Nach der Weltgesundheitsorganisation WHO (World Health Organization) besteht eine Sterilität (Unfruchtbarkeit), wenn ein Paar über 12 Monate kein Kind zeugt. Voraussetzung für die Definition ist, dass Frau und Mann regelmäßig und ohne Verhütungsmethoden Sex miteinander hatten. Unfruchtbarkeit kann viele Gründe haben, von denen einige auf der Seite der Frau bestehen können.
Die Ursache liegt in etwas mehr als einem Drittel der Fälle eindeutig bei der Frau, bei etwa einem Drittel liegt sie beim Mann. Das übrige knappe Drittel der Unfruchtbarkeitsfälle hat keine erkennbare, nachweisbare Ursache oder kommt durch Störungen beider Partner zustande.
Eine Frau kann aufgrund verschiedener Problematiken unfruchtbar sein. An einer oder mehreren Stellen des Mechanismus, der ein neues Leben entstehen lässt, funktioniert etwas nicht richtig. Erbliche Faktoren können manchmal ein Grund für die Unfruchtbarkeit sein, viel häufiger sind es aber erworbene Störungen oder auch psychische Beeinträchtigungen.
Ein häufiger Grund für die weibliche Sterilität ist eine Störung am Eileiter. Wenn der Eileiter verlegt ist oder die Transportfunktion verschlechtert ist, dann kann die Eizelle nicht vom Eierstock in die Gebärmutter gelangen. Ist der Eileiter komplett zu, dann können auch keine Spermien zur Eizelle kommen. Ein Eileiter kann verklebt oder verwachsen sein als Folge einer Entzündung, einer früheren Eileiterschwangerschaft oder einer Endometriose (eigentliche Gebärmutterschleimhaut findet sich an einer anderen Stelle, hier im Eileiter). Wenn es vorher einmal eine Operation gab, dann kann der Eileiter auch deshalb verlegt sein.
Eine ganze Reihe von Hormonen steuert in einem komplexen Regelkreis die Aufgaben und das Zusammenspiel der weiblichen Geschlechtsorgane. Das richtige Zusammenspiel führt zu einem normalen Monatszyklus mit der Reifung des Eies, dem Eisprung, der für die Einnistung wichtigen Gelbkörperbildung, der Menstruationsblutung und weiteren wichtigen Vorgängen. Die Hormonsteuerung kann an unterschiedlichen Stellen gestört sein.
Durch vermehrte Androgene (männliche Hormone) kommt es bei einer Frau zu einer Vermännlichung (Androgenisierung oder Virilisierung). Neben Anzeichen wie starker Körperbehaarung und ausbleibender Menstruation kann es zu Unfruchtbarkeit kommen.
Ein Polyzystisches Ovarsyndrom (PCO) ist eine Störung in den Eierstöcken, bei der es zur Bildung von Zysten (Flüssigkeitskammern) und über einen bestimmten Mechanismus zur vermehrten Ausschüttung von Androgenen (Männlichkeitshormonen) kommt. Der Monatszyklus ist nicht mehr normal, meist verlängert, oder es kommt zu einem Ausfall der Blutungen. Unfruchtbarkeit ist eine häufige Folge.
Hormone, die die Eireifung im Eierstock (Ovar) bewirken, können fehlen. Die Störung der hormonellen Steuerung kann im Hypothalamus (Teil des Gehirns), Hirnanhangdrüse (Hypophyse) oder im Eierstock selbst liegen. Hier kann von einer Eierstockschwäche (Ovarialinsuffizienz) gesprochen werden.
Unfruchtbarkeit kann auch durch einen Überschuss an dem Hormon Prolactin entstehen. Prolactin, das in der Hirnanhangdrüse gebildet wird, sorgt hauptsächlich dafür, dass in der weiblichen Brust die Milch hergestellt wird. Zu viel Prolactin kann dazu führen, dass die Regelblutungen selten werden oder fehlen, Milch aus der Brust dringt und eben eine Unfruchtbarkeit besteht.
Eine verminderte Bildung von Östrogenen (weiblichen Hormonen) im Eierstock führt dazu, dass der Schleim am Muttermund (Zervixschleim) vermindert ist. Das erschwert den Spermien den Zugang zur Gebärmutter beziehungsweise in Richtung Eizelle.
