Die Behandlung von chronischen Wunden, die länger als vier bis zwölf Wochen andauernden, ist oft langwierig und schwierig. Die häufigsten Ursachen für chronische und schlecht heilende Wunden sind die Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), Druckgeschwüre durch Wundliegen (Dekubitus) und Durchblutungsstörungen (chronisch-venöse Insuffizienz oder periphere arterielle Verschlusskrankheit).
Die Behandlung von chronischen Wunden umfasst normalerweise:
Das Mittel der Wahl bei den meisten chronischen Wunden ist die sogenannte optimal-feuchte Wundbehandlung.
Menschen mit chronischen Wunden sind in ihrem täglichen Leben oft stark belastet. Schmerzen aufgrund der Wunde und häufiger Verbandswechsel gehören genauso zu ihrem Alltag wie eine reduzierte Beweglichkeit oder die Scham, weil die Wunden oft unangenehm riechen. Das Leben der Angehörigen ist meist mit beeinträchtigt. In manchen Fällen kann eine zusätzliche psychologische Begleitung der Betroffenen und/oder ihrer Angehörigen sinnvoll und hilfreich sein.
Die Reinigung einer chronischen Wunde ist Teil des regelmäßigen Verbandswechsels. Meist wird Kochsalzlösung verwendet. Ob eine Reinigung auch mit Leitungswasser erfolgen kann, wird kontrovers diskutiert. Leitungswasser kann keimbelastet und damit ungeeignet für die Wundreinigung chronischer Wunden sein.
Vor dem Abtragen von infiziertem und abgestorbenem Gewebe sollte eine ausreichende Betäubung erfolgen. Damit die Wundtoilette möglichst schmerzarm durchgeführt werden kann, können schmerzstillende Salben, Tabletten oder bei großen Wunden auch eine Narkose hilfreich sein. Wenn die Betäubung wirkt, trägt der Arzt das entsprechende Gewebe mit einem Skalpell, einer Pinzette oder einem sogenannten scharfen Löffel ab. Manchmal kommen auch steril gezüchtete Maden zur Anwendung (Madentherapie) oder ein starker Wasserstrahl. Ziel jeder Form des Débridements ist es, ein Wundmilieu zu schaffen, in dem die Heilung wieder gut stattfinden kann.
Normalerweise werden bei der Wundbehandlung feuchte Bedingungen angestrebt. Feuchte Wundauflagen sind nur in wenigen Fällen verboten. Hierzu zählen Tumorwunden, weil die feuchte Wundbehandlung die Zellteilung fördert. Auch Nekrosen (abgestorbenes Gewebe), die durch arterielle Gefäßerkrankungen verursacht werden, sollten nicht feucht behandelt werden. Ansonsten ist die feuchte Wundbehandlung (auch hydroaktive = wasserregulierende Wundbehandlung) das Mittel der Wahl bei chronischen Wunden. Mit ihnen kann eine sogenannte phasengerechte Wundheilung berücksichtigt werden. Das bedeutet, dass für jede Phase der Wundheilung die geeignete Wundauflage oder zusätzlich ein Gel ausgewählt werden kann. Diese Phasen werden Reinigungsphase, Granulationsphase und Epithelisierungsphase (Regenerationsphase) genannt.
Neben der Behandlung mit geeigneten Produkten zur hydroaktiven Wundbehandlung können noch sogenannte Wachstumsfaktoren auf die Wunde aufgetragen werden. Sie können aus Eigenblut oder chemisch hergestellt werden. Ziel ist die Anregung des Zellwachstums in der Wunde. Wenn die Wunde nicht von sich aus zuheilt, können auch Hauttransplantate (von anderen Körperregionen oder aus künstlichem Gewebe) eingesetzt werden. Als alternative Maßnahme wird manchmal ein spezielles Honigpräparat zusätzlich auf die Wunde aufgetragen. Honig wirkt entzündungshemmend und antibakteriell. Außerdem kann er die Reinigung der Wunde und die Bildung von Granulationsgewebe unterstützen. Es ist allerdings nicht belegt, ob durch den Honig ein zusätzlicher Nutzen besteht.
Es stehen verschiedene Produkte zur optimal-feuchten Wundbehandlung zur Verfügung, die die Heilung in den einzelnen Phasen bestmöglich fördern. Zu den am häufigsten verwendeten zählen:
Hydrogele wirken je nach Zustand der Wunde befeuchtend oder feuchtigkeitsaufnehmend. Sie sind somit zur Behandlung jeglicher Wunden geeignet. Hydrokolloide und Alginate bilden durch die Aufnahme der Wundflüssigkeit ein Gel. Dies trägt dazu bei, die Wunde feucht zu halten. Silber wirkt abtötend auf Bakterien. Wundauflagen mit Silberanteil sind damit für infizierte Wunden geeignet oder für solche, die ein großes Infektionsrisiko aufweisen. Schaumstoffe können viel Wundsekret aufnehmen und schützen das empfindliche neue Gewebe.
In wissenschaftlichen Studien konnten immer wieder zahlreiche positive Eigenschaften der feuchten Wundbehandlung nachgewiesen werden. Die wichtigsten sind:
Die feuchte Wundbehandlung ist die Standardtherapie bei chronischen Wunden. Es gibt nur wenige Ausnahmen, in denen sie nicht angewendet werden darf. Eine gründliche Reinigung und das Entfernen von infiziertem und abgestorbenem Gewebe müssen vor der Versorgung mit Hydrogelen und feuchten Wundauflagen stattfinden. Zusätzlich muss die Grunderkrankung (Diabetes mellitus, Gefäßerkrankungen und andere) bestmöglich behandelt werden. Das kann im Einzelfall auch Kompressionsverbände oder eine Operation zur Verbesserung der Durchblutungssituation beinhalten.
Kassenärztliche Vereinigung Sachsen – Behandlung chronischer Wunden: https://www.kvs-sachsen.de/fileadmin/data/kvs/img/Mitglieder/KVS-Mitteilungen/2014-11/wunden.pdf (online, letzter Abruf: 20.10.2022)
Berufsverband der deutschen Chirurgen e.V. (BDC), S. Riedel; M. Storck – Versorgung von Patienten mit chronischen Wunden und Wundheilungsstörungen – eine Aufgabe für die Chirurgie: https://www.bdc.de/versorgung-von-patienten-mit-chronischen-wunden-und-wundheilungsstoerungen-eine-aufgabe-fuer-die-chirurgie/ (online, letzter Abruf: 20.10.2022)
BVMed-Portal – Chronische Wunden - ein unterschätztes Problem?: https://www.info-wundversorgung.de/iw-de/wundversorgung-aktuell/chronische-wunden-ein-unterschaetztes-problem (online, letzter Abruf: 20.10.2022)
DAZ online, L. Rüther; W. Voss – Hydrogel oder Salbe?: https://www.deutsche-apotheker-zeitung.de/news/special/2021/04/01/hydrogel-oder-salbe (online, letzter Abruf: 20.10.2022)
Pharmazeutische Zeitung, Wolfgang Vanscheid – Feucht ist besser: https://www.pharmazeutische-zeitung.de/ausgabe-292010/feucht-ist-besser/ (online, letzter Abruf: 20.10.2022)
Management & Krankenhaus – Problemorientiertes Wundmanagement ist stets individuell: https://www.management-krankenhaus.de/topstories/hygiene/problemorientiertes-wundmanagement-ist-stets-individuell (online, letzter Abruf: 20.10.2022)
aktualisiert am 21.10.2022