Wenn das Ziehen eines Zahnes ansteht, stellt sich die Frage, wie lange im Anschluss mit einer Beeinträchtigung zu rechnen ist. Dabei muss nicht nur die Wunde verheilen, sondern meist steht auch der Lückenschluss noch aus.
Nach einer unproblematischen Entfernung eines Zahnes ist innerhalb weniger Tage eine weitgehend ungehinderte Nahrungsaufnahme möglich. Die abschließende Wundheilung dauert jedoch wesentlich länger und ist auch für die Wiederherstellung eines funktionsfähigen Gebisses durch eine Brücke oder Implantat entscheidend. Die Wundheilung wird von unterschiedlichen Faktoren beeinflusst, sodass eine für alle Patienten gleichermaßen gültige Heilungsdauer nicht anzugeben ist.
Bei einer normalen Wundheilung füllt sich die leere Zahntasche (Alveole) binnen weniger Minuten mit Blut, welches zu einem Koagel gerinnt. Dieser Blutpfropf verschließt die Wunde und schützt sie auf diese Weise vor dem Eindringen von Krankheitserregern. Nach drei bis vier Tagen kommt es zur Bildung von sogenanntem Granulationsgewebe, wodurch die Gefahr des Nachblutens im Wesentlichen gebannt ist. Dieser Vorgang ist nach circa einer Woche abgeschlossen und bildet die Voraussetzung für einen dauerhaften Heilungsprozess. Parallel beginnt die Mundschleimhaut zu heilen. Innerhalb der folgenden drei Wochen bildet sich aus dem ehemaligem Koagel Bindegewebe, welches sich nach etwa zwei bis drei Monaten im entsprechenden Bereich in reifen Knochen verwandelt. Bis der Umbau des Knochengewebes vollständig abgeschlossen ist, kann es allerdings insgesamt ein bis zwei Jahre dauern.
Bei guter Heilung kann spätestens einige Monate nach dem Ziehen des Zahnes ein Implantat gesetzt werden. Dies ist abhängig davon, ob eine Sofortimplantation, Frühimplantation oder Spätimplantation durchgeführt werden soll.
Im Verlaufe unseres Lebens erleben wir vielfach, wie unkompliziert vor allem kleinere Wunden heilen können. Der komplexe Heilungsverlauf birgt dennoch eine große Anzahl möglicher Risikofaktoren.
Für die Zeit vor und unmittelbar nach der Extraktion eines Zahnes sollten die Anweisungen des Zahnarztes befolgt werden. Dies gilt insbesondere für die Nahrungsaufnahme, das Rauchen sowie die Mundhygiene. Andere Faktoren wie eine erschwerte Wundheilung lassen sich vom Patienten meist nicht beeinflussen.
Wird der Blutpfropf (Koagel) im Zahnfach entfernt oder löst er sich, ist eine Verzögerung der Wundheilung wahrscheinlich. Vorzeitiges Essen kann den Blutpfropf mechanisch durch harte oder kantige Nahrungsbestandteile lösen. Krankheitserreger, die dann in die offene Wunde gelangen, sind imstande, ernste Infektionen auszulösen.
Bei drei bis acht von hundert Zahnextraktionen kommt es zu einer Komplikation mit dem Namen Dolor post extractionem. Dies bezeichnet einen Schmerzzustand, welcher bis zu drei Tage nach der Behandlung auftreten kann. Die Schmerzen hängen mit einer trockenen Entzündung (Alveolitis sicca) in der Wunde zusammen, die entsteht, wenn kein Blutkoagel mehr vorhanden ist. Neben dem mechanisch bedingten Verlust können Auslöser eines Zerfalls des Blutkoagels in der Zusammensetzung des Speichels zu finden sein. Ebenfalls können solche Zustände durch Bakterien verursacht werden.
Eine weitere Verzögerung der Wundheilung erfolgt, wenn die Wunde erneut versorgt werden muss. Der Arzt muss unter lokaler Betäubung die Wunde mit einem scharfen Löffel säubern und über mehrere Tage mit einer antibakteriellen Lösung spülen. Je nach verwendeter Substanz dauert die Behandlung etwa drei bis fünf Tage. Zusätzlich kann sich die Heilungsdauer verlängern durch die schädliche Wirkung von Nikotin oder das Vorhandensein von Krankheitsgeschehen, die das Immunsystem schwächen, wie Diabetes mellitus. Ein rasches Eingreifen des behandelnden Zahnarztes ist unbedingt geboten, zumal neben dem Auftreten von Fieber und allgemeinen Krankheitszeichen das Dolor post extractionem zu schweren Komplikationen wie einer Entzündung von Knochengewebe (Ostitis) sowie des Knochenmarks führen kann. Eine Therapie gestaltet sich hier meist langwierig.
Insbesondere der Schadstoff Nikotin greift nach dem Ziehen eines Zahnes auf vielfache Weise in den Heilungsprozess ein. Nikotin bewirkt durch die vermehrte Ausschüttung des Hormons Vasopressin eine Verengung der Blutgefäße. Die Folge sind ein Anstieg des Blutdruckes und ein Sauerstoffmangel im Gewebe. Beide Faktoren zusammen behindern bereits unmittelbar im Anschluss an die Zahnextraktion die regelrechte Entstehung des wichtigen Blutkoagels. Die anschließende Phase der Bildung von neuem Gewebe ist ebenfalls auf ausreichende Blut- und Sauerstoffversorgung angewiesen. Weiterhin reduziert das Rauchen die Leistungsfähigkeit des Immunsystems. Vor allem der Anteil weißer Blutkörperchen, welcher die Bakterien bekämpfen soll, wird durch Nikotin geschwächt. Somit wächst die Chance, dass Krankheitserreger sich in der frischen Wunde festsetzen und die Heilung hinausgezögert wird.
