Die menschliche Wirbelsäule (Columna vertebralis) besteht aus einzelnen Wirbeln, die über Knorpel und Bänder als komplexer Stütz- und Bewegungsapparat funktionieren. Vom Schädel ausgehend werden einzelne Abschnitte zu
zusammengefasst. Prinzipiell kann es in jedem Abschnitt zu einem Knochenbruch, einer Wirbelfraktur, kommen. Aufgrund der besonderen Form sind allerdings die Umkehrpunkte der Wirbelsäulenkrümmung für Brüche besonders anfällig – wie im Übergang zwischen Brust- und Lendenwirbelsäule.
Die Lendenwirbel sind die stärksten und größten Wirbel der Wirbelsäule. Sie bilden den unteren Rücken. Mit den Lendenwirbeln verbinden sich die stärksten stabilisierenden Muskeln der Wirbelsäule. Hauptursache für diese Art von Brüchen ist die Osteoporose, die vor allem Frauen nach der Menopause betrifft. Auch schwere Unfälle können einen Lendenwirbelbruch verursachen.
Knochenbrüche im Bereich der Lendenwirbel können grundsätzlich über den gesamten Bereich der Lendenwirbelsäule auftreten. Letztere schließt sich an die Brustwirbelsäule (Pars thoracica, die aus 12 Wirbeln besteht) an und erstreckt sich über fünf Wirbel. An die Lendenwirbelsäule schließen sich unten das Kreuz- und das Steißbein an.
Der Aufbau einzelner Wirbel ist perfekt an deren Funktion angepasst. Der Wirbelkörper (der vordere Teil des Wirbels zum Brustbein hin) wird oben und unten von den Bandscheiben begrenzt und bildet ein kompaktes Strukturelement des Wirbels. Im hinteren Bereich liegen Dorn-/Querfortsätze, an denen Bänder und Muskeln befestigt sind. Der Wirbelkanal verläuft an der hinteren Kante des Wirbelkörpers entlang. Durch den Wirbelkanal ziehen das Rückenmark und Nerven.
Ein Wirbelbruch kann letzten Endes jede der genannten Einheiten des Wirbels erfassen. Brüche im Bereich der Lendenwirbel können sich beispielsweise nur auf den Wirbelkörper beschränken, die Fortsätze einbeziehen oder weitere Formen annehmen. Besonders heikel sind Wirbelsäulenfrakturen, wenn instabile Situationen entstehen. Durch die Gefahr, dass sich die Bruchkanten gegeneinander verschieben, wächst dabei das Risiko für Schäden am Nervengewebe. Hierdurch kann es zu nicht wieder umkehrbaren Lähmungen kommen.
Ein Wirbelsäulenbruch ist ein ernstzunehmendes gesundheitliches Risiko. Der Knochen ist ein Gewebe mit hoher Festigkeit. Diese entsteht durch die besondere Struktur. Für die Zugfestigkeit sind Kollagenfibrillen (Fasern aus organischem Material) verantwortlich, während die Druckfestigkeit durch Hydroxylapatit-Kristalle entsteht. Zusammen bilden die organischen und anorganischen Bestandteile eine feste Struktur. Beim Bruch geht der Zusammenhalt verloren.
Gesunde Knochen beziehungsweise Wirbel brechen allerdings nicht einfach so. Hauptursachen einen Lendewirbelbruchs ist die Osteoporose, die insbesondere Frauen nach der Menopause betriffe. Aber auch Unfälle, die eine hohe mechanische Belastung verursachen, können einen Bruch auslösen. Die nötige Energie kann auf unterschiedliche Weise auf Wirbel der Lendenwirbelsäule (LWS) einwirken. Ein klassisches Beispiel wäre der Sturz im Winter auf glatten Gehwegen. Hierdurch wirken auf die Wirbel kompressive (stauchende) Kräfte, welche der Knochen nicht mehr aufnehmen kann.
Aber auch in anderen Situationen kann die auf Wirbel der LWS wirkende Kraft ausreichend hoch sein, um zu einem Wirbelsäulenbruch zu führen. Häufiger tritt ein Lendenwirbelbruch im Zusammenhang mit
auf. Hinsichtlich der Brüche beim Sport sind es besonders Risikosportarten, bei denen entsprechende Verletzungen häufiger auftreten können.