Bei manchen Frauen stellen sich auch vorzeitig die Wechseljahre ein. Weitere hormonelle Störungen als Ursache der Unfruchtbarkeit einer Frau sind Schilddrüsenüberfunktion und Schilddrüsenunterfunktion, Nebennierenerkrankungen (Morbus Addison, Morbus Cushing).
Allgemeine Zustände und Beeinträchtigungen können die Fruchtbarkeit einer Frau stören. Oftmals sind diese Störungen ebenfalls durch Abweichungen der Hormone bedingt. So kann ein enormes Übergewicht (Adipositas) oder Untergewicht (z. B. bei Magersucht, Anorexie) eine Schwangerschaft verhindern, ebenso wie eine heftige Gewichtsschwankung. Abnorme körperliche Belastungen einer Frau führen ebenfalls oft zu einer beeinträchtigten Fruchtbarkeit.
Schwere Erkrankungen des Organismus führen unter Umständen zu einer Unfruchtbarkeit. Neben einigen hormonellen Erkrankungen können unter anderem Stoffwechselerkrankungen (z. B. Diabetes, Galaktosämie), Epilepsie, Infektionen (z. B. Tuberkulose) oder Tumore die Fruchtbarkeit herabsetzen.
Giftstoffe können die Fruchtbarkeit herabsetzen. Hierzu gehören Alkohol, Nikotin und weitere Drogen sowie diverse Medikamente. Medikamente, die sterilisierend wirken, sind beispielsweise Mittel zur Chemotherapie, Neuroleptika (nervendämpfende Mittel) oder weitere Mittel wie Metoclopramid, Cimetidin, Domperidon und andere. Aber auch weitere Gifte wie Schwermetalle (z. B. Blei, Quecksilber, Cadmium) sind für die Fruchtbarkeit schädlich. Des Weiteren wirkt sich eine Bestrahlung negativ auf die Fruchtbarkeit aus.
Endometriose ist eine Erkrankung, bei der sich Gebärmutterschleimhaut an einer falschen Körperstelle befindet. Dieses Gewebe macht die gleichen Veränderungen innerhalb des Zyklus mit wie das Innere der Gebärmutter, es blutet also z. B. auch während der Regel. Wenn der Eileiter von einer Endometriose betroffen ist, dann kann dessen Durchlässigkeit und Transportfunktion beeinträchtigt sein. Deshalb kann die Eizelle oder teilweise auch die Spermien nicht durch den Eileiter gelangen, weshalb die Frau nicht schwanger wird.
Doch die versprengte Schleimhaut der Gebärmutter kann sich auch an anderen Stellen finden, beispielsweise oft in der Bauchhöhle, im Eierstock, in der Scheidenwand oder auch in der Gebärmuttermuskulatur. Dann kann ebenfalls eine Sterilität bestehen.
Warum Endometriose unfruchtbar macht, ist bei diesen Fällen nicht geklärt. Manche Forscher vermuten auch den umgekehrten Zusammenhang, nämlich dass die Endometriose erst aufgrund der Unfruchtbarkeit entsteht.
Fehlbildungen der Genitalorgane der Frau können die Ursache der Sterilität sein. Das häufigste Beispiel ist eine abnorme Trennwand (Septum) in der Gebärmutter. Manchmal sind auch zwei Gebärmütter angelegt (Uterus duplex). Auch die Scheide kann eine Unterteilung aufweisen, die die sexuelle Funktionsfähigkeit stört.
Die Vagina (Scheide) kann von Verwachsungen betroffen sein, die die normalen sexuellen Vorgänge behindern. Ein guter Geschlechtsverkehr kann verhindert werden, wenn Schmerzen bestehen (Dyspareunie) oder ein Scheidenkrampf besteht (Vaginismus). Bei manchen Frauen finden sich Antikörper im Schleim des Gebärmutterhalses, die die Spermien angreifen und eine Befruchtung verhindern. Der Grund dafür ist eine immunologische Inkompatibilität, das Abwehrsystem der Frau verträgt sich also nicht mit dem des Mannes. Im Übrigen kann es bei dieser Störung vorkommen, dass ein entstandener Embryo vom Abwehrsystem der Frau angegriffen wird. Eine Fehlgeburt ist die Folge.
