Mit dem Ziehen des Zahnes ist die Angst vor dem Zahnarztbesuch meist überstanden und die Schmerzen sind verschwunden. In den folgenden Tagen erfordert die Nachsorge vom Patienten die Einhaltung einiger Vorsichtsmaßnahmen, um den Prozess der Heilung rasch und ohne Komplikationen zu überstehen. Dies ist unter anderem auch deshalb wichtig, damit die anschließende Versorgung mit einer Brücke oder einem Implantat erfolgreich verlaufen kann.
Allein in Deutschland werden jedes Jahr mehrere Millionen Zähne gezogen. Sieht man von der Entfernung der Weisheitszähne ab, kommt es lediglich bei ein bis drei Prozent zu Komplikationen nach der Behandlung. Dies spricht für die Qualität der Zahnärzte, zeigt aber auch auf, wie gewissenhaft die meisten Patienten mit der Nachsorge umgehen.
Die größten Risiken nach erfolgter Zahnentfernung (Zahnextraktion) bestehen, abgesehen von Schmerzen und Schwellungen, vor allem in einer Störung der Wundheilung. Für eine gute Zusammenarbeit von Zahnarzt und Patient (sogenannte Compliance) und für die richtige Nachsorge kann das Verständnis für den Ablauf der Behandlung von Bedeutung sein.
Vor Beginn der Behandlung wird der Bereich um den erkrankten Zahn örtlich betäubt. Der Patient verspürt keine Schmerzen mehr, allerdings sind die Zunge und Lippe bisweilen von einem Taubheitsgefühl betroffen. Nachdem das Zahnfleisch vom Zahn entfernt wurde, greift der Zahnarzt den Zahn mit einer speziellen Zange und löst diesen unter schaukelnden Bewegungen aus der Zahntasche (Alveole). Im Anschluss wird die Wunde gereinigt und ein Aufbisstupfer aufgelegt. Der Heilungsprozess erfolgt in einer sogenannten offenen Wundheilung. Hierbei soll sich die Alveole mit Blut füllen. Dieses gerinnt schon kurz nach dem Ziehen zu einem Blutkoagel, welches die Wunde vor Infektionen schützt und die Grundlage für das neu entstehende Gewebe darstellt. Von nun an kommt dem Patienten eine wesentliche Rolle bei der Wundheilung zu.
Wird die Nachsorge gewissenhaft und nach den Vorgaben des Zahnarztes durchgeführt, kann eine Reihe möglicher Komplikationen vermieden werden. Eine umfassende Nachsorge beginnt bereits im Vorfeld der Zahnextraktion. Hier sollten dem Arzt bekannte Vorerkrankungen sowie die Einnahme von Medikamenten mitgeteilt werden. Zudem ist es empfehlenswert, einige Tage vor einer geplanten Zahnextraktion auf das Rauchen zu verzichten. Ist eine Vollnarkose angedacht, sind Patienten im Anschluss an den Eingriff fahruntüchtig und sollten sich vorab um eine Fahrmöglichkeit nach Hause bemühen.
Die Dauer der Nachsorge nach dem Ziehen eines Zahnes ist abhängig von möglichen Komplikationen während und im Anschluss an die Behandlung.
Das Blutkoagel bildet die Grundlage für einen reibungslosen Heilungsprozess. Die primäre Aufgabe der Nachsorge ist, das Blutkoagel in der Wunde nicht zu verlieren.
Mundspülungen werden häufig als Vorbeugung gegen eine bakterielle Besiedelung des Zahnes (Plaques) verwendet und sind in vielen Haushalten zu finden. Nach dem Ziehen eines Zahnes sollte der Mund allerdings nicht gespült werden. In den ersten Stunden nach dem Eingriff sind ein rotbrauner bis grauer Belag auf der Wunde sowie ein unangenehmer Geschmack nach Blut normal. Hier handelt es sich weder um Bakterien noch liegt eine Nachblutung vor, sodass keine Notwendigkeit für eine Mundspülung vorliegt. Das Gegenteil ist der Fall: Durch die mechanische Einwirkung der Spülflüssigkeit beim Gurgeln kann sich das noch frische Koagel leicht lösen. Dies trifft ebenso für gebräuchliche medizinisch wirksame Mundspülungen mit dem Wirkstoff Chlorhexidin zu. Die Wirksamkeit von Chlorhexidin in Gelform als vorbeugende Maßnahme einer Entzündung am knöchernen Zahnfach (alveoläre Ostitis) scheint indes belegt. Vor allem nach der Extraktion von Weisheitszähnen kann in Absprache mit dem Zahnarzt die Verwendung von Chlorhexidin als Gel sinnvoll erscheinen.
Löst sich das Koagel, kann es zu einem erneutem Einbluten in das Zahnfach (Alveole) kommen. Dieser Effekt wäre positiv zu bewerten, wahrscheinlicher indes ist, dass kein Blut mehr in die erneut offene Alveole einsickert. Es kommt zum Zustand einer trockenen Alveole. Mundgeruch und mitunter starke Schmerzen sind typische Begleiter dieser Dolor post extractionem genannten häufigen Komplikation nach einer Zahnentfernung.
