Das menschliche Herz besteht aus zwei Vorhöfen und zwei Herzkammern. Jeweils ein Vorhof und eine Kammer bilden einen Teil des Körperkreislaufs und des Lungenkreislaufs, die als Kreislaufabschnitte so hintereinandergeschaltet sind, dass in der Lunge eine Anreicherung des Blutes mit Sauerstoff erfolgt, was dann im Körper wieder an die Organe abgegeben wird. Aus der Lunge fließt das sauerstoffreiche Blut über den linken Vorhof und die linke Kammer in den Körper, aus dem Körper fließt das sauerstoffarme Blut über den rechten Vorhof und die rechte Kammer wieder in die Lunge.
Eine Verbindungsöffnung zwischen den beiden Vorhöfen des Herzens, welche direkt aneinander angrenzen, wird als Vorhofseptumdefekt (Atriumseptumdefekt, ASD) bezeichnet. In vielen Fällen ist bei einem solchen Herzfehler eine Operation zu empfehlen, da sich Probleme mit der Sauerstoffversorgung des Körpers ergeben können.
Der Defekt in der Herzvorhofscheidewand ist in den allermeisten Fällen angeboren, oftmals bestehen Erbgutdefekte wie z.B. beim Down-Syndrom (Trisomie 21). Ein Loch in der Vorhofscheidewand beziehungsweise ein unvollständiger Verschluss kann auch durch die Auswirkung schädlicher Stoffe in der Schwangerschaft entstehen, z.B. Alkohol, Medikamente oder bei Krankheiten der Mutter wie Röteln oder Diabetes mellitus.
Es werden vier Arten der Vorhofseptumdefekte unterschieden:
Häufig sind die Vorhofscheidewanddefekte mit anderen Herzfehlbildungen kombiniert.
Dadurch, dass in der Scheidewand zwischen den Vorhöfen eine Öffnung besteht, fließt ein Teil des sauerstoffreichen Blutes aus dem linken in den rechten Vorhof. Dieses wird dann zusammen mit dem sauerstoffarmen Blut aus dem Körperkreislauf in den Lungenkreislauf gepumpt. Da dort im Prinzip weniger Sauerstoff in das ohnehin schon teilweise sauerstoffreiche Blut gelangen kann, muss das Herz eine erhöhte Leistung erbringen. Je größer das Vorhofseptumloch ist, um so mehr muss das Herz arbeiten.
Bei ansonsten nicht weiter beeinträchtigten Herzen besteht oftmals keinerlei Symptomatik, die Leistungseinschränkung ergibt sich häufig erst später, wenn es durch die ständige Belastung langsam zu dauerhaften Schäden in der Herzmuskulatur kommt. Ebenfalls kann die Lunge durch den erhöhten Blutdurchfluss in Mitleidenschaft gezogen werden, so dass sich Atemprobleme ergeben können.
Mehrere Folgeerscheinungen können auftreten. Dazu gehören Entzündungen im Herzen, unter anderem auch der Herzklappen, sowie Herzrhythmusstörungen durch die Aufweitung der Herzkammern und -vorhöfe. Auch eine Bronchitis kann durch den Vorhofseptumfehler verursacht werden.
In seltenen Fällen kann es auch dazu kommen, dass Blutgerinnsel aus dem Körper nicht in die Lunge, sondern über das Loch in der Vorhofscheidewand direkt wieder in den Körperkreislauf gelangen. Es kann dabei zu einem Schlaganfall oder anderen Durchblutungsstörungen kommen (paradoxe Embolie).
Die Aussagen des Patienten oder der Eltern, die Symptomatik und die körperliche Untersuchung deuten darauf hin, dass ein Herzfehler vorliegt. Insbesondere das Abhören mit dem Stethoskop kann wichtige Erkenntnisse bringen. Weitere Untersuchungen, die in der Regel durchgeführt werden, sind das EKG, die Echokardiographie (Herzultraschall) sowie Röntgenaufnahmen des Brustraums. Eine Herzkatheteruntersuchung kann weitere Informationen hervorbringen.
Die Arten des Vorhofseptumdefekts müssen voneinander abgegrenzt werden sowie von anderen Herzfehlbildungen, z.B. auch Herzklappenfehlern oder Herzkammerscheidewandlöchern, unterschieden werden.
Das Vermeiden von starken körperlichen Aktivitäten kann die Schädigung des Herzens verhindern oder verzögern. Allerdings ergeben sich dadurch Minderungen der Lebensqualität, der Prognose sowie weitere Nachteile. Außerdem können schädigende Einflüsse, beispielsweise durch andere Krankheiten, nicht verhindert werden. Daher sollte eine nichtoperative Therapie nur bei kleinen Lücken in der Scheidewand oder bei jungen Betroffenen erfolgen. Dazu werden ebenfalls bestimmte Medikamente gegeben.
Eine Herzkatheteruntersuchung und -behandlung zum Verschließen des Defekts kann ebenfalls in bestimmten Fällen durchgeführt werden.
In den Fällen, in denen eine konservative Therapie nicht erfolgreich ist, sollte eine Operation des Defektes in der Vorhofscheidewand durchgeführt werden. Der Eingriff erfolgt in Vollnarkose.
