Die Trichterbrust, auch als Pectus excavatum oder Pectus infundibiliforme bezeichnet, ist eine Fehlbildung des Brustkorbs (Thorax). Dabei wölben sich das Brustbein und die damit verbundenen Rippen nach innen, so dass die Form eines Trichters entsteht. Die Trichterbrust ist an sich keine schwere Erkrankung, für Betroffene jedoch häufig mit psychischen Belastungen verbunden. Die Fehlstellung der Brust kann operativ korrigiert werden.
Der Entstehungsmechanismus der Trichterbrust ist nicht genau bekannt. Es wird jedoch angenommen, dass es sich dabei um eine Fehlentwicklung der knorpeligen Anteile der Rippen am Brustbein handelt. Die Trichterbrust tritt familiär gehäuft auf, so dass eine genetische Vererbung dieser Strukturveränderung wahrscheinlich ist. Sie tritt bei Jungen häufiger auf als bei Mädchen und ist mit einer Häufigkeit von 1:1000 keine Seltenheit.
Die Trichterbrust kann bei Betroffenen als einzelne Fehlbildung auftreten oder aber mit anderen Beeinträchtigungen oder Erkrankungen einhergehen. Zu diesen gehören das Marfan-Syndrom (Veränderungen im Bindegewebe mit Großwüchsigkeit und Herzfehlern) und das fetale Alkoholsyndrom, das bei Kindern auftritt, deren Mütter in der Schwangerschaft viel Alkohol konsumiert haben.
Das Pectus excavatum ist selten schon direkt nach der Geburt zu sehen. Es entwickelt sich in der Regel erst im Laufe des Wachstums, in einigen Fällen auch erst während der Pubertät. Die vollständige Ausprägung der Trichterbrust kann erst nach Abschluss des Wachstums beurteilt werden. Der Trichter ist individuell verschieden stark ausgebildet und kann symmetrisch oder asymmetrisch angelegt sein.
Die Trichterbrust ist an sich eine harmlose Fehlbildung, da sie nur sehr selten die Funktion von Herz und Lunge beeinträchtigt. Betroffene spüren in einem solchen Fall eine eingeschränkte Belastbarkeit beim Sport oder leiden unter wiederkehrenden Herzrhythmusstörungen.
Zusätzlich geht die Veränderung des Brustkorbs auch häufig mit einer Fehlhaltung der Schultern und des Rückens einher: Die Schultern hängen nach vorne und unten, die Brustwirbelsäule ist verstärkt nach vorne gekrümmt. Dadurch entsteht der Eindruck eines Buckels. Zusätzlich ergibt sich durch diese Haltung ein Hervorwölben des Bauches mit einer schwach ausgebildeten Bauchmuskulatur. Aufgrund dieser Fehlhaltung kann es im Laufe der Zeit zu Folgeschäden kommen wie Rückenschmerzen oder Bandscheibenvorfällen.
Die größte Beeinträchtigung durch die Trichterbrust ist jedoch meist die psychische. Menschen mit Fehlbildungen, die von außen sichtbar sind, werden nicht selten stigmatisiert, ausgegrenzt und ausgelacht. Daraus kann sich für Betroffene ein großer Leidensdruck entwickeln mit extremen Schwierigkeiten, sich in der Öffentlichkeit, gerade beim Sport oder am Strand, zu zeigen.
Die Diagnose Trichterbrust ist eine Blickdiagnose. Dennoch sind einige Untersuchungen notwendig, um weitere Erkrankungen oder Fehlbildungen auszuschließen und das Ausmaß der Trichterbildung beurteilen zu können. In der Regel werden zwei Röntgenbilder des Brustkorbs angefertigt, eines von vorne und eines von der Seite. So kann erkannt werden, wie weit sich das Brustbein nach hinten in Richtung Wirbelsäule wölbt und wie viel Platz Herz und Lunge im Brustkorb haben.
Soll eine Operation folgen, wird eine Computertomographie (CT) durchgeführt, die Schnittbilder in allen Ebenen erstellt und eine 3D-Rekonstruktion des Brustkorbs ermöglicht. So kann das genaue Vorgehen bei einem operativen Eingriff geplant werden. Zusätzlich werden die Funktionen von Herz und Lunge in verschiedenen Untersuchungen überprüft (Ruhe- und Belastungs-EKG, Lungenfunktionstest, Echokardiographie).
