Das Gedächtnis ist ein extrem komplexes System unseres Gehirns, das bis heute noch nicht ins Letzte verstanden ist. Das Kurzzeitgedächtnis speichert kleine „Pakete" an Informationen für eine kurze Zeit ab. Wird diese Information ständig wiederholt und abgerufen, kann sie schließlich im Langzeitgedächtnis abgespeichert werden.
Ebenso wie das Erinnern ist der Prozess des Vergessens ein wichtiger Vorgang im Gehirn. Er bewahrt uns davor, „überflüssige", schlimme oder peinliche Erinnerungen ständig im Gedächtnis zu haben. Bisher ist jedoch nicht vollständig geklärt, wie das Vergessen funktioniert. Die Spurenverfallstheorie geht davon aus, dass Erinnerungen ähnlich wie Spuren im Sand mit der Zeit verblassen und verloren gehen. Die Verfechter der Interferenztheorie dagegen nehmen an, dass Gedächtnisinhalte durch neu Erlerntes überlagert werden, sodass diese alten Informationen schwerer abgerufen werden können.
Die Eigenschaft, vergessen zu können, ist also eine gesunde und wichtige Funktion. Vergesslichkeit im Alltag ist meist bedingt durch mangelnde Konzentration, Stress oder Müdigkeit. Ist das Gedächtnis jedoch schwer gestört oder wirkt sich die starke Vergesslichkeit negativ auf den Alltag aus, kann die Ursache dafür eine Krankheit sein.
Die häufigste Art der Gedächtnisstörung ist die Demenz, der Verlust an geistigen, körperlichen und sozialen Fähigkeiten. Typische Auslöser einer Demenz sind:
Weitere, häufige Ursachen von Gedächtnisstörungen sind Vergiftungen mit Alkohol, Drogen, Medikamenten, Blei, Quecksilber oder auch Kohlenmonoxid. Je nach Grad der Vergiftung und der Schädigung des Gehirns können die Gedächtnisverluste vorübergehend oder langfristig sein.
Auch schwere Unfälle mit Verletzungen des Kopfes und des Gehirns (Schädel-Hirn-Trauma, SHT) können dazu führen, dass Erinnerungslücken entstehen, die so genannten Amnesien.
Mögliche Ursachen von Vergesslichkeit sind auch Stoffwechselstörungen wie Unterzucker (Hypoglykämie, insbesondere bei Diabetikern), Lebererkrankungen, Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) oder Morbus Cushing (Cortisolüberproduktion).
Auch psychische Erkrankungen wie Depression und Schizophrenie können in erheblichem Ausmaß die Leistungen des Gehirns negativ beeinflussen.
Wird eine Untersuchung durch einen Neurologen durchgeführt, weil der Betroffene extrem unter seiner Vergesslichkeit leider oder der Gedächtnisschwund plötzlich aufgetreten ist, so ist zunächst ein ausführliches Gespräch notwendig. Dabei erfragt der Arzt alle Angaben, die für ihn zu Diagnosefindung wichtig sind: Wann ist die Gedächtnisstörung zum ersten Mal aufgetreten oder aufgefallen? Ist die plötzlich entstanden oder war es ein schleichender Prozess? Wie genau äußert sich die Gedächtnisstörung, an welche Dinge kann sich der Betroffene erinnern, an welche nicht? Treten auch Konzentrationsschwächen und Aufmerksamkeitsstörungen auf? Leidet der Patient unter Müdigkeit, ständiger Erschöpfung, Schlaflosigkeit? Beeinträchtigt die Vergesslichkeit den Alltag? Ist der Patient räumlich und zeitlich immer orientiert? Gab es einen Unfall oder ein traumatisches Ereignis? Nimmt der Patient irgendwelche Drogen oder Medikamente, trinkt er Alkohol oder ist er irgendwelchen Schadstoffen ausgesetzt?
Bei der klinischen Untersuchung gibt es in der Regel keine Möglichkeit, die Vergesslichkeit sichtbar zu machen oder zu ertasten wie bei anderen Erkrankungen. Daher gibt es für die neurologische Untersuchung eine Reihe von Tests, die die unterschiedlichen Fähigkeiten des Gehirns überprüfen. So werden Kurz- und Langzeitgedächtnis, Orientierungsfähigkeit und abstraktes Denken getestet.
Zusätzlich sollten Blutdruck und Puls gemessen und die Herzfunktion mittels EKG sowie der Zustand der Gefäße im Ultraschall beurteilt werden. Mithilfe eines Elektroenzephalogramms (EEG) können die Gehirnströme während der Durchführung verschiedener Aufgaben aufgezeichnet werden. Bei entsprechendem Befund kann auch eine spezielle computertomographische Untersuchung (CCT) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT) erforderlich sein.
Wichtige Aufschlüsse können unter Umständen auch Seh- oder Hörtests geben, da gerade Einschränkungen in der Wahrnehmung der Umwelt sich auf die Funktion und Leistung des Gehirns auswirken.
Im Labor wird eine Blutprobe auf Veränderung der Blutzellen, der Elektrolyte, des Blutzuckers und der Spiegel der Hormone und Vitamine untersucht.
Eine ursächliche Therapie der Vergesslichkeit ist in den seltensten Fällen möglich. Gerade die verschiedenen Formen der Demenz können bisher nicht geheilt, sondern nur deren Symptome gemildert werden. Dazu sind spezielle Trainings der geistigen und körperlichen Fähigkeiten wichtig, die unterstützt werden können durch eine Therapie mit Medikamenten, die die Kommunikation der Nervenzellen untereinander verbessern sollen.
Gegen die „alltägliche Vergesslichkeit" helfen Übungen, die die Konzentration fördern und die Gedächtnisleistung trainieren. Auch eine ausgewogene, gesunde Ernährung und ausreichend Bewegung fördern die Fähigkeiten und verhindern vorzeitigen geistigen Abbau. Zusätzlich gibt es verschiedene rezeptfreie Präparate aus der Apotheke, die die Merkfähigkeit und das Konzentrationsvermögen steigern sollen.
aktualisiert am 21.02.2019