Unter einer Hypoglykämie verstehen die Ärzte einen zu niedrigen Blutzuckerspiegel. Im Volksmund wird die Hypoglykämie auch als „Unterzuckerung“ bezeichnet. Bei Diabetespatienten tritt die Hypoglykämie als Komplikation infolge einer Insulintherapie auf.
Diese Unterzuckerung kann sowohl bei Patienten mit Typ-1-Diabetes als auch bei Typ-2-Diabetes auftreten. Eine Unterzuckerung kann jedoch auch bei Menschen ohne Diabetes mellitus auftreten. Die Angaben zu den Blutwerten, bei denen eine Unterzuckerung vorliegt, sind unterschiedlich. Bei Diabetikern gilt oft ein Zuckergehalt im Blut von unter 70 mg/dl (Milligramm pro Deziliter) als Hypoglykämie, bei anderen Menschen ein Wert von unter 50 mg/dl. Eine Rolle spielt auch, ob Symptome der Hypoglykämie vorhanden sind.
Bei Patienten, die häufig einen hohen Blutzuckerspiegel haben, können sich Symptome der Unterzuckerung sogar zeigen, wenn der Wert über der Grenze liegt. Der Ausgangswert des Blutzuckergehalts ist hier von Bedeutung. Beispielsweise können sich bei einem Patienten mit einem Blutzuckergehalt von 300 mg/dl bereits bei einem Wert von 150 mg/dl Symptome der Hypoglykämie zeigen. Die Ärzte sprechen hierbei von einer Pseudo-Hypoglykämie. Sie lässt nach einiger Zeit wieder nach, wenn der Stoffwechsel vom Arzt besser eingestellt wird.
Grundsätzlich muss bei einer Hypoglykämie zwischen der leichten und der schweren Unterzuckerung unterschieden werden. Bei der leichten Hypoglykämie kann sich der Betroffene selbst helfen, indem er Kohlenhydrate, Traubenzucker oder ein zuckerhaltiges Getränk zu sich nimmt. Bei der schweren Unterzuckerung ist der Patient auf die Hilfe von Anwesenden oder von einem Notarzt angewiesen. Der Patient kann hierdurch in ein Komafallen oder einen hypoglykämischen Schock erleiden. Anwesende müssen ihm schnellstmöglich blutzuckerwirksame Nahrungsmittel, wie Traubenzucker oder Medikamente verabreichen. Es ist hierbei wichtig, den Patienten mithilfe dieser Maßnahmen bei Bewusstsein zu halten. Bewusstlosen Patienten dürfen keine Nahrungsmittel oder Getränke eingeflößt werden. Es droht Erstickungsgefahr. Um den Blutzuckerspiegel zu steigern, wird in diesem Fall Glucose (Zucker) in den Blutkreislauf (intravenös) verabreicht.
Eine unbehandelte, andauernde und schwere Hypoglykämie kann tödlich enden.
Eine Hypoglykämie tritt bei insulinpflichtigen Diabetikern auf, wenn sie sich eine zu hohe Insulindosis verabreichen. Diese Überdosierung des Insulins ist die häufigste Ursache für die Unterzuckerung. Das körpereigene Hormon Insulin, das normalerweise in der Bauchspeicheldrüse produziert wird, senkt im Körper des Menschen den Blutzuckerspiegel.
Wenn der Blutzuckergehalt zu stark absinkt, setzt der Körper blutzuckererhöhende Hormone frei. Diese Hormone können den Blutzuckerspiegel wieder bis zu einem gewissen Grad erhöhen. Sinkt der Blutzuckergehalt jedoch rapide und stark ab, sind die Hormone nicht mehr in der Lage, einen Ausgleich zu schaffen. Dies tritt im Fall einer Insulinüberdosierung ein. Der Patient erleidet eine Hypoglykämie.
Die blutzuckererhöhenden Hormone werden auch als „Stresshormone“ bezeichnet. Sie stellen den Körper des Menschen bei Gefahr auf die Flucht oder auf einen Kampf ein. Die ersten Symptome, die aus einer Hypoglykämie resultieren, werden von diesen Hormonen ausgelöst. Im weiteren Verlauf treten schwerwiegende Symptome, wie Bewusstseinsstörung auf. Diese Symptome zeigen auf, dass die Hirnzellen und Nervenzellen keinen Brennstoff (Zucker) mehr erhalten. Die Nerven- und Hirnzellen benötigen Zucker als wichtigen Nährstoff.
