Wurmerkrankungen (lateinische Bezeichnung: Helminthiasis) entstehen, wenn Würmer als Parasiten in den menschlichen Körper gelangen. Je nach Art und Anzahl können sie sehr vielfältige Beschwerden auslösen. Obwohl sie in allen Klimazonen vorkommen, werden sie besonders häufig in tropischen und subtropischen Gebieten der Erde angetroffen. Doch auch in Deutschland sind sie, auch begünstigt durch den internationalen Tourismus, keine Seltenheit mehr.
Man unterscheidet drei verschiedene Wurmgattungen, die an unterschiedlichen Orten vorkommen, verschiedene Organe des menschlichen Körpers befallen und somit auch unterschiedliche Beschwerden auslösen können: Fadenwürmer (Nematoden), Bandwürmer (Zestoden) und Saugwürmer bzw. Egel (Trematoden). Ihrem Aussehen im Querschnitt nach werden die Fadenwürmer auch als Rundwürmer und die Band- und Saugwürmer auch als Plattwürmer bezeichnet.
Am häufigsten kommen in Deutschland Infektionen mit Maden-, Band- und Spulwürmern vor. Die Würmer können verschiedene Organe des Menschen befallen, doch siedeln sie sich meist in der Darmregion an und verursachen daher überwiegend Beschwerden im Magen-Darm-Bereich.
Der zu einer Wurmerkrankung führende Mechanismus unterscheidet sich von Gattung zu Gattung und wird hier daher einzeln vorgestellt:
Die in Deutschland häufigen Maden- und Spulwürmer gehören zu dieser Wurmgattung. Die Eier der Fadenwürmer gelangen über den menschlichen Kot in die Umwelt und können dann durch kothaltigen Staub oder durch Kot verunreinigte Lebensmittel und Wasser eine Infektion bei anderen Menschen auslösen. Die Fadenwürmer sind damit die einzigen Würmer, die ohne Zwischenstation in einem anderen Tier gleich nach der Ausscheidung der Eier neue Infektionen hervorrufen können. Vor allem Kinder werden von Fadenwürmern betroffen, da sie häufig ihre möglicherweise unreinen Finger in den Mund nehmen.
Bandwürmer kommen weltweit und insbesondere in der nördlichen Hemisphäre vor. Es gibt verschiedene Bandwurmarten (zum Beispiel Rinder-, Fuchs-, Schweine-, Hunde- oder Fischbandwurm), die vor dem Befall menschlicher Organe verschiedene charakteristische andere Tiere befallen und die unterschiedliche Beschwerden hervorrufen. Die Infektion kann durch Verzehr von ungenügend gegartem/gekochtem oder rohem Schweine- bzw. Rindfleisch, von rohem Süßwasserfisch oder von ungewaschenen Waldpilzen/-beeren (Fuchsbandwurm) erfolgen.
Zu den Saugwürmern bzw. Egeln zählen die Leber-, Lungen- oder Darmegel, die gehäuft im asiatischen Raum, aber auch in Form des Großen Leberegels in unseren Breiten vorkommen. Eine Infektion kann durch Verzehr roher Süßwasserfische, Krabben oder Krebse hervorgerufen werden und nicht nur den Menschen, sondern auch Hunde, Katzen, Rinder und Schweine befallen.
Zu der Gattung der Saugwürmer zählen außerdem die Pärchenegel (Schistosomen), die die in tropischen und subtropischen Gebieten häufig vorkommende Bilharziose oder Schistosomiasis auslösen. Die Larven (Zerkarien) der Schistosomen werden von Schnecken in warmen Gewässern wie Seen freigesetzt und können durch die Haut in den menschlichen Körper gelangen.
Die Symptome einer Wurmerkrankung unterscheiden sich von Gattung zu Gattung und wiederum innerhalb der Würmer einer Gattung. Aus diesem Grund werden die Symptome der drei Wurmgattungen und der zu ihnen gehörenden häufigsten Wurmerkrankungen vorgestellt:
Die Fadenwürmer befallen bevorzugt den Darmtrakt des Menschen (insbesondere von Kindern). Bei einer Infektion mit dem Madenwurm (Oxyuriasis) tritt meist nachts ein Juckreiz im Bereich des Afters auf, da die weiblichen Würmer am Darmausgang ihre Eier ablegen. Durch Kratzen können die Eier unter die Fingernägel und anschließend wieder in den Mund gelangen, so dass es zu einer erneuten Infektion kommt. Außerdem kann es zu Entzündungen des Darms sowie bei Frauen zu einer Entzündung der Scheide kommen.
