X-Beine, O-Beine und andere Fehlstellungen können zu Gelenkabnutzung (Arthrose) im Knie und zu weiteren Folgeschäden führen. Daher kann es bei solchen Achsabweichungen angezeigt sein, eine Umstellungsoperation durchzuführen. Die Operation besteht darin, den Knochen zu korrigieren (Fachbegriff: Umstellungsosteotomie), meist indem ein keilförmiges Stück herausgenommen wird. Damit kann die Beinachse begradigt werden.
Fehlstellungen der Beine können durch Gewebeschwäche oder Verletzungen bedingt sein oder angeboren sein. Häufig findet sich Rachitis (bei Erwachsenen: Osteomalazie) als Ursache, eine Erkrankung, bei der es durch Vitamin-D-Mangel zu einer Knochenerweichung kommt. Langfristige mechanische Belastung kann ebenso zu einer Abwinklung im Bein führen, wie häufiges breitbeiniges Heben schwerer Gegenstände zu X-Beinen oder Reiten zu O-Beinen. In manchen Fällen bedingen Tumore oder Entzündungen sowie sehr selten Lähmungen die Fehlstellungen.
Abwinklungen können in unterschiedlicher Richtung vorliegen. Häufig finden sich X-Beine (Genu valgum) oder O-Beine (Genu varum), aber es können auch nach vorne und hinten Abweichungen bestehen, so dass das Bein nicht komplett gestreckt werden kann oder zu stark streckbar ist. Auch Fehlstellungen in Drehrichtung sind möglich. Die Achsabweichung kann ein- oder beidseitig vorhanden sein. Eine Verbiegung ist im Oberschenkel, im Unterschenkel oder in beiden Bereichen möglich.
Durch die mechanische Belastung kommt es zu Gelenkverschleiß (Arthrose) in Knie, Hüfte und Sprunggelenk. Dabei kann es zu einer Bewegungseinschränkung bis hin zur Versteifung des Gelenks kommen. Schmerzen treten häufig auf. Des Weiteren kann es zu Bänderdehnungen kommen.
Bei Patienten, die wegen Formauffälligkeiten der Beine zum Arzt beziehungsweise zur Operation kommen, erfolgt eine Befragung (Anamnese) und eine körperliche Untersuchung. Die Abweichungen können im Röntgenbild gut dargestellt werden. Bei Folgeproblemen wie etwa Gelenkbeschwerden kommen weitere Untersuchungsmethoden in Betracht, wie eine Gelenkspiegelung (Arthroskopie).
Stärkere Formveränderungen in den Beinen sind als solche einfach zu erkennen. Wichtig ist jedoch eine Unterscheidung nach der Ursache der Fehlstellung, um die eventuell zugrundeliegende Erkrankung (insbesondere Rachitis, Tumore) behandeln zu können.
Da es sich bei einer Fehlstellung um eine strukturelle Veränderung handelt, ist eine nicht operative Therapie schwierig oder nicht möglich. Die Grunderkrankung kann behandelt werden, etwa mit Medikamenten. Ebenso können einige Folgen wie Arthrose konservativ behandelt werden.
In vielen Fällen ist eine Operation der X-Beine, O-Beine oder anderen Beinfehlstellungen angezeigt, um die Beschwerden einzudämmen und weitere Schäden in Gelenken und anderen Strukturen zu verhindern. Die Operation zur Umstellungsosteotomie erfolgt in Vollnarkose oder Regionalanästhesie (Betäubung eines größeren Körperbereiches). Oftmals wird am Bein eine stramme Manschette angelegt, um die Durchblutung vorübergehend zu stoppen (Blutsperre). Damit können Blutungen verringert und die Sicht auf den Operationsbereich gebessert werden.
Es bestehen prinzipiell zwei Möglichkeiten, die Abweichung zu korrigieren. Entweder kann aus einem beteiligten Knochen ein Keil herausgenommen werden oder ein Keil eingearbeitet werden. Dieser besteht dann meist aus Eigenknochen, der beispielsweise aus dem Beckenknochen herausgenommen werden kann. Manchmal wird auch Fremdknochen oder Knochenersatzmaterial verwendet. Wird aus dem Knochen ein Stück herausgenommen, kann der Knochen je nach Bedarf passend zusammengefügt werden oder mit Belassung eines Spalts mit Fremdmaterial verbunden werden. An der Stelle dieses Spalts bildet sich neues Knochengewebe.