Viele Diabetiker erleiden eine Unterzuckerung aus Unwissenheit. In vielen Fällen handelt es sich um Patienten, die erst seit kurzer Zeit unter Diabetes leiden und Insulin anwenden müssen. Den Patienten fehlt noch die Erfahrung und eventuell sind sie nicht ausreichend vorinformiert.
Wie kann es bei einem Diabetiker zu einer Hypoglykämie kommen:
Weitere mögliche Ursachen einer Hypoglykämie sind: Durchfallerkrankungen und Erbrechen, heiße Bäder oder andere Wärmeeinwirkungen, Menstruationsblutungen und Wechselwirkungen mit neuen Medikamenten. Diese Kombinationen können das Risiko einer Hypoglykämie erhöhen.
Unter bestimmten Umständen können auch Nicht-Diabetiker eine Hypoglykämie erleiden. Die Ursachen sind vielfältig. Eine starke Ausschüttung von Insulin kann eine der Ursachen sein. Das kommt beim Insulinom vor, ein Tumor der Bauchspeicheldrüse, der vermehrt Insulin absondert und den Blutzuckerspiegel senkt. Schwere Leberschäden können einen weiteren Grund für eine Hypoglykämie darstellen. Ist die Leber stark geschädigt, schüttet sie zu wenig Zucker (Glucose) in den Blutkreislauf aus. Eine Insuffizienz der Nebennierenrinde, eine Erkrankung der Hirnanhangsdrüse oder eine Schilddrüsenhormonstörung können ebenso in seltenen Fällen eine Hypoglykämie auslösen. In diesem Fall liegt das daran, dass zu wenig blutzuckersteigernde Hormone produziert werden.
Manchmal kommen auch postprandiale Hypoglykämien vor, das ist ein niedriger Blutzuckerspiegel nach einer Mahlzeit. Ursachen können Magenentleerungsstörungen, Erbkrankheiten oder auch eine Fruktoseintoleranz sein.
Starke körperliche Betätigung (Sport) und hohe Stressbelastung können in einigen Fällen ebenfalls zu einer Hypoglykämie führen.
Wie bei Diabetikern, kann es bei Nicht-Diabetikern durch einen hohen Alkoholkonsum ohne gleichzeitige Nahrungsaufnahme zu einer Hypoglykämie kommen.
Neugeborene von unzureichend eingestellten Müttern mit Diabetes neigen zu Hypoglykämie. Von einem zu hohen Blutzuckerspiegel ist das Kind ebenfalls betroffen und produziert als Folge der Hyperglykämie Insulin. Nach der Geburt wird das Kind nicht mehr mit dem hohen Blutzuckerspiegel der Mutter konfrontiert, aber die Zellen der Bauchspeicheldrüse haben sich noch nicht darauf eingestellt und produzieren weiterhin zu viel Insulin. Das führt direkt nach der Geburt zu einer Hypoglykämie.
Die Symptome einer Hypoglykämie sind vielfältig. Ferner ist es möglich, dass sich die Symptome der Unterzuckerung bei einer Insulintherapie im Laufe der Jahre verändern.
Bei der Symptomatik, die auftritt, muss zwischen den körperlichen, psychischen Symptomen und Störungen der Nervenfunktion unterschieden werden. Die Unterzuckerung wirkt sich auf alle diese Bereiche aus. Bei einem Patienten kann es daher zu körperlichen Symptomen, Verhaltensauffälligkeiten und/oder Nervenfunktionsstörungen kommen.
Die nachfolgend aufgeführten Symptome sind klare Anzeichen einer Hypoglykämie. Vor allem wenn mehrere dieser Symptome in Kombination auftreten, sollte ein Arzt verständigt und Erste-Hilfe-Maßnahmen eingeleitet werden:
Nicht alle Diabetiker sind in der Lage, die Symptome einer Unterzuckerung wahrzunehmen. Gerade bei langjährigen Diabetikern ist die Wahrnehmung eingeschränkt. Dies trifft bei ungefähr zehn Prozent der Diabetiker zu. 30 Prozent der langjährigen Diabetiker haben nur eine eingeschränkte Wahrnehmung und die Symptome der Hypoglykämie werden sehr spät wahrgenommen. Wenn der Patient eine Hypoglykämie nicht mehr erkennt, besteht die Gefahr, dass er nicht rechtzeitig reagiert.
Die Diagnose einer Hypoglykämie erfolgt in erster Linie durch eine Anamnese. Der Arzt wird die geschilderten Symptome bei einem bekannten Diabetes mellitus schnell auf die Hypoglykämie zurückführen.
