Der Erhalt eines Zahnes steht nach moderner zahnmedizinischer Auffassung an oberster Stelle. Doch kann ein kranker Zahn nicht in jedem Fall gerettet werden. Im Alter muss der teilweise Verlust der Zähne als normal angesehen werden. Auch in jüngeren Jahren können Zähne durch Karies oder Parodontitis derart geschädigt sein, dass eine Zahnentfernung (Extraktion) notwendig wird.
Kaum ist die Angst vor dem Zahnziehen überstanden, stellt sich die Frage, wie mit der vorhandenen Zahnlücke weiter verfahren werden soll. Ein fehlender Zahn bedeutet für den Patienten auf vielfache Weise den Verlust an Lebensqualität. Ästhetische und vor allem funktionale Gründe sprechen für einen raschen Verschluss der Lücke im Gebiss. Das kann, je nach Voraussetzungen, mit einer Brücke oder einem Implantat erfolgen. Ob der Wunsch nach einem schnellen Lückenschluss erfüllt werden kann, ist vom Zustand der Kieferknochen und des Gebisses sowie auch von der Verträglichkeit, den Kosten und der Haltbarkeit abhängig. Nach der Entfernung eines Zahnes sind hierbei eine Reihe von Faktoren zu beachten.
Die Gründe, einen bleibenden Zahn zu ziehen, liegen nicht selten in einer tiefen Karies, welche bereits den Zahnnerv erreicht hat. Am häufigsten muss ein Zahn indes bei einer fortgeschrittenen Parodontitis entfernt werden. Dabei handelt es sich um eine entzündliche Erkrankung, die den Zahnhalteapparat schädigt. Wird ein Rückgang der Kieferknochensubstanz festgestellt, ist das Ziehen des Zahnes mitunter nicht zu umgehen. Ähnliches gilt, wenn ein Zahn durch einen Unfall stark geschädigt wurde und der Erhalt im Gesunden nicht gewährleistet werden kann.
Der Heilungsprozess nach einer Zahnextraktion wird heute üblicherweise durch eine offene Wundheilung sichergestellt. Dabei füllt sich unmittelbar nach der Entfernung die Zahntasche (Alveole) mit Blut. Dieses gerinnt zu einem Blutpfropf, welcher dem Eindringen von Bakterien und somit einer Entzündung vorbeugt. Im weiteren Verlauf bildet sich sogenanntes Granulationsgewebe, bis nach drei bis vier Monaten der Umbau vollzogen ist und reifer Knochen entstanden ist.
Während der Zahnersatz bei einer Brücke auf zwei benachbarten Zähnen befestigt ist, besitzen Zahnimplantate eine künstliche Zahnwurzel. Im allgemeinen Sprachgebrauch hat sich der Begriff eines Zahnimplantates für die künstliche Wurzel und den eigentlichen Ersatzzahn etabliert. Zahnmedizinisch wird indes zwischen dem Implantat und der zahnprothetischen Versorgung unterschieden. Unter einem Zahnimplantat wird eine im Kieferknochen fest verankerte Schraube verstanden, welche im weiteren Verlauf den eigentlichen Zahnersatz trägt.
Für einen optimalen Behandlungserfolg bedarf es der eingehenden Planung aller erforderlichen Maßnahmen und der Bereitstellung entsprechender Materialien. Neben dem Zahnimplantologen und dem Zahnarzt sind auch die Zahntechniker an der Anfertigung der künstlichen Zahnkrone beteiligt.
Hat sich der Patient dafür entschieden, ein Zahnimplantat einsetzen zu lassen, kommen im Wesentlichen zwei Szenarien zum Einsatz. Die klassische Variante sieht eine Wartezeit von drei bis vier Monaten nach der Extraktion vor. Hingegen kann bei der Sofortimplantation mit dem Einsetzen des Implantats noch in der gleichen Behandlungssitzung begonnen werden.
