Wer unter einer Unterkieferfehlstellung leidet, ist häufig von vielen weiteren Symptomen betroffen, die letztlich auf der Fehlstellung des Kiefers beruhen. Passen der Ober- und der Unterkiefer nicht genau aufeinander, kommt es vielfach zu Kauproblemen sowie diversen Verspannungen.
Die Verspannungen äußern sich nur zum Teil direkt im Kiefergelenk, teils machen sich die Beschwerden im Nacken-, Schulter- oder Rückenbereich bemerkbar. Das Problem der Unterkieferfehlstellung verursacht viele dieser Beschwerden, da sich die Muskeln des Kiefergelenks gegenseitig behindern. Oft sprechen Zahnmediziner hier von einer craniomandibulären Dysfunktion (CMD).
Zahnärzte und Kieferorthopäden setzen Aufbissschienen häufig ein, um die Verspannung im gesamten Kieferbereich zu lockern. Nach einer ausführlichen Diagnose kann bei akuten Beschwerden eine manuelle Therapie helfen, um extreme Verspannungen zu lösen. Als weiterer Schritt ist die Selbstmassage der gereizten Kiefermuskulatur zu empfehlen.
Diese beiden Punkte helfen jedoch nur kurzfristig und beseitigen nicht die Ursache der Verspannungsproblematik. An dieser Stelle kommt die Aufbissschiene zum Einsatz. Eine solche Schiene verhindert, dass die Zähne direkt aufeinandertreffen und es so zu einem ständigen starken Druck zwischen den Muskeln kommt. Der Kaudruck wird auf die Aufbissschiene geleitet, sodass die Zähne geschont werden und das Gelenk in einer besseren Stellung bleibt. Die Belastung für das Kiefergelenk nimmt ab und die Muskeln verspannen sich weniger stark.
Je nach Art der Beschwerden kommt die Aufbissschiene nur nachts oder, zum Beispiel in stressigen Phasen während der Arbeit, auch tagsüber zum Einsatz.
Eine Aufbissschiene kann bei einer Unterkieferfehlstellung zwar Abhilfe schaffen, die Fehlstellung selbst jedoch nicht beseitigen. Die Wirkung ist in Studien bisher zudem nicht endgültig erwiesen. Bei starken Beschwerden und dauerhaften Einschränkungen, die sich mittels der Aufbissschiene nicht korrigieren lassen, kommen Betroffene um weitere Behandlungen bis hin zu einem möglichen operativen Eingriff nicht herum.
Jeder Kiefer ist anders aufgebaut, sodass einheitliche Schienen keinen Sinn ergeben würden. Daher fertigt der Zahnarzt oder Kieferorthopäde im Rahmen einer Behandlung der Unterkieferfehlstellung eine individuell angepasste Schiene an.
Je nach Art und Weise der Unterkieferfehlstellung sowie den individuellen Vorlieben des Patienten kommen verschiedene Materialien zum Einsatz. Einige Aufbissschienen sind starr und hart, während andere Schienen aus einem weichen Material gefertigt sind. Meist eignet sich bei Kieferbeschwerden eher eine Schiene aus harter Substanz. Neuere Modelle wirken thermoplastisch, sie verändern ihre Eigenschaften also bei einer bestimmten Temperatur. Für ein leichteres Einsetzen in den Mund können Anwender diese Art der Schiene kurz unter heißes Wasser halten, sodass die Schiene weich und biegsam wird. Nach dem Einsetzen verhärtet sich das Material wieder, sodass es auch starkem Druck gewachsen ist.
Der Einsatz einer Aufbissschiene verfolgt verschiedene Zwecke. Zum einen sollen Verspannungen im Bereich der Kaumuskulatur minimiert werden, auf der anderen Seite geht es um einen Schutz der Zähne vor einer dauerhaften Überbeanspruchung. Durch den ungleichmäßigen Biss können die Zähne mit der Zeit abgerieben und brüchig werden, sodass Entzündungen und viele weitere Zahnprobleme hinzukommen können.
Bei akuten Problemen rät der Zahnmediziner in der Regel dazu, die Zahnschiene nachts und auch tagsüber zu tragen. Bessern sich die Beschwerden innerhalb der ersten Wochen, ist es möglich, dass die Aufbissschiene nur noch ab und an zum Einsatz kommt. Aufgrund der Unterkieferfehlstellung sind viele Patienten jedoch darauf angewiesen, die Schiene zumindest nachts dauerhaft zu tragen.
Manche Patienten empfinden die Schiene als sehr unangenehmen Fremdkörper, mit dem sie nur schlecht zurechtkommen. Je nachdem, wie schwer die Eingewöhnung fällt, kann auch eine andere Schiene eingesetzt werden. Etwas Zeit für die Gewöhnung sollte sich jedoch jeder Betroffene nehmen.
Über mögliche Kosten müssen sich privat und gesetzlich Versicherte keine Sorgen machen. Diagnostiziert der Zahnarzt oder Kieferorthopäde eine Fehlstellung des Unterkiefers, so zählt im Regelfall auch die Anfertigung einer passenden Aufbissschiene zu den von den Krankenkassen übernommenen Leistungen. Selbstverständlich sind Zusatzleistungen, die der Zahnarzt ergänzend zur bloßen Anfertigung der Schiene erbringt, von den Patienten zu tragen. Über diese Kosten hat ein Zahnarzt jedoch in einem Vorabgespräch aufzuklären.
Da die Anforderungen an die Aufbissschiene sehr unterschiedlich sind und sie teils im Dauereinsatz ist, in anderen Fällen jedoch nur gelegentlich zum Einsatz kommt, variiert die Haltbarkeit sehr stark. Spätestens nach etwa fünf Jahren sollte die Schiene jedoch gegen ein neueres Modell ausgetauscht werden. Bei dauerhafter Anwendung und starker Beanspruchung kann eine neue Schiene aber bereits nach wesentlich kürzerer Zeit erforderlich sein. Wer regelmäßig zur Kontrolluntersuchung geht, kann seine Schiene jederzeit anpassen lassen.
aktualisiert am 22.05.2018