Wer an einer Vulvodynie leidet, kennt die damit einhergehenden Schmerzzustände und den unangenehmen Juckreiz im Genitalbereich. Neben dem Jucken im Genitalbereich haben die Betroffenen häufig mit Missempfindungen zu kämpfen. Da eine Vulvodynie keine eindeutigen Ursachen hat, gestaltet sich die Therapie umso schwieriger. Allerdings gibt es viele Frauen, die bei der Behandlung ihrer Vulvodynie mit einer Physiotherapie Erfolge erreichen konnten und die Beschwerden bessern konnten. Vor allem gezieltes Beckenbodentraining wird bei diesem Krankheitsbild empfohlen.
Ein dauerhaft verspannter Beckenboden geht häufig mit einer Vulvodynie einher. Sofern die Betroffenen gezielte Übungen ausführen, um ihre Muskulatur im Beckenbodenbereich zu lockern, ist eine Linderung der Symptome der Vulvodynie zu erwarten. Allerdings kann ein gezieltes Beckenbodentraining nicht nur zu einer Lockerung der Muskulatur beitragen. Vielmehr muss es das erklärte Ziel sein, dass die betroffenen Frauen gleichzeitig mehr Kontrolle über ihre Beckenbodenmuskulatur gewinnen. Denn gerade dann, wenn die Betroffenen trotz ihrer Vulvodynie ein erfülltes Sexleben haben wollen, ist es wichtig, dass sie die bewusste Kontrolle über ihre Muskeln auch in Momenten der Intimität mit ihrem Partner behalten.
Allein aufgrund der Tatsache, dass viele Vulvodynie-Patientinnen mit ständigen Schmerzen leben, ist die Angst vor weiteren Schmerzen bei einer vaginalen Penetration (Einführen des Penis oder eines Gegenstands in die Scheide) oft riesig. Dies kann dazu führen, dass sich die Muskulatur der Frauen weiter verkrampft, was ein Schmerzempfinden begünstigt. Wenn die Patientinnen in solchen Momenten der Angst bewusst dazu in der Lage sind, ihren Beckenboden zu entspannen, ist ihnen damit sehr geholfen. Neben dem Beckenbodentraining kann ein gezieltes Vaginaltraining in Kombination mit Biofeedback (eine Behandlung mit Sichtbarmachen von Vorgängen, die sonst nicht bewusst werden) und Elektrostimulation ebenso dazu beitragen, dass die Symptome der Vulvodynie gemindert werden. Im Rahmen einer erfolgreichen Physiotherapie profitieren die Patientinnen somit von den folgenden Effekten:
Allerdings kann sich eine Physiotherapie bei Vulvodynie nicht nur positiv auf die Beckenbodenmuskulatur der Damen auswirken. Vielmehr bringen Physiotherapeuten während der Behandlung häufig auch Zeit mit, um sich die Sorgen der Betroffenen anzuhören. Die psychosoziale Betreuung, welche die Frauen auf diesem Weg erfahren, ist ebenso von Vorteil, wenn es um die Linderung ihrer Symptome geht. Zum einen sieht ein Physiotherapeut seine Patienten häufiger als ein Arzt. Zum anderen ermöglicht die Länge der Therapiesitzungen ein tiefergehendes Gespräch zwischen dem Therapeuten und der Patientin. Dieser Aspekt ist auf der Suche nach einer Heilung für eine Vulvodynie ebenfalls nicht zu unterschätzen, denn psychische Gründe werden als Mitauslöser der Störung von einigen Ärzten vermutet. Zudem können die mit einer Vulvodynie einhergehenden Symptome die Psyche der Frauen so stark belasten, dass eine Depression daraus resultieren kann.
Bisher gibt es nur eine begrenzte Anzahl an Physiotherapeuten, die sich mit der Behandlung einer Vulvodynie bestens auskennen. Vielversprechende Ansätze kommen jedoch aus Kanada. Eine Methode der Physiotherapie bei Vulvodynie ist beispielsweise die Graded-Exposure-Therapie. Hierbei geht es darum, dass die Frauen systematisch und Schritt für Schritt mit den Reizen konfrontiert werden, die ihre Schmerzen verursachen und dementsprechend auf das Gemüt der Patientinnen schlagen. Die Patientin wird dabei gebeten, eine eigene Abstufung der Schmerzreize zu erstellen. Das Modell eines Thermometers kann dabei sehr hilfreich sein. Je höher die „Temperatur“ auf der Skala angegeben wird, desto schmerzhafter ist der jeweilige Reiz. Dieses Modell kann die betroffenen Damen somit dabei unterstützen, eine Hierarchie der verschiedenen schmerzbringenden Reize anschaulich zu machen.
Die eigentliche Therapie beginnt nun mit dem Reiz, der bei der niedrigsten Temperatur angesiedelt ist. Mit diesem Reiz sollte auch das geringste Angstempfinden einhergehen, was den Betroffenen den Einstieg in die Therapie erleichtert. Der Therapeut übernimmt dabei vor allem eine beratende und überstützende Funktion. Während der Physiotherapeut die Damen zwar mit der Durchführung der Übungen vertraut macht, findet das eigentliche Training bei den Patientinnen zuhause statt. Der Partner kann die Vulvodynie-Patientinnen dort bei dieser Arbeit unterstützen. Bei dem Graded-Exposure-Therapieansatz geht es nunmehr darum, dass sich die Frauen mit den stärker werdenden Reizen von ihrem Reizthermometer nach und nach konfrontieren.
Gemeinsam mit dem Therapeuten kann der Erfolg dieser Konfrontationsarbeit dann bei der nächsten Sitzung ausgewertet werden. Noch dazu leitet der Therapeut gezielte Beckenboden- und Stretching- sowie Entspannungs- und Atemübungen an, welche die Damen ebenfalls in der Vertrautheit ihres Zuhauses durchführen. Die sanfte, manuelle Behandlung durch den Physiotherapeuten kann zudem zum Schmerzabbau, der Spannungsreduzierung und Muskelstärkung beitragen. Dieser Ansatz kann durchaus mit der Betreuung durch einen Psychotherapeuten kombiniert werden, um die größtmöglichen Erfolge zu erzielen.
Damit die Kosten für diese Therapie von der Krankenkasse übernommen werden, ist eine Überweisung von dem behandelnden Gynäkologen oder Hausarzt erforderlich. Dabei sollten die Patientinnen darauf achten, dass sie sich an einen Therapeuten wenden, der hinreichende Erfahrungen mit der Therapie einer Vulvodynie vorweisen kann. Während einige Patientinnen allein mit der Physiotherapie sehr gute Erfahrungen machen, kann dieser Therapieansatz mit Medikamenten sowie weiteren Behandlungsoptionen kombiniert werden. Durch das sogenannte Biofeedback lässt sich eine bewusste Kontrolle über die eigene Beckenbodenmuskulatur beispielsweise besonders gut trainieren. Akupunktur kann bei einer Vulvodynie in Erwägung gezogen werden. Die Osteopathie ist eine weitere alternative Behandlungsform, die bei einer Vulvodynie versucht werden kann. Immer mehr Physiotherapeuten bringen die entsprechenden Zusatzqualifikationen mit, um solche Behandlungsmöglichkeiten anbieten zu können.
aktualisiert am 10.09.2019