Vor allem in der sogenannten ästhetischen Zone der Frontzähne ist eine stabile und schnelle Versorgung mit einem Zahnersatz erstrebenswert. Gerade in diesem Bereich kann die Sofortimplantation heute höchsten medizinischen und ästhetischen Ansprüchen gerecht werden. Eine spontane Wundheilung ohne Wundheilungsstörung führt in der Regel zu einer guten Knochensubstanz, welche dem Implantat genügend Halt bietet. Ist diese wichtige Voraussetzung nicht gegeben, sollte von einer Sofortimplantation Abstand genommen werden.
Ursächlich für den Schwund des Kieferknochens sind vielfach Karies oder Parodontitis, welche nicht rechtzeitig behandelt wurden. Zudem kann eine solche Osteolyse durch eine über längere Zeit nicht geschlossene Lücke im Gebiss entstehen. Die Knochensubstanz im Kiefer wird durch den andauernden Druck der Zähne beim Kauen und Beißen aufrechterhalten. Fehlt dieser Reiz nach einer Zahnextraktion, bildet sich etwa ab dem vierten Monat der Kieferknochen an dieser Stelle zurück (Bone Remodeling).
Der Zeitpunkt der Implantation richtet sich somit nach den individuellen Gegebenheiten. Ästhetische Gründe geben oft den Anlass, bei einem Verlust eines Frontzahnes der Sofortimplantation den Vorzug zu geben. Sollte dies nicht möglich sein, kann der Zahnarzt auf knochenerhaltende Maßnahmen wie die Socket Preservation (ein Verfahren zum Aufbau von Knochen) zugreifen. Für den Knochenaufbau kann heute eigener Knochen des Patienten verwendet werden. Dieser wird hierfür zerkleinert, mit Ersatzmaterialien vermengt und in die Alveole (Zahnfach) eingebracht. Auf diese Weise wird erreicht, dass sich der Kieferknochen dort langsamer oder nicht abbaut. Zum Ausgleich größerer Knochendefekte besteht die Möglichkeit, Knochengewebe beispielsweise aus dem Beckenkamm zu entnehmen.
Weiterhin kann durch die mechanische Krafteinwirkung beim Ziehen des Zahnes die vordere, zu den Lippen zeigende Lamelle des Kieferknochens (vestibuläre Lamelle) geschädigt werden. Wenn dies passiert, ist ebenfalls durch den gezielten Knochenaufbau eine Zahnimplantation machbar.
Mit einer vollständigen Heilung und der damit verbundenen Möglichkeit, mit der Zahnimplantation zu beginnen, ist nach einem Knochenaufbau erst nach sechs bis neun Monaten zu rechnen.
Wann nach einer Zahnentfernung eine Zahnimplantation durchgeführt werden kann, hängt nicht nur vom Zustand der Knochensubstanz ab, sondern auch von dem Grund, weshalb der Zahn gezogen werden musste.
Karies oder Parodontitis sind vielfach die Ursache für eine Entzündung der Zahnwurzel. Bemerkbar macht sich dies durch pochende Schmerzen und mitunter auch einen unangenehmen Geruch im Mund. In diesem Fall ist meist Eiter vorhanden, der aufgrund einer bakteriellen Infektion entstanden ist. Wird eine Wurzelbehandlung oder eine Entfernung der Wurzelspitze (Wurzelspitzenresektion) hier vom Zahnarzt als nicht zielführend bewertet, muss der Zahn gezogen werden. Eine vorausgegangene Wurzelspitzenentzündung steht einem Zahnimplantat indes nicht im Wege. Doch werden Implantate von den meisten Zahnärzten erst gesetzt, wenn eine vorhandene Entzündung ausgeheilt ist. Verbleiben Bakterien in der Wunde, geht der Zahnarzt das Risiko ein, dass das Implantat verloren geht. Bei einer akuten eitrigen Entzündung wird eine Sofortimplantation durchwegs nicht empfohlen.
Eine Entzündung kann sich auch im Anschluss an die Zahnextraktion entwickeln. Eine solche Wundheilungsstörung kommt mit drei bis vier Prozent selten vor. Sie kann jedoch zu schwerwiegenden Folgen wie einer trockenen Entzündung des Zahnfaches (alveoläre Ostitis, trockene Alveole) oder eitrigen Entzündungsherden führen. Dies kann den Abbau des Knochens nach sich ziehen. Bleibt die Entzündung unentdeckt und wird das Implantat eingesetzt, kann dies den Verlust des Implantates bedeuten.
