Die Wundbehandlung mit Maden wird auch Madentherapie, Larventherapie, Biochirurgie oder biochirurgisches Débridement genannt. Diese Behandlung wird vor allem auf schlecht heilenden, chronischen Wunden angewendet. Als chronisch wird eine Wunde bezeichnet, wenn sie schon über mindestens vier Wochen besteht. Hierzu zählen das offene Unterschenkelgeschwür (Ulcus cruris), aber auch Wunden im Zusammenhang mit einem diabetischen Fuß oder Druckgeschwüre (Dekubitus). Die eingesetzten Fliegenlarven werden steril im Labor gezüchtet und sind deshalb aus hygienischer Sicht völlig unbedenklich. Sie können unter den gegebenen Bedingungen keine Infektionen auslösen und auch keine Krankheiten übertragen. Die Maden werden entweder direkt in die jeweilige Wunde eingebracht oder mit einem speziellen Beutel aufgesetzt.
Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten, wie die Maden auf die Wunde aufgesetzt werden können, nachdem die Wunde vom Arzt gereinigt wurde:
Die Maden verbleiben für drei bis vier Tage auf der Wunde. Dann erfolgt in der Regel ein Verbandswechsel mit Beurteilung des Heilungsfortschrittes und, wenn nötig, mit dem Aufsetzen neuer Maden.
Bei beiden Verfahren, die Maden auf die Wunde zu setzen, ist der generelle Wirkmechanismus gleich. Die Fliegenlarven weichen durch ihren Speichel und darin enthaltene Enzyme die Wundbeläge und abgestorbenes Gewebe (Nekrosen) auf und verflüssigen diese. Dieses für sie nahrhafte Gemisch saugen die Larven anschließend ein und reinigen dadurch die Wunde. Das Prinzip funktioniert auch beim Biobag. Die Gaze zwischen Wunde und Maden ist dabei kein Hindernis. Wenn die Maden satt sind, bauen sie keine weiteren Wundbeläge ab. Sie müssen dann bei weiterem Bedarf durch neue Fliegenlarven ersetzt werden.
Neben dem Abbau von Wundbelägen und Nekrosen bewirken die Maden auch eine Desinfektion der Wunden. Ihre produzierten und ins Gewebe der Wunde abgegebenen Stoffe sorgen für eine Anhebung des pH-Wertes. Dadurch sterben Bakterien ab. Sie werden anschließend von den Maden gemeinsam mit den verflüssigten Wundbelägen aufgesaugt. Somit hat die Madentherapie auch einen antibakteriellen und desinfizierenden Effekt und wirkt vielfach auch bei multiresistenten Keimen (Keimen, die auf zahlreiche Antibiotika nicht mehr ansprechen).
Außerdem regen die Larven die Bildung von Granulationsgewebe an. Dieses wird benötigt, um die Wunde zu schließen.
Ein großer Vorteil dieser Therapie ist die Schonung von gesundem Gewebe. Die Maden nehmen ausschließlich abgestorbene Zellen auf. Außerdem wird im Unterschied zu operativen Verfahren keine Betäubung benötigt. Hiermit verbundene Risiken fallen somit weg. Außerdem ist die Madentherapie in der Regel kostengünstiger und weniger schmerzhaft als operative Verfahren und Antibiotikabehandlungen.
Nebenwirkungen sind selten. Ein Jucken kann auftreten, wenn zu viele Maden auf eine Wunde aufgebracht werden und dadurch zusätzlich zum abgestorbenen Gewebe auch etwas gesundes Gewebe abgebaut wird. Der gleiche Effekt kann auftreten, wenn Wundränder nicht klar begrenzt und gesunde und abgestorbene Zellen miteinander vermischt sind. Wenn gesundes Gewebe abgebaut wird, können Schmerzen auftreten. Bei Menschen, die sich vor den Maden ekeln, sind auch Probleme aufgrund psychologischer Hürden möglich.
Deutsche Apotheker Zeitung – Biochirurgie: Maden heilen chronische Wunden: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/daz-az/2001/daz-32-2001/uid-1212 (online, letzter Abruf: 31.10.2022)
Wundmanagement Tirol, Marlene Ortner – Biochirurgisches Wunddébridement – Die Madentherapie: https://www.wundmanagement-tirol.at/upload/2328573_Madentherapie_Ortner%20Marlene.pdf (online, letzter Abruf: 31.10.2022)
Uniklinikum Gießen – Handlungsleitlinien für die Pflegemaßnahme „Wundversorgung“: https://www.ukgm.de/ugm_2/deu/ugi_pfl/PDF/handl_Wundversorgung.pdf (online, letzter Abruf: 31.10.2022)
Deutsche Gesellschaft für Angiologie - Gesellschaft für Gefäßmedizin e.V. – S3-Leitlinie: Lokaltherapie chronischer Wunden bei Patienten mit den Risiken periphere arterielle Verschlusskrankheit, Diabetes mellitus, chronische venöse Insuffizienz: https://www.dga-gefaessmedizin.de/uploads/media/S3_LL_Lokaltherapie_chronischer_Wunden_2012-06.pdf (online, letzter Abruf: 31.10.2022)
aktualisiert am 31.10.2022