Beim Ullrich-Turner-Syndrom hat die Frau nur ein X-Chromosom und nicht zwei, wie es normalerweise der Fall ist. Die Betroffene ist unfruchtbar. Ebenfalls steril sind Menschen, die sich vom Erscheinungsbild her weiblich entwickelt haben, aber die männlichen Chromosomen (XY) haben. Das kann aufgrund mehrerer Störungen der Fall sein (z. B. Swyer-Syndrom, Androgenresistenz). Hat eine Frau drei X-Chromosomen (Triple-X-Syndrom), dann kann die Fruchtbarkeit gestört sein, viele Betroffene können jedoch auch Kinder zeugen.
Nicht zuletzt spielt auch die Psyche eine bedeutende Rolle, ob eine Frau fruchtbar ist oder nicht. Hat eine Frau viel Stress, dann kann es die Fruchtbarkeit stören. Das gilt auch für Konflikte mit dem Partner. Bei einigen Frauen fehlt das sexuelle Verlangen (Libido). Manche fühlen sich von ihrem eigenen Kinderwunsch oder von anderen Menschen zu sehr unter Druck gesetzt. Auch kann eine Angst vor einer Schwangerschaft bestehen. Viele spezielle psychische Erkrankungen aus den großen Gruppen der Neurosen (z. B. Angststörungen, Depressionen) und der Psychosen können die Fruchtbarkeit beeinträchtigen.
Nach den Definitionen lassen sich mehrere Formen der Unfruchtbarkeit beschreiben. Eine primäre Sterilität heißt, dass die Frau niemals schwanger geworden ist. Eine sekundäre Sterilität beschreibt, dass bereits eine oder mehrere Schwangerschaften bestanden und erst später die Unfruchtbarkeit in Erscheinung tritt (erworbene Sterilität). Außerdem gibt es die Infertilität oder Impotentia gestandi, bei der zwar eine Befruchtung der Eizelle stattfindet, aber das Kind nicht
Egal welche Form zutrifft, die Situation ist nicht zufriedenstellend für eine Frau mit Kinderwunsch. Das kann die Frau seelisch belasten. Neben der ausbleibenden Schwangerschaft können weitere Symptome auftreten, müssen es aber nicht. Sie hängen im Wesentlichen von der Ursache der Unfruchtbarkeit ab.
Am Anfang der Diagnostik steht das Gespräch (Anamnese) zwischen der Betroffenen (oder dem Paar) und dem Arzt. Bezüglich der Frau erkundigt sich der Arzt nach verschiedenen Gegebenheiten und Symptomen, nach Vorerkrankungen, nach vorherigen Eingriffen, nach eventuellen bisherigen Schwangerschaften, nach dem Sexualverhalten. Der Arzt fragt z. B., wie lange der Kinderwunsch bisher unerfüllt blieb und wie oft die Partner miteinander Sex haben. Außerdem spielt eine Rolle, ob ein seelisches Gleichgewicht besteht oder ob es belastet ist.
Wichtige Informationen gibt auch der Zyklus der Frau preis. Der Arzt überlegt, welche Ursachen möglich sind, anhand der Dauer eines Zyklus, der Regelmäßigkeit oder Unregelmäßigkeit, der Dauer einer Monatsblutung, möglichen abnormen oder ausbleibenden Blutungen. Die Frau kann Aufzeichnungen über ihr Blutungsverhalten sowie ihre Körpertemperatur in einem Kalender festhalten. Die Körpertemperatur (Basaltemperatur) gibt Hinweise darauf, wann eine Frau ihre fruchtbaren Zeiten hat, denn sie steigt dann um durchschnittlich 0,5°C. Eine konstante Basaltemperatur deutet darauf hin, dass kein Eisprung stattfand, und andere Abweichungen können auf bestimmte weitere Störungen hinweisen.