Bei einer Infektion mit dem Spulwurm (Askariasis) kann sowohl die Lunge als auch der Dünndarm sowie die Gallenblase und die Bauchspeicheldrüse befallen sein. Bei Lungenbefall kommt es zu blutigem Auswurf und Husten, außerdem können Schmerzen beim Atmen auftreten. Haben die Spulwürmer den Dünndarm befallen, kann der Patient unter Appetitlosigkeit, Übelkeit, Erbrechen, Darmkrämpfen oder sogar einem Darmverschluss leiden. Bei schwachem Wurmbefall kann der Betroffene auch beschwerdefrei bleiben.
Die verschiedenen Bandwurmarten rufen unterschiedliche Beschwerden hervor. Ein Befall mit dem Rinderbandwurm löst nicht immer Beschwerden aus, kann aber zu Bauchschmerzen und Gewichtsverlust führen. Der Schweinebandwurm kann die Muskulatur, das Herz und das Gehirn befallen und zu neurologischen Symptomen wie Kopfschmerzen, Krämpfen,
Hirnhautentzündungen und neurologischen Ausfällen führen (Zystizerkose). Der Befall mit dem Hunde- und dem Fuchsbandwurm wird als Echinokokkose bezeichnet. Nach Aufnahme der Eier entstehen beim Menschen in verschiedenen Organen Zysten, die sogar die Größe eines Fußballs erreichen können.
Der Hundebandwurm befällt überwiegend die Leber und die Lunge, der Fuchsbandwurm fast ausschließlich die Leber. Da die Zysten in diesen Organen langsam wachsen, kann es Monate bis Jahre dauern, bis der Betroffene die ersten Symptome wahrnimmt. Die Symptome sind vielfältig und abhängig von den betroffenen Organen. Ein Lungenbefall kann sich durch Reizhusten zeigen, ein Leberbefall durch Lebervergrößerung und Gelbsucht. Ein Befall mit dem Fischbandwurm kann zu einem Vitamin-B12-Mangel führen, verläuft aber sonst meist ohne Beschwerden.
Bei den Erkrankungen mit Saugwürmern bzw. Egeln hängen die Beschwerden von der Art des Egels und von den befallenen Organen ab: Bei Egelerkrankungen der Leber sind die Egel durch den Darm in die Leber und Gallengänge gewandert und lösen Beschwerden wie Bauchschmerzen, Durchfall und Gelbsucht aus.
Des Weiteren kommt es zu Entzündungen der Gallenwege, die die Entstehung bösartiger Tumoren begünstigen können. Die Lungenegel bilden Zysten in der Lunge aus und können zu Abszessen und Rippenfellentzündungen (Pleuritis) führen. Die Patienten leiden dadurch unter Beschwerden wie Reizhusten, Brustschmerzen und blutigem Auswurf. Bei Befall mit dem Darmegel kommt es zu Bauchschmerzen, Durchfällen und Übelkeit.
Bei der Bilharziose oder Schistosomiasis treten die Larven der Pärchenegel durch die Haut in den menschlichen Körper und wandern dann über die Blut- und Lymphbahnen zu verschiedenen Organen (Blase, Harnröhre, Leber, Milz, Darm), wo sie ihre Eier ablegen. Kurze Zeit nach dem Durchtritt durch die Haut kann es an der Stelle zu Juckreiz und Rötung kommen. In den folgenden zwei bis sechs Wochen legen die Zerkarien ihre Eier an verschiedenen Stellen im Körper ab.
Währenddessen kommt es zu Allgemeinsymptomen wie Fieber, Kopf- und Gliederschmerzen sowie zu allergischen Reaktionen, die mitunter schwer verlaufen können (Katayama-Syndrom). Wird die Erkrankung in diesem Zeitraum nicht behandelt, entwickelt sich eine chronische Schistosomiasis, deren Beschwerden sich nach dem Organbefall richten:
Hier sind die Harnröhre und die Blase betroffen, die Patienten haben blutigen Urin (Hämaturie) und leiden unter Schmerzen beim Wasserlassen.
Hierbei ist der Darm befallen, es kommt zu Beschwerden wie Durchfall (mitunter blutig) und Bauchschmerzen.
Bei dieser Form sind Leber und Milz betroffen, die infolgedessen vergrößert sind. Es kommt zu Oberbauchbeschwerden und Wasseransammlungen im Bauch (Aszites).
