Knochenbrüche sind fast immer Folge äußerer Gewalt. Das kann ein tätlicher Angriff sein, die Folge eines Unfalls, aber auch das unangenehme Resultat eines Sturzes. Dies gilt auch für einen Unterkieferbruch. In Ausnahmefällen lautet die Diagnose jedoch pathologischer Kieferbruch. Eine pathologische Fraktur entsteht, wenn der Knochen bereits vorgeschädigt ist beziehungsweise eine Schwachstelle aufweist. Dabei genügt meist ein ganz geringer Anlass, dass der Knochen bricht. Dies kann beispielsweise beim Kauen oder bei leichten Stößen gegen den Kiefer passieren. Aber was steckt hinter einer pathologischen Unterkieferfraktur und was bedeutet das für den Patienten?
Allgemein sind die Ursache für pathologische Frakturen von Knochen Erkrankungen wie Osteoporose, rheumatoide Arthritis oder Rachitis. Am Unterkiefer sehen die Ursachen meist etwas anders aus. Dort handelt es sich in vielen Fällen um eine pathologische Fraktur nach einem zahnärztlichem Eingriff (iatrogene Ursache). Häufig tritt die pathologische Unterkieferfraktur nach der Entfernung von Weisheitszähnen auf. Gerade nach der Entfernung (Extraktion) besonders tiefer oder festsitzender Weisheitszähne kann der Kieferknochen so geschwächt sein, dass ein Bruch an der Stelle begünstigt wird. Des Weiteren kann ein Bruch des Unterkiefers als Komplikation nach dem Einsetzen eines Implantats entstehen.
Am Unterkiefer können auch spontane pathologische Brüche auftreten, die durch Ursachen wie Kieferzysten (Hohlraumbildung), Tumore (oder Metastasen, gestreute Tumorherde aus anderen Körperbereichen), Osteoporose oder Knochenentzündung (Osteomyelitis) entstehen.
Weitere Fälle pathologischer Unterkieferbrüche können aufgrund einer Osteoradionekrose (Zugrundegehen von Knochenmaterial aufgrund einer Strahlentherapie) oder einer Biphosphonat-Nekrose (nach Gabe des Medikaments Biphosphonat) auftreten.
Es sind Kleinigkeiten, die eine pathologische Kieferfraktur auslösen können. Da der Kiefer seine Stabilität verloren hat, ist er anfälliger für einen Bruch. Ein pathologischer Bruch des Unterkiefers lässt sich nicht immer gleich als solches erkennen.
Ist eine Zahnentfernung der Grund für den Kieferbruch, dann kann dieser direkt während des Eingriffs auftreten oder auch später. Die meisten Frakturen treten innerhalb einiger Wochen nach dem Eingriff auf.
Der Auslöser einer pathologischen Fraktur ist meist gering, aber die Folgen weitreichend. Der Patient berichtet von Schmerzen in der betroffenen Region, aber auch von einer eingeschränkten Beweglichkeit. Die Schmerzen können stärker werden und auch wieder nachlassen. Es ist für den Betroffenen daher oft nicht erkennbar, dass es sich um einen Knochenbruch handelt. Im Laufe der Zeit lässt der Schmerz zunächst in Ruhe nach, wird dann aber immer stärker und ist im weiteren Verlauf auch dann zu spüren, wenn der Kiefer gar nicht belastet wird. Das führt dazu, dass eine solche Fraktur oft erst spät diagnostiziert wird.
Informiert der Betroffene seinen Zahnarzt über die unerklärlichen Schmerzen, prüft dieser, ob der Kiefer abnorm beweglich ist und ob dabei Reibegeräusche zu hören sind. Liegen beide Anzeichen vor, spricht das für eine (pathologische) Unterkieferfraktur. Um sicherzugehen, ordnet der Zahnarzt eine Röntgenaufnahme an. Auch die Computertomographie (CT) und eine Kernspintomographie (MRT) sind mögliche Untersuchungsmethoden, um den Knochenbruch zu beurteilen. So lässt sich die Diagnose stellen, aber auch das Ausmaß der Schädigung ermitteln. Außerdem lässt sich so klären, ob auch entzündliche Prozesse beteiligt sind, die behandelt werden müssen. Die Grunderkrankung muss gefunden und behandelt werden. Auch die Fraktur selbst erfordert eine Therapie.
Die Art der Behandlung ist abhängig vom Ausmaß der Fraktur. Kann die Diagnose früh gestellt werden, sind die Heilungsaussichten besser als bei länger bestehendem Bruch. Die meisten Fälle werden mit einem operativem Eingriff behandelt. Dazu muss der Knochen die nötige Stabilität haben, damit Schrauben und Platten genügend Halt finden (Osteosynthese). Es ist außerdem möglich, den Kiefer vorher wieder aufzubauen. Je nach Krankheitsbild wird dafür körpereigenes Gewebe verwendet oder es werden aufbauende Mittel verordnet. Die Wiederherstellung nach einer Erkrankung des Knochens kann Monate in Anspruch nehmen. Gegebenenfalls muss die Ursache des Knochenabbaus behandelt werden.
aktualisiert am 02.03.2018