Mundbakterien verantwortlich sein. Bestimmte Erkrankungen wie Diabetes mellitus oder Krebs stören unser Immunsystem und bewirken somit ebenfalls die Vermehrung krankmachender Keime im Mund. Für eine Entzündung des Zahnfleisches ist das Vorhandensein von Bakterien eine entscheidende Grundlage. Nach einer Zahnextraktion ist das Zahnfleisch vorgeschädigt und kann leicht durch Keime angegriffen werden. Nicht selten sind von einer Parodontitis ebenso die Nachbarzähne betroffen.
Zähne sind mit dem Kieferknochen durch die Sharpey-Fasern verbunden. Diese Verbindung ist keineswegs starr, sondern ermöglicht es den Zähnen, beweglich zu sein und starken Druck, beispielsweise durch das Kauen, abzufedern. Andererseits wird durch Kaubewegungen der Kieferknochen zur ständigen Regeneration angeregt. Fehlt der Zahn, erfolgt in den ersten Wochen nach dem Ziehen ein verstärkter Um- und Abbau des Kieferknochens. Gleichzeitig kommt es im Gebiet der betroffenen Zahntasche zu einem Rückgang des Zahnfleisches. Je stärker der Kieferknochen geschädigt ist, desto weniger kann der ursprüngliche Zustand wiederhergestellt werden. Nach circa drei Monaten ist der Umbau im Bereich der Wunde abgeschlossen, sodass sich neues Zahnfleisch bilden kann.
Nahezu jeder Patient ist nach einer Zahnextraktion von einem Rückgang des Zahnfleisches betroffen. Heilt die Wunde ohne weitere Komplikationen, bildet sich um die entstandene Lücke neues Zahnfleischgewebe. Ob die Heilung einer Wunde nach einer Zahnextraktion sich selbst überlassen wird oder ein Knochenaufbau erfolgen soll, hängt von der Art des angedachten Lückenschlusses ab (Zahnimplantat, Brücke, Prothese).
Der regelmäßige Besuch beim Zahnarzt ist ein wesentlicher Beitrag zum Erhalt des Zahnfleisches. In selbem Maße ist eine gute Mundhygiene wichtig, um einer Parodontitis vorzubeugen.
Da das Zahnfleisch durch die Extraktion des Zahnes geschädigt ist, können Bakterien leicht in die Wunde eindringen und zu einer Entzündung führen. Die Grundlage einer guten Mundhygiene ist die Zahnbürste. Ein besonderes Augenmerk muss dabei auf die richtige Zahnputztechnik und eine passende Zahnbürste gelegt werden. Empfohlen wird, die Zähne beginnend beim Zahnfleisch Richtung Zahnkrone zu bürsten (Fegetechnik). Nach dem Ziehen eines Zahnes ist es wichtig, den Bereich um die Wunde nur sehr vorsichtig zu reinigen. Mundspülungen sollen direkt im Anschluss an eine Zahnextraktion vermieden werden. Sie können den wichtigen Wundverschluss (Koagel) lösen und somit eine bakterielle Verunreinigung fördern. Harte Borsten oder zu starker Druck beim Putzen und vor allem elektrische Zahnbürsten können dazu führen, dass das Zahnfleisch weiter geschädigt wird. Durch eine falsche Technik können Bakterien in das verletzte Zahnfleisch „hineingeputzt“ werden. Der Zahnarzt kann hier beratend zur Seite stehen.
Liegt die Ursache des Zahnfleischrückgangs in einer bakteriellen Infektion, kann dies rasch das Zahnfleisch der Nachbarzähne in Mitleidenschaft ziehen, insbesondere dann, wenn diese durch die Extraktion ebenfalls zu Schaden gekommen sind. Zahnfärbetabletten können dann dazu beitragen, eine bakterielle Besiedelung rechtzeitig zu erkennen.
Von einer Behandlung durch den Zahnarzt kann bei einem leichten Zahnfleischrückgang (Rezession) abgesehen werden. Hier helfen meist Zahncremes, welche der Überempfindlichkeit entgegenwirken. Ebenfalls kann eine professionelle Reinigung des Zahnhalteapparates helfen, einem weiteren Rückgang entgegenzuwirken.
Genügt allein die Beseitigung von entzündetem Gewebe nicht, sollte versucht werden, das Zahnfleisch chirurgisch wieder aufzubauen.
Bei einem ausgeprägten Rückgang von Zahnfleisch besteht die Möglichkeit, dies durch ein Verschieben angrenzender Zahnfleischareale auszugleichen. Bei dieser sogenannten Verschiebelappentechnik wird Gewebe aus einem benachbarten Areal über das zurückgegangene Zahnfleisch verschoben.
Eine weitere Möglichkeit zur Wiederherstellung von Zahnfleisch besteht in der Zahnfleischtransplantation. Hierfür wird Gewebe, meist aus dem Gaumen, an die freiliegende Stelle angenäht oder mit einem speziellen Kleber angebracht. Das neue Zahnfleisch wächst dann in der Regel problemlos ein.
Nach der Abheilung der Extraktionswunde können Hausmittel angewendet werden, welche eine gefäßzusammenziehende (adstringierende) und entzündungshemmende Eigenschaft besitzen. Salbeitee oder Teebaumöl (ausreichend verdünnt) werden als ebenso hilfreich beschrieben wie das aus dem Ayurveda stammende Ölziehen. Auch dem Bienenharz Propolis wird in der alternativen Zahnmedizin eine Wirksamkeit bei der Behandlung von Zahnfleischentzündungen zugeschrieben.
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aktualisiert am 12.04.2021