Aus diesem Grund ist es vor allem bei einer Ohnmacht oder bei starker Benommenheit und Verwirrtheit des Patienten wichtig, den Arzt sofort über die Diabeteserkrankung des Betroffenen zu informieren. Daraufhin wird der Blutzuckergehalt des Patienten mit einem Messgerät ermittelt. Diese Schnelltests geben sofort Auskunft über eine Hypoglykämie beim Patienten. Ist eine Hypoglykämie festgestellt worden, müssen umgehend Behandlungsmaßnahmen eingeleitet werden. Eine schwere Hypoglykämie ist bei einem Diabetiker ein Notfall, der umgehend behandelt werden muss.
Wenn die Messung des Blutzuckerspiegels eine Hypoglykämie anzeigen, ist die Diagnose eindeutig. Unabhängig davon, ob der Patient Diabetiker oder Nicht-Diabetiker ist.
Da die Symptome einer Hypoglykämie nicht immer eindeutig sind, besteht bei Nicht-Diabetikern die Gefahr einer Fehldiagnose. Insbesondere wenn Ärzte die Symptome fehldeuten und keinen Blutzuckertest durchführen. Manche Anzeichen der Hypoglykämie können fälschlicherweise auf andere Erkrankungen, wie Infektionen, Schlaganfälle oder psychische Probleme zurückgeführt werden. Diese Erkrankungen müssen von den Ärzten abgegrenzt werden.
Die therapeutischen Maßnahmen einer Hypoglykämie beziehen sich auf die Notfallbehandlung. Bei einer Hypoglykämie kann es schnell zu einer Bewusstlosigkeit des Patienten kommen.
Die Zeitspanne zwischen den Erstsymptomen und der Bewusstlosigkeit kann im Extremfall sehr kurz sein. Aus diesem Grund sollten Patienten bei ersten Anzeichen auf eine Unterzuckerung unverzüglich handeln. Zunächst gilt es, Ruhe zu bewahren.
Der Patient muss umgehend Nahrung zu sich nehmen. Hilfreich sind blutzuckerwirksame Kohlenhydrate, ein Glas Fruchtsaft oder Traubenzucker. Im Notfall kann der Patient auch auf Süßigkeiten zurückgreifen. Anschließend ist es empfehlenswert, langsam blutzuckerwirksame Kohlenhydrate wie Brot zu konsumieren.
Wenn der Betroffene noch bei Kräften und bei klarem Bewusstsein ist, sollte er seinen Blutzuckergehalt messen. Tritt dieser Notfall ein, ist es hilfreich, wenn Freunde oder die Familie geschult sind, die Anzeichen einer Unterzuckerung zu erkennen. Dann sind sie in der Lage in einem Notfall zu helfen.
Manche Patienten leiden bei einer Hypoglykämie unter Verwirrtheit. Sie sind daher auf fremde Hilfe angewiesen. Grundsätzlich sollte bei den Anzeichen auf eine schwere Unterzuckerung der Notarzt verständigt werden. Ärzte spritzen dem Patienten im Rahmen der Notfallbehandlung eine hoch konzentrierte Zuckerlösung (Glucoselösung).
Für Angehörige und Freunde des Patienten gilt: Sie sollten niemals versuchen, einem bewusstlosen Diabetiker zuckerhaltige Flüssigkeit einzuflößen. Die Flüssigkeit kann in die Atemwege gelangen und zum Ersticken des bewusstlosen Patienten führen. Es ist bei einer Bewusstlosigkeit sehr wichtig, umgehend einen Notarzt zu verständigen.
Diabetiker müssen die Hypoglykämie unbedingt vermeiden. Die schwere Unterzuckerung stellt eine ernste Gefahr für den Betroffenen dar, die sogar tödlich enden kann. Eine schwerwiegende Hypoglykämie ist generell mit einer hohen Sterblichkeitsrate verbunden. Sogar Wochen bis Monate nach einer schweren Hypoglykämie bleibt ein Sterblichkeitsrisiko für den Patienten bestehen. Aus diesem Grund ist es wichtig, die Hypoglykämie bereits im Vorfeld zu vermeiden. Hierfür ist eine umfangreiche Schulung der Diabetespatienten unerlässlich. Wenn ein Patient eine Hypoglykämie erleidet, ist schnelles Handeln erforderlich.
Patienten mit Diabetes sollten sich des Risikos bewusst sein und den Umgang mit ihrer Erkrankung lernen. Bei so einer Schulung lernt der Patient, wie er eine Hypoglykämie vermeiden kann. Er bekommt Hinweise, wie er eine Hypoglykämie erkennen kann und was er in so einem Fall tun muss. Hat er die Symptome der Hypoglykämie erkannt, kann er rechtzeitig eingreifen und die richtigen Maßnahmen einleiten.
aktualisiert am 20.08.2020