Eine Verletzung der Wirbelsäule mit einem Bruch des Wirbels (Wirbelfraktur) kann durch schwere Verkehrsunfälle oder Stürze aus großer Höhe verursacht werden. Da die Wirbelsäule ein sehr belastbares und stabiles Gefüge aus Knochen, Bandscheiben, Bändern und Muskeln ist, muss eine starke Kraft auf die Wirbelsäule einwirken, um sie zu beschädigen. Allerdings können bei bestimmten Erkrankungen, die die knöcherne Struktur der Wirbel verändern, auch schon kleinere Bagatellverletzungen oder leichte Belastungen ausreichen, damit ein Wirbel bricht. Besonders häufig entstehen solche so genannten pathologischen Frakturen bei Menschen mit Osteoporose, Krebserkrankungen oder Entzündungen der Knochen.
Wirbelbrüche können an den verschiedenen Anteilen der Wirbel vorkommen: am Wirbelkörper, am Wirbelbogen oder am Dornfortsatz. Bei Verletzungen der Wirbelsäule können auch das im Spinalkanal verlaufende Rückenmark und die daraus austretenden Nerven geschädigt werden, so dass es zu Lähmungen und Sensibilitätsausfällen kommen kann. Eine Behandlung der Wirbelbrüche ist durch Ruhigstellung möglich, meist mit einem korsettartigen Verband/Gips. Bei Wirbelfrakturen, bei denen das Risiko für Folgeschäden groß ist, ist oft eine Operation angezeigt.
Beim jungen, gesunden Menschen treten Wirbelbrüche in der Regel nur bei sehr schwerwiegenden Verletzungen auf. Besonders gefährdet ist die Wirbelsäule bei schweren Verkehrsunfällen, Stürzen aus großer Höhe oder Sportunfällen wie beispielsweise beim Reiten oder Skifahren. Manchmal sind Haushalts- und Freizeitunfälle, Berufsunfälle oder bisweilen direkte Gewalt für einen Wirbelbruch verantwortlich. Ein oft herangezogenes Beispiel für einen Hergang der Wirbelsäulenfraktur ist der übermütige Sprung in ein unbekanntes Gewässer, bei dem das Wasser flacher als gedacht ist. Geschieht der Sprung mit dem Kopf voran, kann die Halswirbelsäule in Mitleidenschaft gezogen werden.
Ist die Wirbelsäule jedoch schon durch eine Erkrankung geschädigt, können die Wirbel viel leichter brechen. Oft reichen schon Bagatellverletzungen wie ein Sturz auf den Boden oder das Heben eines schweren Gegenstandes mit gebeugtem Rücken. Zu solchen Wirbelbrüchen, die in der Medizin als pathologisch, also "nicht normal" bezeichnet werden, kommt es im Rahmen von Osteoporose, manchmal auch Knochenkrebs oder Knochenmetastasen (gestreute Tumoren anderen Ursprungs) oder Entzündungen der Knochen. Dieser Krankheiten führen dazu, dass die Knochenstruktur der Wirbel ausgedünnt und dadurch weniger stabil und belastbar wird.
Bei Verletzungen der Wirbelsäule ist zunächst die Lokalisation entscheidend.
Zudem ist für die Therapie entscheidend, in welchem Teil des Wirbels sich der Bruch befindet. Frakturen des vorderen Bereichs des Wirbelkörpers sind in der Regel stabil und eher wenig gefährlich. Brüche im Bereich der Hinterkante des Wirbelkörpers, die zusammen mit dem Wirbelboden einen Rahmen um den Rückenmarkskanal bilden, werden als instabil bezeichnet, weil durch den Unfall oder bei weiterer Belastung ein Knochensplitter oder Knochenvorsprung das Rückenmark verletzen kann.
Ein Wirbelbruch verursacht meist starke Schmerzen und führt dazu, dass die Betroffenen sich nicht mehr gut bewegen können. Bei akuten Verletzungen durch einen Unfall zeigen sich meist auch Schwellungen und Blutergüsse über dem betroffenen Bereich.
