Eine phasengerechte Wundbehandlung berücksichtigt die Besonderheiten jeder einzelnen der drei Heilungsphasen einer Wunde. Diese laufen bei allen Wunden ähnlich ab, unabhängig von der Ursache der Wunde. Unterschieden werden Exsudationsphase, Granulationsphase und Epithelisierungs- oder Regenerationsphase. In jeder dieser Phasen finden besondere Prozesse statt. Moderne Wundauflagen und Gele zur feuchten Wundbehandlung berücksichtigen dies und können für jede Phase der Wundheilung individuell ausgewählt werden. Das bezeichnet man als phasengerechte Wundbehandlung. Sie ist vor allem bei chronischen und schlecht heilenden Wunden wie Dekubitus (Wundliegen), Ulcus cruris (Unterschenkelgeschwür) oder dem diabetischen Fuß wichtig.
Die Wundheilung kann auf unterschiedliche Weise in Phasen eingeteilt werden. Für das praktische Vorgehen hat sich die Unterscheidung der genannten drei Phasen bewährt. Die drei Wundheilungsphasen sind nicht strikt voneinander getrennt, sondern gehen fließend ineinander über. Das bedeutet, die zweite beginnt schon, während die erste noch nicht beendet ist. Das gilt auch für die dritte in Bezug auf die zweite Phase. Außerdem kann die Dauer jeder Phase individuell variieren. Die im Folgenden beschriebenen Vorgänge gelten für eine ungestört ablaufende Wundheilung.
Das ist die Phase der Entzündung und der Wundreinigung. Durch die Bildung und Absonderung von Wundsekret werden Bakterien, verletzte und abgestorbene Zellen aus der Wunde gespült. Diese Phase der Wundheilung dauert in der Regel zwischen Tag 1 und 4 nach der Verletzung an.
In dieser Phase nimmt die Bildung von Wundsekret ab und es wird neues Gewebe (Granulationsgewebe) aus der Tiefe der Wunde heraus gebildet. Dieses beginnt den Defekt aufzufüllen. So wird die Wunde nach und nach mit neuem Gewebe verschlossen. Das neue Granulationsgewebe ist noch empfindlich und wenig belastbar. Diese Phase läuft normalerweise zwischen Tag 2 und Tag 14 nach der Verletzung ab.
In dieser Phase verschießt sich die Wunde. Durch die Abnahme des Wassergehaltes im Gewebe ziehen sich die Wundränder näher zusammen. Zusätzlich wird das Granulationsgewebe umgebaut und es entsteht Narbengewebe. Dieses ist zu Beginn noch wenig belastbar und wird mit der Zeit immer stabiler. Die Festigkeit gesunder Haut wird aber nicht wieder erreicht. Die Regenerationsphase dauert circa vom 3. bis zum 21. Tag nach der Verletzung an.
Die phasengerechte Wundversorgung erfolgt mit Maßnahmen, die an das Stadium der Wundheilung, aber auch an die Art der Wunde angepasst sind. Moderne Wundauflagen zur feuchten Wundbehandlung, sogenannte hydroaktive Produkte, unterstützen durch ihre Eigenschaften die einzelnen Wundheilungsphasen. Sie sorgen für das jeweils benötigte optimal-feuchte Wundmilieu.
Bei der ersten Versorgung einer Wunde in diesem Stadium werden zunächst geschädigtes und abgestorbenes Gewebe und Beläge entfernt (Débridement). Die Wunde wird gespült und die Umgebung gereinigt. Bei den verwendeten Wundauflagen kommt es vor allem darauf an, dass sie die Wunde feucht halten, ohne dass die Wundränder und deren umgebendes Gewebe dadurch aufweichen (Mazeration). Außerdem soll überschüssig produziertes Wundsekret von der Wundauflage aufgenommen werden. Bestimmte Hydrogele können die Wundreinigung unterstützen. Außerdem stehen Wundauflagen zur Verfügung, die die Anzahl der Keime in der Wunde verringern können. Die Verbände werden mindestens einmal pro Tag gewechselt.
Wundauflagen in der Granulationsphase sollen die Wunde weiterhin feucht halten. Sie sollen das Granulationsgewebe vor äußerem Einflüssen schützen und die Atmung der Wunde weiterhin gewährleisten. Hier werden oft spezielle Schaumverbände angelegt. Die Verbände verbleiben möglichst mehrere Tage auf der Wunde. Bei jedem Verbandswechsel besteht die Gefahr, das empfindliche Granulationsgewebe zu verletzen. Die Wunde kann vorsichtig gespült werden.
Auch in dieser Phase sollen die Wundauflagen gewährleisten, dass die Wunde optimal feucht gehalten wird. Gleichermaßen steht der Schutz der Wundränder vor dem Aufweichen im Vordergrund, damit die Regeneration des Gewebes bestmöglich ablaufen kann. In dieser Phase werden beispielsweise atmungsaktive Folien angelegt. Sie ermöglichen das Duschen und schützen die heilende Wunde weiterhin.
Die moderne Wundbehandlung, gerade von schlecht heilenden und chronischen Wunden, setzt auf eine feuchte und phasengerechte Wundbehandlung. Das lässt sich mit jeweils unterschiedlichen Maßnahmen und Materialien zur phasengerechten Wundversorgung erreichen. Wichtig ist es zusätzlich, die Ursachen der Wunde bestmöglich zu behandeln. Bei einer zugrundeliegenden Zuckererkrankung (Diabetes mellitus) bedeutet dies, den Blutzucker gut einzustellen. Wird ein Unterschenkelgeschwür (Ulcus cruris) durch eine Venenerkrankung verursacht, sind zusätzlich eventuell Kompressionsverbände nötig. Hier muss im Einzelfall entschieden werden, welche Therapie neben der Wundbehandlung angezeigt und wichtig ist.
BVMed-Portal – Was ist phasengerechte Wundversorgung?: https://www.info-wundversorgung.de/iw-de/phasengerechte-wundversorgung (online, letzter Abruf: 12.01.2023)
Pschyrembel online – Phasengerechte Wundversorgung: https://www.pschyrembel.de/Phasengerechte%20Wundversorgung/A0UTW (online, letzter Abruf: 12.01.2023)
GMS (German Medical Science), Veronika Gerber – Phasengerechte, problemorientierte Wundversorgung: https://www.egms.de/static/de/journals/dgkh/2006-1/dgkh000029.shtml (online, letzter Abruf: 12.01.2023)
aktualisiert am 12.01.2023