Je nach Befund wird über oder unter dem Knie operiert, also entweder am Oberschenkel- oder am Unterschenkelknochen. Nach dem Entfernen oder dem Einfügen des Knochenkeils wird der Knochen mit Schrauben und Platten oder Drähten wieder fixiert. Gegebenenfalls muss ein so genannter Fixateur externe angelegt werden, eine Verbindungsstruktur, die sich zum Teil außerhalb des Körpers befindet. Es kann auch ein so genannter Knochentransfer erfolgen, um eine Längenabweichung zu überbrücken. Dazu wird durch einen speziellen Fixateur das Knochengewebe aus den angrenzenden Bereichen nach und nach in den Defektbereich gezogen.
Je nach Befund können die Fremdmaterialien belassen oder später wieder herausgenommen werden. Beschwerden können es bisweilen auch notwendig machen, dieses Material zu entfernen.
Falls während einer Operation unerwartete Befunde oder Komplikationen auftreten, kann es notwendig werden, weitere Maßnahmen durchzuführen, die zuvor nicht geplant waren.
Durch die Operation können Strukturen in der Nähe geschädigt werden. Es kann zu Blutungen, Nachblutungen und Blutergüssen kommen. Infektionen, Wundheilungsstörungen und Narbenbildungen können auftreten. Durch Verletzung von Nerven kann es unter anderem zu Sensibilitätsstörungen oder Lähmungserscheinungen kommen. Durch eine eventuelle Blutstauungsmanschette können Druckschäden oder Lähmungen verursacht werden. Knochenbrüche durch die Operation sind möglich. Die Knochen können in einer falschen Position zueinander einheilen. Auch kann es zur so genannten Falschgelenkbildung kommen (Pseudarthrose). Manchmal kommt es zu weiterem Verschleiß, zur verminderten Beweglichkeit oder zur Steifigkeit von Gelenken. Knochen und Muskeln können durch die Bewegungseinschränkung schwächer werden. Auch ist es nicht ausgeschlossen, dass es zum so genannten Sudeck-Syndrom kommt, bei dem der Knochen stark abgebaut wird und sich eine schmerzhafte Entzündung ergibt. Eine Durchblutungsverminderung mit Folgeschäden kann auftreten. Allergische Reaktionen jeden Schweregrades sind möglich.
Hinweis: Dieser Abschnitt kann nur einen kurzen Abriss über die gängigsten Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Gespräch mit dem Arzt kann hierdurch nicht ersetzt werden.
In der Regel kommt es durch eine Operation (Umstellungsosteotomie) zu einem Ausgleich der Fehlstellung, nach einigen Wochen zum Rückgang der Schmerzen und zu einer guten Beweglichkeit des Beins. Es ist allerdings nicht ausgeschlossen, dass es später wieder zu einer Achsabweichung kommt und dass die Schmerzen wieder verstärkt bestehen. Arthrose (Gelenkverschleiß) lässt sich nicht immer durch eine Operation stoppen, aber oftmals verzögern. Ein operiertes Bein kann geringfügig verkürzt oder verlängert sein, da ein Knochenstück entfernt oder eingesetzt wurde.
In vielen Fällen müssen Medikamente, die die Blutgerinnung hemmen, beispielsweise Marcumar® oder Aspirin®, vor einer Operation abgesetzt werden. Dies geschieht immer in Absprache mit dem Arzt.
Nach dem Eingriff muss das Bein oder Arm einige Zeit lang besonders geschont werden. Dies richtet sich auch danach, ob Stabilisierungsmaterial (z. B. Schrauben und Platten) eingearbeitet wurde. Eine Hochlagerung unterstützt den Heilungsverlauf. Bei stärkeren Schmerzen kann durch den Arzt ein Schmerzmedikament gegeben werden.
Nicht betroffene Gelenke sollen viel bewegt werden. Krankengymnastik ist sinnvoll. Sport und andere Aktivitäten mit Belastungseinwirkung auf das betroffene Bein dürfen erst dann ausgeübt werden, wenn der Arzt keine besondere Gefährdung mehr darin sieht.
Regelmäßige Kontrolluntersuchungen mit Röntgen sind sehr wichtig und sollten gewissenhaft eingehalten werden. Bei Besonderheiten, die auf Komplikationen hindeuten könnten, sollte der Arzt kontaktiert werden, um eine eventuell notwendige Behandlung durchführen zu können.
aktualisiert am 15.02.2022