Bei Einengung des Rückenmarks oder der Nerven können Lähmungen, Missempfindungen der Haut und Funktionsausfälle beispielsweise der Blasen- und Darmschließmuskulatur entstehen. Dies kann auftreten, wenn sich eine zerrissene Bandscheibe oder ein Knochenstück in den Rückenmarkskanal hineinragt. Schwere und umfassende Ausfälle, die als Querschnittlähmung bezeichnet werden können, sind als Folge einer entsprechend heftigen Wirbelverletzung möglich.
Schwierig wird die Bewertung von Symptomen bei einem Wirbelbruch im Rahmen einer Osteoporose. Die Betroffenen können sich meist nicht an einen Unfall oder passenden Sturz erinnern, da die unstabilen Wirbelkörper schon bei geringen Alltagsbelastungen brechen können. Häufig ist es so, dass der Wirbelkörper nicht auf einmal bricht und dann Schmerzen verursacht, sondern im Laufe der Zeit durch die alltägliche Belastung in sich zusammensinkt. In der medizinischen Fachsprache wird dies auch als Sinterungsfraktur bezeichnet. Schmerzen, die bei solchen häufigen "Mini-Brüchen" auftreten, bestehen meist über einen langen Zeitraum und werden nicht so sehr als akut oder bedrohlich wahrgenommen. Im Verlauf einer Osteoporose kommt es nicht selten durch die Verkleinerung der Wirbelkörper zu einer verstärkten Krümmung der Brustwirbelsäule, im Volksmund Witwenbuckel genannt.
Zunächst ist es für den behandelnden Arzt wichtig zu wissen, ob der Patient einen Unfall erlitten hat. Der Arzt fragt, ob sich der Patient an einen Sturz oder ein anderes passendes Ereignis erinnern kann, das zu einer Verletzung der Wirbelsäule geführt haben könnte. Außerdem ist es entscheidend, ob der Patient einer Vorerkrankung hat, insbesondere Krebs, Osteoporose, Osteomalazie (Knochenerweichung) oder Entzündungen. Auch die Einnahme bestimmter Medikamente wie Cortison spielt eine wichtige Rolle.
Bei der körperlichen Untersuchung testet der Arzt die aktive und passive Beweglichkeit der Wirbelsäule und untersucht durch Drücken und Klopfen die Schmerzhaftigkeit. Außerdem überprüft er die Nervenfunktion, indem er Reflexe auslöst, Muskelkraft und die Sensibilität der Haut testet.
Die Region, in der der Wirbelbruch vermutet wird, wird von vorne und von der Seite im Röntgenbild untersucht. Zur besseren Darstellung der Weichteile wie Bandscheiben, Nerven und Bänder wird eine Computertomographie (CT) oder Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt. Durch diese Untersuchungen können Verletzungen oder Einklemmungen des Rückenmarks oder der Nerven gut erkannt werden. Sie sind auch wichtig zur Unterscheidung einer stabilen bzw. instabilen Fraktur sowie zur Planung des weiteren Vorgehens und der Therapie.
Die Behandlung einer Wirbelfraktur richtet sich nach dem Ort der Verletzung und deren Stabilität.
Bei stabilen Brüchen der Wirbelkörper, die nicht mit einer Einengung des Rückenmarkskanals einhergehen, wird eine konservative Therapie empfohlen. Das bedeutet, dass die Wirbelsäule des Patienten in einem Gipskorsett oder einer speziellen Orthese (Stabilisierungsstruktur) ruhiggestellt wird, so dass die Fraktur schnell ausheilen kann. Oft wird für eine Zeit eine Bettruhe verordnet, allerdings nicht mehr über viele Wochen wie früher. Im Verlauf wird mit dem Muskelaufbau und dem Haltungstraining im Rahmen der Physiotherapie begonnen.
Bei osteoporotischen Patienten steht die schnelle Mobilisation im Vordergrund der konservativen Therapie. Sie sollen schnell wieder beweglich, fit und schmerzfrei werden, was mit einer intensiven Physiotherapie angestrebt wird. Eine Gipsversorgung bei einem osteoporotischen Wirbelbruch bringt keine wesentliche Verbesserung, da die Wirbelkörper im zusammen gesunkenen Zustand eher stabil sind als die ausgedünnten Wirbel ohne Fraktur.