Verläuft die Wundheilung nach dem Zahnziehen ohne Komplikationen und ist eine Entzündung, vorwiegend durch Bakterien, ausgeschlossen, kann mit dem Einsetzen der Implantatschraube begonnen werden. Allerdings lauert jetzt die Gefahr einer bakteriellen Besiedelung an der Oberfläche des Implantats. Eine mögliche Entzündung in der Umgebung des Implantats (Periimplantitis) muss durchaus ernst genommen werden. Sie führt zu einem stetigen Knochenrückgang und verursacht letztlich die Lockerung des Implantats. Der wesentliche Grund einer Periimplantitis ist in einer mangelhaften Mundhygiene zu sehen. Auf die Implantatschraube wird ein sogenanntes Abutment gesetzt, welches als Verbindungselement zwischen künstlicher Zahnwurzel und künstlicher Zahnkrone dient. Bakterien, wie sie bei Zahnbelag (Plaque) auf den Zähnen häufig zu finden sind, können gleichermaßen die Oberflächen des Abutments besiedeln. Zur Vermeidung von Entzündungen um das Implantat ist daher eine regelmäßige und gründliche Reinigung wesentlich.
Regelmäßiger Nikotinkonsum besitzt neben anderen die Wundheilung störenden Faktoren auch eine entzündungsfördernde Wirkung. Vor einer geplanten Implantation sollte daher für wenigstens vier Wochen auf den Konsum nikotinhaltiger Substanzen verzichtet werden.
Die endgültige Belastbarkeit und gewohnte Ästhetik werden mit dem Aufsetzen der künstlichen Zahnkrone (Implantat-Prothetik) erreicht. Wann dieses Ziel möglich ist, ist abhängig von der Stabilität der Implantationsschraube im Kieferknochen. Üblicherweise dauert die Einheilung beim Oberkiefer vier bis sechs Monate, beim Unterkiefer können etwa zwei Monate weniger veranschlagt werden.
GZFA (Gesellschaft für Zahngesundheit und Ästhetik) – Zahnimplantat: Das Implantat als Zahnersatz: https://www.gzfa.de/diagnostik-therapie/implantologie/zahnimplantate/ (online, letzte Abruf: 31.05.2021)
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ZMK (Zahnheilkunde-Management-Kultur), Dr. Michael Korsch; Dr. Sina Körbs – Was tun bei Verlust der vestibulären Lamelle nach Implantation?: https://www.zmk-aktuell.de/fachgebiete/implantologie/story/was-tun-bei-verlust-der-vestibulaeren-lamelle-nach-implantation__740.html (online, letzte Abruf: 31.05.2021)
implantate.com – Wann brauche ich einen Knochenaufbau für Zahnimplantate?...und wie funktioniert er?: https://www.implantate.com/knochenaufbau-des-kiefers-fuer-zahnimplantate.html (online, letzte Abruf: 31.05.2021)
ECDI (European Centres for Dental Implantology), Dr. med. Dr. med. dent. Thomas Müller-Hotop, M.Sc – Zahnimplantat Entzündung?: https://ecdi.de/ratgeber/zahnimplantat-entzuendung/ (online, letzte Abruf: 31.05.2021)
Lungenärzte im Netz – Rauchen verschlechtert die Wundheilung nach operativen Eingriffen: https://www.lungenaerzte-im-netz.de/news-archiv/meldung/article/rauchen-verschlechtert-die-wundheilung-nach-operativen-eingriffen/ (online, letzte Abruf: 31.05.2021)
GZFA (Gesellschaft für Zahngesundheit und Ästhetik) – Einheilung von Zahnimplantaten: https://www.gzfa.de/diagnostik-therapie/implantologie/zahnimplantate-behandlung/einheilung/ (online, letzte Abruf: 31.05.2021)
aktualisiert am 31.05.2021