Ist für den Lückenschluss ein Implantat angedacht, muss der Kieferknochen eine ausreichende Knochendichte besitzen. Nikotin steht auch hier im Verdacht, durch den Entzug von Calcium den Heilungsverlauf hinsichtlich einer Implantatsetzung negativ zu beeinflussen.
Nach der Entfernung eines Zahnes kommt es zu meist nur geringen Blutungen, welche innerhalb von ein bis zwei Stunden stoppen sollten. Zusätzlich bringt der Zahnarzt auf die Wunde einen Aufbisstupfer, um Blutungen in den Mund zu verhindern. Starke und länger anhaltende Blutungen können ein Hinweis auf eine Gerinnungsstörung sein oder werden durch Blutverdünner hervorgerufen. Ebenso führen Schmerzmittel wie Acetylsalicylsäure zu einer verlängerten Blutung. Die vorsorgliche Einnahme solcher Medikamente sollte in jedem Fall unterbleiben. Bei einer regelmäßigen Einnahme muss eine Absprache mit dem Arzt erfolgen, ob diese Mittel zwischenzeitlich abgesetzt werden können. Kann sich aufgrund einer verlängerten Blutgerinnung ein Blutpfropf nicht ausreichend entwickeln, verzögert dies den Beginn der Heilung hinaus und eine Alveolitis sicca (trockene Alveole) kann entstehen.
In den meisten Fällen ist den Patienten eine Gerinnungsstörung bekannt und sie geben dies vor Behandlungsbeginn beim Zahnarzt an. Dieser kann entsprechende Vorsorgemaßnahmen treffen. Diese verlängern weder die Behandlung in nennenswerter Weise noch wirken sie sich auf die Heilungsdauer aus. Der Patient sollte die Anweisungen seines Zahnarztes jedoch dringend befolgen.
Von Bedeutung für den weiteren Heilungsverlauf ist die Größe und die Lage des Zahnes. Die hinteren Backenzähne, vor allem die Weisheitszähne, sind bisweilen schwer zugänglich. Zudem sind diese meist mit mehreren Wurzeln ausgestattet, was das Ziehen mitunter erschwert. In seltenen Fällen kann die Wurzel bei der Extraktion abbrechen und in der Alveole stecken bleiben. Eine solche Komplikation erfordert das Aufschneiden des Zahnfleisches und Auffräsen des Kieferknochens. Die entstandene Wunde ist hierbei größer und benötigt meist einen längeren Zeitraum bis zur vollständigen Heilung.
Mit größerem Aufwand sind Zahnextraktionen auch dann verbunden, wenn der Zahn mit dem Kieferknochen verwachsen ist oder die Form der Wurzel gekrümmt ist. In diesem Fall müssen die Wurzeln voneinander getrennt und einzeln gezogen werden.
Bei der Entfernung eines Weisheitszahnes handelt es sich um einen operativen chirurgischen Eingriff. Stellt der Arzt eine gekrümmte Wurzel fest oder liegt der Weisheitszahn schief, muss auch hier der Zahn zerteilt werden. Weisheitszähne im Oberkiefer liegen oftmals nahe an der Kieferhöhle oder besitzen sogar eine Verbindung in diese hinein, sodass besondere Vorsichtsmaßnahmen notwendig werden.
Schwer zugängliche Weisheitszähne werden, falls die lokale Betäubung nicht ausreicht, unter Vollnarkose entfernt. Zwar ist hier von einer längeren Behandlungssitzung auszugehen, doch können unter Vollnarkose mehrere Zähne an einem Tag gezogen werden. Die Dauer, bis die Behandlung insgesamt abgeschlossen ist, verkürzt sich auf diese Weise eher.
Bei einer komplikationslosen Entfernung der Weisheitszähne muss mit einem Ausfall der Arbeitsfähigkeit bis zu einer Woche gerechnet werden. So lange dauert es auch, bis die Fäden gezogen werden können. Der völlige Verschluss der Wunde nimmt jedoch mehrere Wochen in Anspruch.
Folgende Punkte sollten im Anschluss an eine Zahnextraktion beachtet werden:
Swiss Dental Journal, Andreas Filippi – Wundheilung und Heilungsstörungen nach Entfernung dritter Molaren: https://www.swissdentaljournal.org/fileadmin/upload_sso/2_Zahnaerzte/2_SDJ/SMfZ_2001/SMfZ_07_2001/smfz-01-07-fortbildung2.pdf (online, letzter Abruf: 09.07.2021)
PubMed.gov, https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/24987419/ (online, letzter Abruf: 09.07.2021)
– Dry socket: incidence, clinical features, and predisposing factors:dkfz (Deutsches Krebsforschungszentrum) – Gesundheitsrisiko Nikotin: https://www.dkfz.de/de/krebspraevention/Downloads/pdf/FzR/FzR_2015_Gesundheitsrisiko-Nikotin.pdf (online, letzter Abruf: 09.07.2021)
aerzteblatt.de – Wie Rauchen das Immunsystem drosselt: https://www.aerzteblatt.de/treffer?mode=s&wo=3&s=Rauchen&typ=1&nid=32116 (online, letzter Abruf: 09.07.2021)
aktualisiert am 09.07.2021