Der Tarsaltunnel (Canalis malleolaris) befindet sich am Fuß im Bereich des Innenknöchels. Begrenzt wird er auf der einen Seite von knöchernen Strukturen und auf der anderen Seite durch eine Bandstruktur aus Bindegewebe, dem Retinaculum flexorum. Dieses Retinaculum erstreckt sich zwischen dem Innenknöchel und der Innenseite des Fersenbeins (Calcaneus). Die knöchernen Begrenzungen des Tarsaltunnels sind der Innenknöchel (Malleolus medialis), das Sprungbein (Talus) und das Fersenbein.
Durch den Tarsaltunnel verlaufen mehrere Strukturen. Hierzu zählen Sehnen der Muskulatur, Gefäße und der Schienbeinnerv (Nervus tibialis). Der Schienbeinnerv kann im Tarsaltunnel eingeengt (komprimiert) werden. Ein Tarsaltunnelsyndrom, auch posteriore tibiale Neuralgie genannt, entsteht. Es kommt zu Schmerzen am Fuß und Missempfindungen wie Kribbeln oder Taubheit. Bei einem über lange Zeit anhaltenden Tarsaltunnelsyndrom kann es auch zu Schwächen in der Fußmuskulatur kommen.
Die Ursachen für eine Einengung des Schienbeinnervs im Tarsaltunnel können vielfältig sein. Entzündungen, Schwellungen, Gewebewucherungen, knöcherne Veränderungen können Auslöser sein.
Schwellungen fordern dort, wo sie auftreten, Raum. Dadurch können sie Druck auf Strukturen in der betroffenen Körperregion, hier zum Beispiel den Schienbeinnerv, ausüben und diesen reizen. Schwellungen im Tarsaltunnel können folgende Ursachen haben:
Neben Flüssigkeitsansammlungen können folgende Erkrankungen Raum im Tarsaltunnel einnehmen und den Nerv einengen:
Folgende Veränderungen von Knochen und Gelenken können die Entstehung eines Tarsaltunnelsyndroms fördern:
Weitere Auslöser eines Tarsaltunnelsyndroms können sein:
Die Symptome bei einem Tarsaltunnelsyndrom können Schmerzen, Sensibilitätsstörungen und auch Störungen der Muskelfunktion sein. Schmerzen treten meist an der Innenseite des Fußes und der Ferse auf. Die Schmerzen werden als brennend oder stechend beschrieben und können auch in die Fußsohle und die Zehen, manchmal auch in die Wade oder auf den Fußrücken ausstrahlen. Ein Nachtschmerz und Schmerzen bei zunehmender Belastung sind typisch. Druck auf den Nerv im Bereich des Innenknöchels löst ebenfalls oft Schmerzen aus. Das Ziehen der Zehen Richtung Nase plus Anheben des Fußaußenrandes bei gestrecktem Kniegelenk verstärkt die Schmerzen in der Regel noch.
Störungen der Sensibilität an der Fußsohle und den Zehen sind möglich. Hierzu zählen Kribbeln, Taubheit und auch das Gefühl, als würden Ameisen im Fuß laufen. Eine Beeinträchtigung der Sensibilität der Fußsohle kann starke Auswirkungen auf das Gangbild und die Gangsicherheit haben.
Auch eine Minderversorgung von Muskulatur kann entstehen. Die Folge können Muskelschwäche und die Rückbildung von Muskeln (Atrophie) sein. Daraus kann sich ein Funktionsverlust, beispielsweise bei der Beugung der Zehen, ergeben.
Der Arzt kann im Gespräch mit dem Patienten (Anamnese) meist schon eine Verdachtsdiagnose stellen. Die Art der Schmerzen (brennend, stechend), der Ort, an dem sie auftreten, Taubheit an der Fußsohle, nächtliche Schmerzen, Schmerz bei Druck auf den Nerv – all das sind Hinweise auf ein Tarsaltunnelsyndrom. Viele Betroffene zeigen ein positives Hoffmann-Tinel-Zeichen. Das bedeutet, dass beim Beklopfen des Nerven ein elektrisierendes Gefühl in der Fußsohle ausgelöst wird.