Bei diesen Unfalltraumen (Trauma bezeichnet in der Medizin eine Verletzung von Gewebe) treten unterschiedliche Kräfte auf – die auch auf Knochen und Wirbel wirken. Hierzu gehören:
Entsprechend der wirkenden Kräfte ergeben sich jeweils unterschiedliche Formen des Wirbelbruchs. Kompressionen entstehen beispielsweise bei einer Stauchung der Wirbelsäule. Dies führt unter anderem zu Spalt- oder Berstungsbrüchen.
Neben diesen traumatischen Verletzungen kann ein Lendenwirbelbruch auch auf andere Ursachen zurückzuführen sein.
Die als Knochenschwund bezeichnete Erkrankung gilt als Krankheitsbild, welches häufiger bei älteren Menschen diagnostiziert wird. Hierbei handelt es sich um eine Diagnose, die Knochensubstanz nachhaltig schädigt. Aufgrund des Verlaufs entwickelt sich bei Osteoporose oft ein besonderes Bruchmuster – der Keilbruch. Hier sackt der Wirbelkörper förmlich in sich zusammen, die Hinterkante bleibt stehen.
Für osteoporotische Brüche sind die Wirbelkörper aufgrund ihrer inneren Struktur besonders anfällig. Das im Inneren der Wirbelkörper liegende sogenannte Schwammgewebe (Substantia spongiosa) ist für die zugrundeliegenden Umbauprozesse anfällig. Die umgebende Substantia corticalis setzt dem einen höheren Widerstand entgegen. Schreitet die Osteoporose fort, kann der Wirbelkörper in sich zusammenbrechen.
Ursache der Osteoporose ist ein Ungleichgewicht zwischen Knochenabbau- und Knochenneubildungsprozessen. So kann der Abbau beschleunigt werden (zum Beispiel krankhaft) oder der Knochenaufbau wird unzureichend gewährleistet (etwa durch Stoffwechselstörungen). Ein großer Teil der Betroffenen sind Frauen im Alter nach den Wechseljahren.
Im medizinischen Alltag sind osteoporotische Wirbelbrüche oder ein Wirbelsäulenbruch wegen Unfällen nicht die einzigen Auslöser für die Lendenwirbelfraktur. Fehlstellungen können ebenfalls in Frage kommen. Bekannt ist der Medizin beispielsweise die Tatsache, dass ein nicht behandelter Wirbelbruch, der in seiner Position verheilt, ein höheres Risiko für Folgebrüche bedeutet. Dabei hängen die Zahl der in zusammengebrochener Position verheilten Brüche und das Risiko für Folgebrüche direkt zusammen.
Den Begriff Tumor (Krebs) bringen viele Personen zuerst mit Gewebeneubildungen im Bereich der Weichteile wie Lungen-, Darm- oder Prostatakrebs in Verbindung. Allerdings können sich im Bereich der Wirbel durchaus Tumore bilden. Dies können Primärtumore (aus dem Bereich abstammendes Tumorgewebe) oder Absiedelungen anderer Tumorerkrankungen (ossäre Metastasen) bilden. Letztere sind beispielsweise für Mammakarzinome (Brustkrebs), Prostata- oder Bronchialkarzinom dokumentiert. Bei einem Teil der Patienten bleibt der Primärtumor (Ursprungstumor) unklar. Durch das Wachstum der Geschwülste wird die Stabilität der Wirbel vermindert, die dann auch unter eigentlich normalen Belastungen brechen können.
Der Bruch eines oder mehrerer Wirbel führt in der Regel zu Beschwerden. Je nach Art der Fraktur können sich diese unterscheiden. Bei nur leichten Verletzungen oder stabilen Brüchen kann es sein, dass Patienten Symptome im ersten Moment nicht mit einem Wirbelbruch in Verbindung bringen.
Ein Anzeichen sind Schmerzen im Bereich der Lendenwirbelsäule, welche Richtung Kreuzbein oder Steißbein oder in die Brust ausstrahlen. Parallel wird die Beweglichkeit erschwert. Spätestens wenn neurologische (die Nerven betreffende) Auffälligkeiten auftreten, etwa nach einem Sturz, sollte der Arzt aufgesucht werden. Dazu gehören Kribbeln oder Taubheitsgefühl. Lähmungen sind in aller Regel ein klares Signal für eine Beteiligung der Nerven und müssen sofort einem Arzt vorgestellt werden.
Dieser wird im Zuge der Anamnese (Befunderhebung) Patienten intensiv befragen – etwa hinsichtlich eventueller Stürze. Teilweise lässt bereits die Gefühlswahrnehmung (Schmerzen, Ausfall von Muskelfunktionen) Rückschlüsse auf die Lokalisation des Wirbelbruchs zu. Neben der Befragung gehören zur Anamnese die körperliche Untersuchung und das Prüfen der Beweglichkeit.