Bei den meisten Wurmerkrankungen lassen sich im Stuhl der Patienten Wurmeier oder ganze Würmer nachweisen. Der Befall mit den einzelnen Wurmgattungen lässt sich jedoch zum Teil unterschiedlich nachweisen:
Ein Befall mit dem Madenwurm lässt sich häufig schon klinisch, also anhand des nächtlichen Juckreizes in der Aftergegend, nachweisen. Zur Sicherheit kann für eine Weile Streifen Tesafilm an den After geklebt werden, welcher anschließend unter dem Mikroskop auf Würmer (bis zu 13 mm lang) durchsucht werden kann. Auch der Spulwurm kann im Stuhl nachgewiesen werden (bis zu 30 cm lang). Zusätzlich sind häufig die eosinophilen Granulozyten, eine Untergruppe der weißen Blutkörperchen (Leukozyten), im Blut erhöht.
Im Stuhl lassen sich die einzelnen Bandwurmglieder (Proglottiden) und auch Wurmeier nachweisen. Selten tritt der ganze Wurm mit dem Stuhl aus. Besteht ein Befall mit dem Schweinebandwurm, kann die daraus resultierende Krankheit Zystizerkose anhand der Beschwerden und mittels der Computertomographie diagnostiziert werden.
Eine Echinokokkose, wie sie nach Befall mit dem Hunde- und Fuchsbandwurm auftritt, kann mittels Ultraschall, Computer- oder Kernspintomographie sowie im Blut gezeigt werden, da viele Menschen Antikörper gegen die Bandwürmer entwickeln. In Ausnahmefällen können die Zysten zur Diagnosestellung auch punktiert werden.
Während die Egel zu ihren Zielorganen wandern, sind im Blut stets die eosinophilen Granulozyten sowie beim Leberegel zusätzlich die leberspezifischen Enzyme erhöht. Die Leber- und Darmegel sind außerdem im Stuhl und teilweise auch im Gallensaft nachweisbar. Der Lungenegel kann im (oft blutigen) Auswurf der Patienten diagnostiziert werden.
Ein Röntgenbild des Brustkorbs zeigt außerdem oft charakteristische Veränderungen. Die Eier der Pärchenegel können im Stuhl oder Urin nachgewiesen werden.
Außerdem können kleine Gewebeproben der Blase oder des Darmes zur Diagnosesicherung entnommen werden. Charakteristische Veränderungen sind auch im Ultraschall der Leber und des Harn- bzw. Geschlechtstrakts zu beobachten.
Differenzialdiagnostisch müssen bei Fadenwurmbefall alle anderen Wurmerkrankungen sowie weitere Krankheiten, die zu einer Erhöhung der eosinophilen Granulozyten führen (z. B. ein Lymphom), in Betracht gezogen werden. Eine durch den Schweinebandwurm hervorgerufene Zystizerkose muss von anderen Gehirnerkrankungen abgegrenzt werden. Bei einem durch den Fischbandwurm ausgelösten Vitamin-B12-Mangel muss auch nach anderen Ursachen dieses Vitaminmangels gefahndet werden.
Eine Echinokokkose durch den Hunde- oder Fuchsbandwurm muss von anderen zystenbildenden Erkrankungen abgegrenzt werden. Die urogenitale Schistosomiasis sollte gegenüber Tumoren oder eine Tuberkulose des Harn- bzw. Geschlechtstrakts abgegrenzt werden, bei einer intestinalen Schistosomiasis sollte nach anderen Ursachen einer Darmentzündung gesucht werden und bei Vorliegen einer hepatolienalen Schistosomiasis sollten andere Ursachen einer Leberveränderung in Betracht gezogen werden.
Wurmerkrankungen werden mit einer einmaligen Gabe von Wurmmitteln, so genannten Antihelminthika, behandelt. Dies sind Medikamente, die als Gift in den Stoffwechsel der Würmer eingreifen und sie abtöten. Sie werden dann über den Stuhl ausgeschieden. Bei Fadenwürmern, Spulwürmern, Madenwürmern und Hakenwürmern ist das Medikament Mebendazol Mittel der ersten Wahl. Bei Bandwürmern und Saugwürmern, wie Leber- und Lungenegel, kommt das Medikament Praziquantel zum Einsatz.
Die meisten Wurmerkrankungen haben bei medikamentöser Therapie und konsequenter Einhaltung hygienischer Maßnahmen eine gute Prognose. Die Prognose der Zystizerkose hängt davon ab, ob sich im menschlichen Körper bereits Larven (Finnen) gebildet haben, was nur bei 10 Prozent der Betroffenen eintritt. Eine Echinokokkose, die durch den Hundebandwurm hervorgerufen wird, hat eine relativ gute Prognose, während eine durch den Fuchsbandwurm hervorgerufene Echinokokkose unbehandelt zum Tode führen kann
Sie sollten zum Arzt gehen, sobald Ihre Beschwerden denen einer Wurminfektion ähneln. Um eine Wurmerkrankung zu vermeiden, sollten Sie sich an folgende Hinweise halten:
aktualisiert am 22.02.2022