Der Mediziner führt eine gynäkologische Untersuchung durch, bei der auch das Scheideninnere und der Muttermund sowie das Sekret an diesen Stellen beurteilt werden. Mittels Ultraschall können Besonderheiten wie Fehlbildungen oder krankhafte Veränderungen erkannt werden. Im Labor wird eine Blutprobe analysiert und unter anderem nach Abweichungen der Hormonspiegel gefahndet. Daneben gibt es spezielle Hormontests, bei denen der Frau ein Hormon verabreicht wird und nach der Reaktion geschaut wird.
Der Arzt kann in einigen Fällen auch eine Untersuchung zur Gebärmutterspiegelung (Hysteroskopie) durchführen. Dabei kann Gebärmutterschleimhaut entnommen werden (Biopsie). Zu den weitergehenden Untersuchungen gehört ein Röntgen, bei dem mit Kontrastmittel unter anderem die Durchlässigkeit der Eileiter kontrolliert wird (Hysterosalpingographie). Ein weiterer Test ist der Penetrationstest, bei dem überprüft wird, wie gut die Spermien in das Sekret vom Muttermund eindringen können. Im äußersten Fall kann eine Operation zur Bauchspiegelung als Untersuchung (diagnostische Laparoskopie) durchgeführt werden.
Besteht der Verdacht, dass eine Abweichung des Erbguts vorliegt, dann wird dieses mit Spezialverfahren analysiert.
Eine Behandlung ist in vielen Fällen möglich, wenn der Grund der Fruchtbarkeitsstörung eingeordnet werden kann. Die Therapie richtet sich erst einmal danach, die Ursache auszuschalten. Bevor ansonsten die Therapie bei Unfruchtbarkeit der Frau beginnen kann, muss ein ausführliches Gespräch zwischen dem Arzt, der Frau und ihrem Partner stattfinden. Darin wird die Patientin über mögliche Methoden, die Erfolgsaussichten, mögliche Risiken und psychische Aspekte aufgeklärt. Außerdem muss sichergestellt sein, dass der Mann zeugungsfähig ist.
Bei unerfülltem Kinderwunsch können Paare auch über eine eventuelle Adoption nachdenken.
Nicht selten können schon einfache Maßnahmen helfen, dass es mit der Schwangerschaft doch klappt. So kann anhand der genauen Beobachtung des Monatszyklus herausgefunden werden, wann die Frau fruchtbar ist und zu welcher Zeit ein Geschlechtsverkehr am meisten erfolgversprechend ist. Das ist beispielsweise über einen Urintest auf das Hormon LH (Luteinisierendes Hormon) möglich. Der Arzt kann dazu aber auch regelmäßig den Eierstock per Ultraschall untersuchen.
Außerdem empfiehlt es sich, potenzielle Gifte (Nikotin, Alkohol, bestimmte Medikamente nach Absprache mit dem Arzt) wegzulassen und damit die Chance auf ein Kind zu erhöhen. Sollten starke seelische Probleme vorhanden sein, dann kann unter Umständen eine Psychotherapie (Gesprächstherapie, Paartherapie) hilfreich sein.
Mit Hormonen als Medikamentengabe kann bei entsprechenden Störungen versucht werden, eine Fruchtbarkeit wiederherzustellen. Mit Hormonen kann beispielsweise die Eireifung gefördert und ein Eisprung herbeigeführt werden. Eventuell sind dann weitere Maßnahmen möglich (künstliche Befruchtung).
Sind die Eileiter verschlossen, dann können sie mittels eines Eingriffs zur so genannten Salpingolyse wieder durchlässig gemacht werden. Auch ein Katheter an der Stelle kann in Frage kommen. Bei entsprechenden Veränderungen sind Eingriffe an der Gebärmutter oder der Vagina möglich.
Um ein Kind entstehen zu lassen, ist eine Befruchtung der Eizelle mit einer Samenzelle notwendig. Das kann bei der künstlichen Befruchtung außerhalb des Körpers geschehen (In-vitro-Fertilisation). Dazu werden erst einmal Eizellen reifen gelassen und entnommen und dann im Glasschälchen mit Samenflüssigkeit befruchtet. Wenn ein früher Embryo entstanden ist, kann er in die Gebärmutter gebracht werden.
In anderen Fällen werden Spermien in die Gebärmutter überführt (Insemination).
aktualisiert am 25.08.2022