Nicht unwichtig bei der Diagnose einer Trichterbrust ist das Untersuchungsgespräch (Anamnese). Neben den körperlichen Veränderungen wird auch auf die psychische Komponente eingegangen. Viele Betroffene fühlen sich aufgrund der ästhetischen Auffälligkeiten benachteiligt. Ein herabgesetztes Selbstwertgefühl und ein sozialer Rückzug können negative Folgen der Trichterbrust sein. Die kosmetischen und psychischen Faktoren müssen vom Arzt ernstgenommen werden.
Bei der Behandlung der Trichterbrust wird die konservative Therapie von der operativen unterschieden.
Im Rahmen der konservativen Therapie wird versucht, die körperliche Beeinträchtigung durch die Fehlbildung zu verbessern und eine eventuelle Fehlhaltung des Oberkörpers zu korrigieren. Dies geschieht im Rahmen eines individuellen Trainings mit einem Physiotherapeuten, der Atemgymnastik und Haltungstraining anbietet. Zusätzlich sind Krafttraining und Ausdauersportarten sinnvoll. Die konservative Therapie kann vor allem Folgeschäden verhindern, sie korrigiert jedoch nicht die Trichterbrust an sich.
Korrigiert werden kann die Trichterbrust durch eine Operation. Derzeit gibt es verschiedene Techniken und Vorgehensweisen, die insgesamt sehr gute Ergebnisse zeigen. Eine Operation ist in den seltensten Fällen medizinisch begründet, da sich durch einen Trichter der Brust kaum körperliche Einschränkungen ergeben. Vielmehr ist die Korrektur der Fehlbildung als kosmetischer Eingriff zu sehen, von dem Betroffene allerdings stark profitieren, weil er die psychische Belastung lindern kann.
Jugendliche mit Trichterbrust sollten ein Mindestalter von 12 Jahren haben, um ein optimales Ergebnis durch eine Operation zu erreichen. Wird sie früher durchgeführt, besteht die Gefahr, dass das Brustbein später wieder nach innen wächst.
Weit verbreitet ist die Operationstechnik nach dem amerikanischen Arzt Nuss. Dies ist ein minimal-invasiver Eingriff, bei dem über kleine Hautschnitte an der seitlichen Brustwand ein Metallbügel unter das Brustbein geschoben wird. Der Bügel wölbt das Brustbein mitsamt der damit verbundenen Rippen wieder nach außen. Der Bügel bleibt für zwei bis vier Jahre im Brustkorb des Patienten, so dass sichergestellt wird, dass die Brust auch in ihrer neuen Form stabil bleibt. Nach Erreichen des optimalen Ergebnisses wird der Metallbügel ambulant in einer Kurznarkose wieder entfernt.
Die Anwendung dieser Technik ist allerdings nur bei symmetrisch ausgebildeten Fehlbildungen möglich. Ansonsten wird ein offenes Verfahren angewendet, bei dem die Haut über dem Brustbein eingeschnitten wird, um die Rippen und das Brustbein direkt bewegen zu können. Häufig müssen einige Rippen und das Brustbein durchtrennt werden, um sie in einer korrigierten Position mit Schrauben und Platten neu verbinden zu können.
Die Trichterbrust beeinträchtigt nur sehr selten die anderen Organe und hat deshalb schon ohne Behandlung eine gute Prognose. Eine Operation - ob aus körperlichen oder psychischen Gründen - kann in der Regel erfolgreich durchgeführt werden. Auch nach einer Operation sind ein intensives Training mit einem Physiotherapeuten und der Aufbau von Muskulatur sehr wichtig, um die aufrechte Haltung zu unterstützen. Ideal sind auch Ausdauersportarten wie Schwimmen oder Laufen, die die allgemeine Muskulatur kräftigen und eine gesunde Körperhaltung fördern. In der Regel sind die Patienten nach einer Operation sehr schnell wieder mobil, mit intensivem Sport sollte nach einigen Monaten und bei Beschwerdefreiheit begonnen werden.
aktualisiert am 10.06.2022