Nach 48 Stunden darf der Mund nach Absprache wieder vorsichtig gespült werden. Vorsichtig soll heißen, die Flüssigkeit nicht gurgeln, sondern lediglich für 20 Sekunden im Mundraum durch leichte Kopfbewegungen hin und her bewegen. Am besten eignet sich eine lauwarme physiologische Kochsalzlösung. Diese ist in Apotheken als fertiges Produkt erhältlich, kann jedoch selbst hergestellt werden (9 Gramm Kochsalz auf einen Liter abgekochtes Wasser). Möglich sind zudem Aufgüsse mit desinfizierend wirkenden Kräutern wie Kamille, Salbei oder Ringelblume. Auch Thymian und Pfefferminze besitzen eine solche Eigenschaft. Der Aufguss sollte bis zu einer halben Stunde ziehen und gefiltert werden. Wichtig ist, darauf zu achten, dass die Spüllösung abgekühlt ist.
Wer lieber zu Produkten aus der Apotheke greift, sollte vorab seinen Zahnarzt fragen. Vielfach enthalten solche Mundspülungen den Wirkstoff Chlorhexidin und Fluor. Da Kinder die Spüllösung verschlucken könnten, sollte bei ihnen auf fluorhaltige Mittel verzichtet werden. Chlorhexidin hingegen wird von der Magen- und Darmschleimhaut nur geringfügig aufgenommen. Eine Alternative könnte die Substanz Cetylpyridiniumchlorid darstellen. Diese Verbindung wird in Form von antiseptischen Mundspülungen und Sprays angeboten.
Mundhygiene ist auch im Anschluss an eine Zahnextraktion sehr wichtig. Die Zähne können mit der Bürste geputzt werden. Doch ist beim anschließenden Ausspülen des Mundes Vorsicht geboten. Zudem sollte für einige Zeit der Bereich um die Wunde beim Putzen ausgelassen werden. Zahnbürsten mit harten Borsten sowie elektrische Zahnbürsten bilden für das Blutkoagel ebenso eine Gefahr. Nicht zuletzt sei darauf hingewiesen, dass ein vielfach in Zahncremes enthaltener Schaumbildner (Natriumlaurylsulfat) die Wirkung von Chlorhexidin aufhebt.
Sport stärkt unser Immunsystem und hilft beim Abbau von Stress. Beide Faktoren würden daher für eine sportliche Betätigung sprechen. Unser Körper weiß indes, wie er Wunden schont. Schwellungen und Schmerzen sorgen in der Regel dafür, eine weitere Überanstrengung zu vermeiden, und schützen die verletzte Stelle somit vor einer Nachblutung und Infektionen.
Eine generelle Empfehlung, wann Sport nach dem Ziehen eines Zahnes wieder erlaubt ist, kann nicht gegeben werden. Wesentliche Faktoren sind die Größe der Wunde, der individuelle Heilungsverlauf und die Art des Sports. Inwieweit sportliche Betätigung möglich ist, sollte mit dem Zahnarzt geklärt werden.
Sport, bei welchem der Kopf möglichen körperlichen Belastungen ausgesetzt ist, beispielsweise Fußball, sollte für wenigstens 14 Tage vermieden werden. Gleiches gilt für extreme Anstrengungen, wie sie bei Ausdauersportarten auftreten. Das trifft gleichermaßen für Belastungen zu, welche durch Hitze, wie Sauna oder Sonnenbaden, entstehen. Beides führt zu einer gesteigerten Durchblutung, welches das Risiko einer Nachblutung erhöht.
Regelmäßiges Schwimmen wirkt sich auf eine Vielzahl von Erkrankungen positiv aus. Offene Wunden sind jedoch eine ideale Eintrittspforte für Mikroorganismen. Insbesondere auf das Baden in öffentlichen Einrichtungen und Seen sollte daher verzichtet werden, solange die Wunde nicht verschlossen ist. Nach einer unkomplizierten Zahnextraktion ist dies nach ein bis zwei Wochen zu erwarten. Bei größeren chirurgischen Eingriffen, wie der Operation der Weisheitszähne, kann sich die Wundheilung bis zu sechs Wochen hinauszögern. Die Hintergrund für diese Empfehlung liegt in der Belastung der Gewässer mit Keimen, welche zu Infektionen führen können. Gerade Kinder neigen dazu, beim Schwimmen und Plantschen Wasser zu schlucken.
Sport vermindert Stress, kann jedoch auch selbst der Auslöser für die Ausschüttung von Stresshormonen sein. Stressabbau durch Sport funktioniert vor allem, indem wir uns regelmäßig körperlich bewegen. Bei starken körperlichen Anstrengungen indes wird das Stresshormon Adrenalin ausgeschüttet, um das Reaktionsvermögen und die Bewegungsabläufe effizient zu gestalten. Hierfür wird eine Reihe körperlicher Vorgänge wie die Erhöhung des Blutzuckerspiegels und ein Anstieg des Blutdrucks aktiviert. Die Folge kann ein Nachbluten der Wunde sein, wodurch sich das bestehende Koagel wieder lösen kann.
PubMed.gov, Amare Teshome – The efficacy of chlorhexidine gel in the prevention of alveolar osteitis after mandibular third molar extraction: a systematic review and meta-analysis: https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/28526078/ (online, letzter Abruf: 06.07.2021)
Dr-Gumpert.de – Chlorhexamed® forte: https://www.dr-gumpert.de/html/chlorhexamed_forte.html (online, letzter Abruf: 06.07.2021)
ZMK (Zahnheilkunde, Management, Kultur), Dr. Volker Scholz – Parodontitis: Wechselwirkung von Chlorhexidin und Schaumbildner in Zahnpasten beachten: https://www.zmk-aktuell.de/fachgebiete/parodontologie/story/parodontitis-wechselwirkung-von-chlorhexidin-und-schaumbildner-in-zahnpasten-beachten__108.html (online, letzter Abruf: 06.07.2021)
aktualisiert am 06.07.2021