Unter Sprach- und Stimmstörungen versteht man jede Veränderung oder Störung am Sprachorgan und der Sprachbildung. Fehler beim Sprechen entstehen bei Funktionsstörungen des Gehirns, der Nerven oder der Muskulatur im Mund- und Rachenbereich.
Man unterscheidet Sprachstörungen nach dem Ort ihrer Ursache. Liegt die Störung im Gehirn oder den Informationen übertragenden Nerven, spricht man von einer zentralen Störung. Liegt die Ursache im Stimmbildungsorgan in Mund und Rachen bezeichnet man dies als periphere Störung. Je nach Ursache der Sprachstörung äußert sich diese in sehr unterschiedlicher Weise.
Aphasien sind Sprachstörungen, die durch Verletzungen oder Schäden im Gehirn entstehen. Ursache der Aphasie sind häufig Hirninfarkte (Schlaganfall), Gehirnblutungen, Verletzungen durch einen Unfall, degenerative Erkrankungen wie beispielsweilse Parkinson oder raumfordernde Prozesse wie Tumore oder Entzündungen.
Erkrankungen oder Störungen des Kleinhirns oder des Hirnstamms, welche die Feinmotorik bei der Sprachbildung steuern, verursachen eine verwaschene, undeutliche Sprache oder auch eine unregelmäßige, stoßweise laute und unharmonische Sprache. Sie ist dadurch bedingt, dass die feine Muskulatur, die zum Sprechen benötigt wird, teilweise oder vollständig gelähmt ist. Solche Sprachfehler werden als Dysarthrie bezeichnet. Sie kann begleitet sein von Schluck und Kaustörungen und tritt bei Erkrankungen wie der Amyotrophen Lateralsklerose (ALS) auf.
Bei Störungen außerhalb des Gehirns kann man diese zur genaueren Abgrenzung auch als Sprechstörungen bezeichnen, im Gegensatz zu den Sprachstörungen, die durch Funktionsausfälle im Gehirn entstehen. Häufig werden jedoch die beiden Begriffe synonym verwendet.
Stottern ist eine Störung des Redeflusses, besonders zu Beginn der Sätze. Diese Sprechstörung ist meist psychisch bedingt und wird durch die Anwesenheit von fremden Personen und durch Nervosität verstärkt.
Als Stammeln bezeichnet man eine Form der Sprechstörung, bei der einzelne Laute oder Silben ausgelassen werden. Normal ist das Stammeln bei Kindern unter vier Jahren. Zu dieser Gruppe gehört das Lispeln (Sigmatismus) sowie das Fehlsprechen oder Weglassen der Laute G, K und R.
Poltern zeigt sich in hastigem, immer schneller werdendem Sprechen mit Auslassungen oder Wiederholungen von Wörtern und Silben. Diese Sprechstörung kann durch Konzentration auf die Formulierung weitgehend verbessert werden.
Unter Rhinolalie versteht man eine näselnde Sprechweise. Die kann organsich bedingt sein, wenn große Polypen, entzündete Nebenhöhlen oder Mandeln die Sprachbildung beeinträchtigen. Sie tritt auch auf bei Kindern mit einer Gaumenspalte oder Gaumensegellähmung.
Bei der Untersuchung von Sprach- und Stimmstörungen steht zu Beginn die Erfragung der Krankengeschichte (Anamnese). Für den Arzt ist es wichtig zu wissen, wie sich die Sprachstörung entwickelt hat, ob sie plötzlich oder allmählich aufgetreten ist. Auch Begleitsymptome wie Schluckstörungen, Ruhezittern oder Bewegungseinschränkungen können Hinweise auf die Ursache der Sprachstörung liefern. Des Weiteren sind Vorerkrankungen, Unfälle und die Einnahme von Medikamenten wichtige Punkte für die Diagnosefindung.
Insbesondere bei schweren Sprachstörungen wie der Aphasie können die Betroffenen selbst ihre Beschwerden nicht vollständig schildern. Dann ist es unerlässlich, dass Familienangehörige oder Freunde ihre Beobachtungen dem Arzt mitteilen.
Bei der klinischen Untersuchung werden neurologische Tests durchgeführt, um die Funktion von Gehirn und Nerven zu überprüfen. Dazu gehören beispielsweise die Auslösung von Reflexen sowie die Überprüfung von Gangart und Standsicherheit des Patienten.
Um zu erkennen, um welche Art Sprachstörung es sich handelt, wird der Patient gebeten, einige Sätze zu sagen und Testwort nachzusprechen. Auch die Erkennung und korrekte Benennung von Gegenständen gehört zu diesen Tests. Zusätzlich kann der Patient gebeten werden, einen kurzen Text zu schreiben, etwas vorzulesen oder eine Rechenaufgabe zu lösen.
Als weiterführende Maßnahmen kann eine Untersuchung bei einem Hals-Nasen-Ohrenarzt erfolgen, der überprüft, ob die Sprache durch Erkrankungen im Nasen-, Mund- oder Rachenbereich eingeschränkt wird.
Bei Verdacht auf Schädigungen des Gehirns wird eine Messung der Gehirnströme, die so genannte Elektroenzephalographie (EEG) oder die Messung der Muskelfunktion (EMG, Elektromyographie) durchgeführt. Zur bildlichen Darstellung des Gehirns und der Organe im Kopf-Hals-Bereich kann eine Computertomographie (CT) oder eine Magnetresonanztomographie (MRT) angeordnet werden.
Zur Untersuchung der Gefäße, die das Gehirn versorgen, können diese mit einem speziellen Ultraschallgerät (Doppler-/Duplexsonographie) dargestellt werden.
Sprach-, Sprech- und Stimmstörungen erfordern eine intensive Therapie und Beratung. Häufig ist die Korrektur einer solchen Störung ein langwieriger Prozess und erfordert viel Geduld seitens der Patienten, ihrer Angehörigen und der Therapeuten. Wichtig ist eine fallspezifische Entwicklung eines Behandlungskonzeptes. In der Regel werden Patienten mit Sprachstörungen durch einen Logopäden oder Sprachtherapeuten betreut und behandelt. Dieser führt mit den Betroffenen spezielle Übungen durch, die die Aussprache, Wortfindung und Konzentration auf die Satzformulierung fördern.
Bei Sprechstörungen wie Stottern kann es hilfreich sein, zusätzlich eine psychologische Beratung in Anspruch zu nehmen. Eine intensive psychologische Therapie kann die Ursache der Sprechstörung aufdecken und behandeln.
Angehörige von Betroffenen sollten sich ausführlich beraten lassen, um richtig mit der Sprachstörung umgehen zu können und die Sprachentwicklung mitzufördern.
Ausführliche Informationen zum Thema Sprach- und Sprechstörungen erhalten sie bei Logopäden, Kinderärzten oder Neurologen.
Letzte Aktualisierung am 25.08.2022.