Die Diagnostik zur Fraktur der Lendenwirbel geht über diese einfachen Untersuchungen noch weit hinaus. In der Regel werden hier bildgebende Verfahren benutzt, um die Verletzung zu lokalisieren und das Ausmaß abzuklären. Die Medizin setzt hierfür auf:
Letzteres Verfahren kommt zum Einsatz, um Schädigungen von Bandscheiben und Nerven einzuschätzen. Üblich sind zumindest Röntgenuntersuchungen, anhand derer beurteilt werden kann, wie ausgeprägt die Fraktur der Wirbel ist. Um die Schädigung von Bändern zu begutachten, werden in der Untersuchung sogenannte Funktionsaufnahmen eingesetzt.
Ein Wirbelsäulenbruch stellt heute eine Diagnose dar, die von Ärzten unterschiedlich behandelt wird. Wie mit einer Wirbelfraktur umzugehen ist, richtet sich im Wesentlichen nach der Form. Einige der Verletzungen können ohne operativen Eingriff ausheilen. Diese konservative Therapie kommt zum Einsatz, wenn stabile Frakturen vorliegen.
Stabil bedeutet in diesem Zusammenhang, dass vom Bruch der Wirbel keine Gefahr für die Wirbelsäule ausgeht. Glatte Brüche oder nur leichte Verletzungen können mit Ruhigstellen, Massagen und Gymnastik sowie einem Stützkorsett wieder folgenlos ausheilen. Deutlich schwieriger wird die Situation, wenn der Wirbelkanal durch den Bruch beeinträchtigt wird. Berstungs- oder Berstungsspaltbrüche wären Beispiele, in denen eine operative Behandlung vorgenommen wird.
Dieser Schritt kommt immer in Frage, wenn dem Rückenmark Gefahr droht. Für die Behandlung im Rahmen eines operativen Eingriffs stehen verschiedene Verfahren zur Verfügung. Im Zuge der Laminektomie bzw. Hemilaminektomie werden Teile des betroffenen Wirbels entfernt. Diese Maßnahme wird angewandt, wenn der Wirbelkanal eingeengt wird.
Die Spondylodese ist eine von zwei Methoden zur Behandlung des Bruchs. Hierbei wird der gebrochene Wirbel quasi überbrückt, indem die benachbarten Wirbel miteinander versteift werden. Im Zuge der Osteosynthese (Operation zur Befestigung von Knochen aneinander) werden die Knochen miteinander verschraubt, um so deren Zusammenwachsen zu ermöglichen. Zu den Nachteilen – gerade der Spondylodese – gehören Einschränkungen hinsichtlich der Beweglichkeit.
Wirbelbrüche, die durch Osteoporose ausgelöst werden, behandelt die Medizin heute oft mittels der Operationsverfahren der Kyphoplastie oder Vertebroplastie. Die minimalinvasiv (mit geringstmöglichen Verletzungen) durchgeführten Eingriffe sollen den Wirbelkörper aufrichten. Eine eingebrachte Substanz, der Knochenzement, sorgt dafür, dass die betroffenen Wirbel wieder an Stabilität gewinnen. Dieser Zement härtet im Knochen aus.
Ablauf und Heilungsdauer lassen sich bei einem Bruch der Wirbelsäule nicht ohne Weiteres vorhersagen. Umfang und Art der Verletzung spielen eine ebenso große Rolle wie die Behandlungsmaßnahmen. Zudem kann es - wie bei jeder OP – zu Komplikationen wie einer Wundinfektion kommen. Prinzipiell sind Wirbelbrüche in ihrer Prognose gut einzustufen.
Ausschlaggebend ist, ob und wie stark Nervengewebe beim Lendenwirbelbruch geschädigt wird. Ein stabiler Bruch heilt oft bereits nach wenigen Wochen aus. Je nach Art des Bruchs müssen sich Patienten nur einige Wochen schonen. Deutlich komplexer die Situation beim instabilen Bruch. Hier erstreckt sich die Heilungsdauer mitunter über mehrere Monate. Auch wenn Nerven und Wirbelkanal gerettet werden, kann es zu Einschränkungen der Mobilität kommen. Mit Nervenschäden und den damit verbundenen Folgen – sprich Lähmungen – ist aber zu rechnen.
aktualisiert am 07.11.2019