Es können verschiedene Zugangswege zum Herzen gewählt werden. Das Brustbein kann längs durchtrennt werden (mediane Sternotomie), wobei der Hautschnitt im unteren Bereich vorgenommen wird. Die Brustkorberöffnung kann auch auf der rechten Seite durch einen Einschnitt des Rippenzwischenraums unter der Brustdrüse vorgenommen werden. Daneben gibt es auch noch weitere Möglichkeiten, an das Herz zu gelangen. Nicht nur für die Operation praktische, sondern auch ästhetische Gründe können für das eine oder andere Verfahren sprechen.
Eine Herz-Lungen-Maschine muss eingesetzt werden, um das Blut des Körpers weiterzupumpen und dieses mit Sauerstoff anzureichern. Eine Ruhigstellung des Herzens wird somit ermöglicht.
Der rechte Herzvorhof wird aufgeschnitten. Die Lücke in der Trennwand der Vorhöfe kann je nach Befund durch bloßes Vernähen oder durch zusätzliches Einarbeiten eines Gewebestückes (Patch) geschlossen werden. Dieses Patch kann aus körpereigenem Gewebe des Herzbeutels oder auch aus einem künstlichen Material, beispielsweise Dacron® oder Gore-Tex®, hergestellt sein. Nach erfolgtem Verschluss der Vorhofscheidewand werden auch der Vorhof und in den allermeisten Fällen auch der Herzbeutel wieder zusammengenäht.
Am Ende des Eingriffs werden Drainageschläuche in den Brustraum eingeführt, um Wundflüssigkeit aufzunehmen. Die Schläuche können nach einigen Tagen wieder herausgezogen werden. Des Weiteren werden Schrittmacherdrähte, die die Herzaktionen verschnellern können, eingebracht, auch diese können bald wieder entfernt werden. Zum Schluss wird gegebenenfalls das Brustbein mit Drähten zusammengeklammert und die Haut zusammengenäht.
Stellt sich der Befund während der Operation anders dar als durch die vorhergehenden Untersuchungen, muss manchmal eine andere oder erweiterte Vorgehensweise gewählt werden. Auch Komplikationen können zu einer Erweiterung der Operation zwingen.
Es besteht die Gefahr von Blutungen und Nachblutungen. Ebenfalls können in der Nähe liegende Strukturen geschädigt werden, z.B. Nerven mit möglichen Lähmungserscheinungen, Taubheitsgefühl oder anderen Ausfällen. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass der Herzmuskel geschädigt wird. Bisweilen werden Herzrhythmusstörungen durch den Eingriff verursacht. Auch die Lunge kann unter Umständen in Mitleidenschaft gezogen werden, bei Defekten im Rippenfell kann es zu Luftansammlungen kommen, die die Atmung behindern (Pneumothorax). An dieser Stelle sowie um das Herz herum kann es auch zu Ergüssen kommen, die die Funktion stark beeinträchtigen können. Entzündungen, Wundheilungsstörungen und Narbenbildungen können ebenfalls ausgelöst werden. Besonders im Bereich des durchtrennten Brustbeins kann dies schwerwiegende Konsequenzen haben, z.B. Infektionen des Knochens oder Instabilität des Brustkorbs. Auch allergische Reaktionen sind möglich. Blutgerinnsel können sich bilden, die zu einer Mangeldurchblutung in verschiedenen Körperbereichen, z.B. auch der Lunge (Lungenembolie), führen können.
Hinweis: Dieser Abschnitt kann nur einen kurzen Abriss über die gängigsten Risiken, Nebenwirkungen und Komplikationen geben und erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit. Das Gespräch mit dem Arzt kann hierdurch nicht ersetzt werden.
Die Erfolgsaussichten einer solchen Operation an der Herzvorhofscheidewand sind als wesentlich höher zu bewerten als die Gefahren. Eine dauerhafte Heilung des Defektes ist in den meisten Fällen möglich. Spätere Probleme und Komplikationen gibt es nur selten, so dass ein Folgeeingriff in der Regel nicht notwendig ist.
Oftmals müssen Arzneimittel, die die Blutgerinnung hemmen, beispielsweise Aspirin® oder Marcumar®, abgesetzt werden. Dies geschieht immer in Rücksprache mit dem Arzt.
Im Anschluss an die Operation erfolgt eine Beobachtung und Nachbehandlung auf der Intensivstation.
Oftmals muss die Blutgerinnung durch Medikamente wie Marcumar® oder Heparin gehemmt werden. Die Gerinnungswerte werden regelmäßig überprüft. Die Vitamin-K-Zufuhr (z.B. durch Salat) muss begrenzt werden, da die Blutgerinnung verstärkt werden kann.
Leichte sportliche Betätigung kann für den Genesungsprozess und für die Gesundheit förderlich sein. Dies sollte jedoch nicht übertrieben werden, und der Arzt sollte immer zuerst sein Einverständnis geben.
Da Infektionen des Körpers, z.B. auch bei Halsentzündungen, Zahnproblemen oder bestimmten Hautkrankheiten, zu einer Schädigung der Herzklappen führen können, müssen gegebenenfalls antibiotische Medikamente gegeben werden.
Der Patient bekommt gegebenenfalls einen speziellen Ausweis über die Marcumartherapie.
Im Verlauf kann eine Reha-Behandlung sinnvoll sein. Regelmäßige Kontrolluntersuchungen (z.B. EKG, Blutdruck) sind notwendig.
Bei Auffälligkeiten, die auf Komplikationen oder Beeinträchtigungen des Gesundheitszustandes hindeuten, sollte kurzfristig der Arzt kontaktiert werden.
aktualisiert am 16.11.2023