Als Ventrikelseptumdefekt oder kurz VSD wird ein Loch in der Scheidewand zwischen linker und rechter Herzkammer bezeichnet. Nach außen hin ist das Blutgefäßsystem dabei intakt, sodass es zu keinem Austritt von Blut in die Körperhöhle und einer damit verbundenen Lebensgefahr kommen kann. Abhängig von der Größe der Öffnung kann es jedoch zu schwerwiegenden Auswirkungen kommen. Die Entstehung eines Ventrikelseptumdefekts beginnt in einer sehr frühen Phase der menschlichen Entwicklung. Während bei der normal verlaufenden embryonalen Entwicklung der obere und untere Teil der Kammerscheidewand miteinander verwachsen, vollzieht sich bei einem Ventrikelseptumdefekt dieser Prozess unvollständig und es bleibt eine Öffnung zurück. Der VSD ist bei den Entwicklungsstörungen mengenmäßig bedeutsam, er macht in etwa ein Viertel aller angeborenen Herzfehler aus.
Das fertig entwickelte menschliche Herz-/Kreislaufsystem pumpt das Blut aus dem Körper über die rechte Herzkammer in Richtung Lunge. In der Lunge wird es mit dem lebensnotwendigen Sauerstoff angereichert und strömt dann der linken Herzkammer zu. Ein gesundes Herz befördert dann das sauerstoffreiche Blut zurück in den Körper, um die Lebensfunktionen aufrechtzuerhalten. Befindet sich allerdings ein Loch im Herz, das die beiden Herzkammern miteinander verbindet (Ventrikelseptumdefekt), kommt es zum Rückfluss von der linken in die rechte Herzkammer. Die Richtung dieses Blutflusses bleibt zunächst über längere Zeit gleich, weil der arterielle Blutdruck der linken Herzkammer höher ist als der venöse Druck in der rechten Herzkammer. Auf diese Weise wird ein Teil des sauerstoffreichen Blutes erneut in Richtung Lunge transportiert und steht dem Körper nicht zur Verfügung. Es entsteht ein Kreislauf zwischen Herz und Lunge, in dem sauerstoffreiches Blut ohne jeden Nutzen für den Körper zirkuliert. Die Kurzschlussverbindung zwischen den beiden Anteilen des Blutkreislaufs wird fachsprachlich Shunt genannt. In diesem Fall handelt es sich um einen Links-Rechts-Shunt, weil das Blut aus dem linken in den rechten Anteil des Herzens beziehungsweise Kreislaufs strömt.
Unterschieden werden Ventrikelseptumdefekte nach ihrer Größe. Häufig kommen kleine Defekte der Kammerscheidewand vor, bei denen bis zu 30 Prozent des Blutvolumens zurückfließen. Diese kleineren Defekte belasten das Herz nur wenig und müssen teils nicht medizinisch behandelt werden. Im günstigsten Fall schließen sie sich im Verlauf der weiteren Entwicklung von selbst oder werden im Umfang noch geringer. Mittelgradige Defekte verursachen einen Rückfluss von bis zu 50 Volumenprozent. Bei großen Defekten schließlich kann der Rückfluss weit über 50 Prozent betragen.
Größere Löcher in der Scheidewand verursachen ernstzunehmende Probleme. Das erkrankte Herz muss eine ungleich größere Pumpleistung als ein gesundes erbringen und als Folge können sich die Herzkammern vergrößern. Bleibt die Öffnung zwischen den Herzkammern über längere Zeit unbehandelt, kann es in der rechten Herzkammer zu einem Anstieg des Blutdrucks kommen. Die Struktur der Gefäße in den Lungen verändert sich dann und es stellt sich ein dauerhaft erhöhter Blutdruck in der Lunge ein. Durch den erhöhten Blutdruck kann sich die Fließrichtung durch die Öffnung ändern. Es kommt damit zu einem Rechts-Links-Shunt. Herrscht in der rechten Herzkammer ein höherer Druck, wird ein Teil des Blutes erst gar nicht zur Lunge gepumpt und mit Sauerstoff versehen. Es gelangt auf direktem Weg in die linke Herzkammer und wird, ohne den lebensnotwendigen Sauerstoff aufgenommen zu haben, wieder in den Körper gepumpt. Das sauerstoffarme Blut kann eine Unterversorgung einzelner Körperregionen mit Sauerstoff verursachen, die sich beispielsweise in einer Blaufärbung der Haut bemerkbar machen kann und als Blausucht (Zyanose) bezeichnet wird.
Haben sich die Veränderungen an den Blutgefäßen der Lunge erst einmal eingestellt, sind sie nicht mehr rückgängig zu machen. Der so genannte fixierte Lungenhochdruck ist eine schwerwiegende Erkrankung, die unter Umständen zum Versterben der Betroffenen bereits im frühen Erwachsenenalter führen kann. Aus diesem Grund ist es von großer Wichtigkeit, dass ein ausgeprägter VSD frühzeitig erkannt und bereits im Säuglings- oder spätestens im Kindesalter behoben wird.
Neben der Blausucht, die besonders augenfällig ist, wenn sie im Gesichtsbereich auftritt, treten zahlreiche weitere Symptome als Folge der verminderten Pumpleistung des Herzens auf. Typisch ist eine beschleunigte Atmung, durch die der Körper versucht, eine höhere Menge an Sauerstoff aufzunehmen. Patienten, die an einem VSD leiden, sind zudem infektanfällig und zeigen nicht selten Gedeihstörungen. Damit sind Verzögerungen der körperlichen Entwicklung gemeint, die sich auch auf die motorischen Fähigkeiten und die psychosoziale Entwicklung eines Kindes auswirken können. Ein weiteres Anzeichen kann in der Abneigung gegen Flüssigkeitsaufnahme liegen.
aktualisiert am 14.01.2020