Als weitere diagnostische Verfahren kommen Ultraschall, Nervenleitgeschwindigkeit (NLG), Röntgen, Computertomografie (CT), Magnetresonanztomografie (MRT) und Blutuntersuchungen in Frage. Mittels Ultraschall lassen sich Flüssigkeitsansammlungen, aber auch Sehnen gut darstellen. Die Untersuchung der Nervenleitgeschwindigkeit gibt Aufschluss über das Ausmaß einer Nervenschädigung. Im Röntgenbild lassen sich knöcherne Veränderungen, Verschleiß oder Brüche aufzeigen. CT und MRT ermöglichen detaillierte Beurteilungen einzelner Strukturen. Wenn eine Grunderkrankung wie Rheuma oder Gicht vermutet wird, sind Blutuntersuchungen aufschlussreich.
Da die oben genannten Symptome auch andere Ursachen als ein Tarsaltunnelsyndrom haben können, sollten diese bei bestehenden Unklarheiten abgeklärt werden. Hierzu zählen:
Je früher ein Tarsaltunnelsyndrom erkannt und entsprechend behandelt wird, desto kürzer ist voraussichtlich der Verlauf. Brennende oder stechende Schmerzen im Bereich des Innenknöchels, die länger als zwei bis drei Tage anhalten, sollten von einem Arzt begutachtet werden. Wenn ein Unfall stattgefunden hat oder aus anderen Gründen eine ausgeprägte Schwellung vorliegt, eventuell mit zusätzlicher Rötung und Überwärmung, sollte sofort ein Arztbesuch stattfinden.
In den meisten Fällen kann ein Tarsaltunnelsyndrom ohne Operation ausheilen. Zahlreiche Maßnahmen stehen zur Verfügung. Durchgeführt werden häufig:
Wenn diese Maßnahmen nicht ausreichen, können auch Spritzen mit Cortison und einem lokalen Betäubungsmittel (Anästhetikum) in den entzündeten Bereich erfolgen.
Bildet eine andere Grunderkrankung wie zum Beispiel Rheuma den Ursprung, steht deren Behandlung im Mittelpunkt.
In manchen Fällen ist es nötig, den Druck operativ vom Nerv zu entfernen. Am häufigsten erfolgt dies mit einer Durchtrennung des begrenzenden Bindegewebsbandes (Retinaculum flexorum). Manchmal wird zusätzlich die Nervenscheide gespalten (in Längsrichtung eingeschnitten). Sind Tumore, Knochenvorsprünge oder andere strukturelle Veränderungen der Grund für die Einengung des Nerven, so werden diese entsprechend operiert (entfernt oder korrigiert).
Nach der Operation wird der Fuß für zwei bis drei Wochen ruhig gestellt und entlastet. Die Entlastung erfolgt durch das Verwenden von Unterarmgehstützen. Fäden werden nach 12 bis 14 Tagen entfernt. Eine anschließende oder begleitende Physiotherapie zur Wiederherstellung der Beweglichkeit und Belastbarkeit ist ratsam.
In den meisten Fällen heilt ein Tarsaltunnelsyndrom ohne Operation wieder aus. Je früher die richtige Diagnose gestellt wird und die Behandlung beginnt, desto besser ist dies für die Prognose. Eine Aussage über die Heilungszeit ist schwierig. Manche Beschwerden bilden sich nach einigen Tagen oder wenigen Wochen zurück. Andere dauern Wochen bis Monate an. Das ist auch abhängig von der Ursache. Halten die Symptome länger als drei Monate unverändert an, wird eine Operation in Betracht gezogen. Ziel ist dabei auch, eine dauerhafte Schädigung des Nerven und entsprechende Ausfallerscheinungen zu vermeiden. Eine Operation hat große Chancen, die Schmerzen und andere Symptome wesentlich zu lindern oder ganz zu beheben.
Deutsches Ärzteblatt, Gregor Antoniadis; Konrad Scheglmann – Hinteres Tarsaltunnelsyndrom: https://www.aerzteblatt.de/archiv/62258/Hinteres-Tarsaltunnelsyndrom (online, letzter Abruf: 26.11.2021)
Healthline, Ana Gotter – Recognizing and Treating Tarsal Tunnel Syndrome: https://www.healthline.com/health/tarsal-tunnel-syndrome (online, letzter Abruf: 26.11.2021)
Gelenk-Klinik, Dr. Thomas Schneider – Tarsaltunnelsyndrom: Nervenengpass am Fuß: https://gelenk-klinik.de/fuss/tarsaltunnelsyndrom-nervenengpass-am-fuss.html (online, letzter Abruf: 26.11.2021)
Schulthess Klinik – Tarsaltunnelsyndrom: https://www.schulthess-klinik.ch/de/fusschirurgie/tarsaltunnelsyndrom (online, letzter Abruf: 26.11.2021)
aktualisiert am 29.11.2021