Eine operative Versorgung bei Wirbelbrüchen ist besonders dann notwendig, wenn die Fraktur als instabil eingeschätzt wird, also die Hinterkante der Wirbelkörper gebrochen ist und Teile des Knochens oder der Bandscheibe in den Rückenmarkskanal hineinragen. Zudem wird eine Operation empfohlen, wenn sich Nervenausfälle wie Lähmungen oder Sensibilitätsstörungen zeigen oder es durch den Einbruch des Wirbelkörpers zur Bildung eines Buckels gekommen ist.
Das vorrangige Ziel einer Operation ist es, den gebrochenen Wirbel so stabil wie möglich zu fixieren und eine Verletzung des Rückenmarks zu verhindern oder Nervenausfälle zu korrigieren. Dazu stehen verschiedene Operationstechniken zur Verfügung, die je nach individueller Situation und Vorerkrankung des Patienten ausgewählt werden.
Bei gesunden Knochen reicht es in den meisten Fällen aus, die verletzte Region mit speziellen Schrauben und Platten beziehungsweise mit Stangen zu fixieren (Fixateur interne). Dazu wird der gebrochene Wirbel mit einem darüber oder darunter gelegenen Wirbel verbunden, um ihn zu stabilisieren und die Heilung des Bruches zu ermöglichen. Anschließend wird häufig noch ein stützendes Korsett angelegt.
Auch im Fall einer Knochenerkrankung wie der Osteoporose kann eine Aufrichtung des Wirbelkörpers erfolgen, falls dieser durch eine oder mehrere Frakturen zusammengesunken und verkleinert ist. Dazu werden über zwei Zugänge am Rücken des Patienten rechts und links der Wirbelsäule über die Querfortsätze des gebrochenen Wirbels zwei aufblasbare Ballons in den Wirbelkörper eingebracht. Durch das vorsichtige Aufblasen der Ballons in der Mitte des Wirbelkörpers wird dieser wieder aufgerichtet. Die Ballons werden anschließend wieder entfernt und die entstandene Lücke mit einem speziellen Knochenzement aufgefüllt, der im Wirbelkörper verbleibt und diesen stabilisiert. Dieses Verfahren wird als Kyphoplastie bezeichnet. Es besteht auch die Möglichkeit, statt eines Knochenzements ein Titangerüst in den Wirbelkörper einzubauen, der dann die ursprüngliche Form des Wirbelkörpers wiederherstellt.
Ob ein Wirbelbruch folgenlos abheilt oder ob Schäden zurückbleiben, ist meist schwer zu sagen und von den individuellen Gegebenheiten des Patienten abhängig. Entscheidend ist dabei der Schweregrad des Bruchs, wie viele Wirbel und Anteile der Wirbelsäule mitverletzt sind, welche Vorerkrankungen vorliegen und wie schnell der Wirbelbruch behandelt wird.
Ein stabiler Wirbelbruch beim ansonsten Gesunden heilt in der Regel bei Einhaltung der Therapiemaßnahmen folgenlos aus. Die Operationstechniken zeigen ebenso zufriedenstellende Ergebnisse, bei denen die Patienten nach der Operation schnell wieder mobil und schmerzfrei sind.
Bei Verletzung des Rückenmarks oder der Nerven besteht immer die Gefahr, dass ein Folgeschaden auch nach einer Operation bestehen bleibt. Am schwerwiegendsten sind Schäden an den Nerven, eine Querschnittlähmung kann bestehen bleiben. Insbesondere kleinere Nervenausfälle können sich aber durchaus auch wieder erholen. Kann die Wirbelsäule nicht in ihre ursprüngliche Form zurückgebracht werden, kann dies zu Fehlhaltungen führen. Eine daraus folgende Fehlbelastung der Wirbelsäule kann zu chronischen Schmerzen führen. Eine spezielle Schmerztherapie ist in solchen Fällen unumgänglich.
Bei Patienten mit Osteoporose ist zusätzlich zur Versorgung des Bruches eine medikamentöse Therapie der Erkrankung wichtig. Es wird eine Kombination aus Calcium und Vitamin D empfohlen, was den weiteren Abbau der Knochenstruktur und damit die Gefahr einer zweiten Fraktur verringern soll.
aktualisiert am 04.12.2020