Speiseröhrenkrebs, auch als Ösophaguskarzinom bezeichnet, ist ein selten vorkommender bösartiger Tumor der Speiseröhrenschleimhaut. Das Karzinom kann in allen Bereichen der Speiseröhre auftreten. Je nachdem aus welchem Gewebe der Tumor entspringt, unterscheidet man zwei Hauptformen von Speiseröhrenkrebs: das Plattenepithelkarzinom und das Adenokarzinom.
Obwohl das Ösophaguskarzinom mit einer Krankheitshäufigkeit (Inzidenz) von 10/100 000 Einwohner pro Jahr eine seltene Tumorerkrankung darstellt, steigt die Sterblichkeit seit 1970 (besonders unter Männern) stark an. Auch die Zahl der Adenokarzinome nimmt in den letzten 15 Jahren, aus bisher nicht eindeutig erklärbaren Gründen, zu.
Männer erkranken in Deutschland an Speiseröhrenkrebs etwa drei bis vier mal häufiger und im Mittel etwas früher als Frauen. Das Durchschnittsalter liegt bei den Männern bei 67 Jahren und bei den Frauen bei 71 Jahren. Die Therapiemöglichkeiten haben sich in den letzten Jahren verbessert. Dennoch überleben nur etwa 15 bis 20 Prozent die nächsten fünf Jahre nach Diagnosestellung. Ein Grund dafür ist, dass Speiseröhrenkrebs in den meisten Fällen zu spät erkannt wird.
Die genauen Ursachen für die Entstehung von Speiseröhrenkrebs sind bislang nicht bekannt. Es gibt bestimmte Faktoren, die das Erkrankungsrisiko erhöhen. Zu den wichtigsten Risikofaktoren gehören:
Allerdings gilt, selbst Menschen, die sehr gesund leben und keine Vorerkrankungen haben, können an einen Tumor an der Speiseröhre erkranken. Risikofaktoren erhöhen statistisch gesehen die Wahrscheinlichkeit, dass eine Speiseröhrenkrebs auftritt.
Ein Screening von Speiseröhrenkrebs wird in Deutschland nicht angeboten, weil die Erkrankung selten vorkommt und ein Screening für die gesamte Bevölkerung nicht sinnvoll erscheint.
Im Anfangsstadium der Erkrankung treten noch keine Beschwerden auf, so dass der Krebs durch fehlende Symptomatik im Frühstadium nur selten diagnostiziert wird. Beschwerden machen sich in den meisten Fällen dann bemerkbar, wenn die Erkrankung fortgeschritten ist. Patienten berichten oft über Schluckbeschwerden, die durch die tumorbedingte Verengung der Speiseröhre entstehen. Da die Speiseröhre ein dehnbares Organ ist, entwickeln sich die Schluckstörungen erst langsam und schleichend - der Patient kriegt davon oftmals nichts mit.
Anfangs treten die Beschwerden bei Aufnahme fester Nahrung auf, später auch bei flüssiger und weicher Nahrung. Die aufgenommene Nahrung kann sich an der Verengung der Speiseröhre stauen, kommt nicht durch und kann ein Druckgefühl auslösen. Patienten verspüren oft ein Druck hinter dem Brustbein und müssen manchmal grundlos erbrechen.
Beschwerden, die auf ein Ösophaguskarzinom hinweisen können, sind:
Treten solche Beschwerden über einen längeren Zeitraum auf, dann sollte ein Facharzt aufgesucht werden, um die Ursachen der Beschwerden zu klären.
Besteht der Verdacht auf Speiseröhrenkrebs werden notwendige Untersuchungen durchgeführt. Mit den Untersuchungen kann man feststellen, um welche Tumorart es sich handelt, wo der Tumor lokalisiert ist und in welchem Stadium er sich befindet. Die gängige Method zur Diagnose einer Erkrankung der Speiseröhre ist die Speiseröhrenspiegelung. Bestätigt sich der Verdacht, werden weitere Untersuchungen veranlasst, um das Tumorstadium zu ermitteln (Staging). Neben einer Ultraschalluntersuchung von Hals und Bauch, werden auch eine Computertomographie oder ein MRT veranlasst.
Für die Diagnostik stehen folgende Untersuchungsverfahren zur Verfügung:
Bei einer Spiegelung der Speiseröhre schluckt der Patient ein fingerdicken Schlauch. Dieser Schlauch ist vorne mit einer Lichtquelle und einer Kamera ausgestattet (Endoskop). Der Arzt führt das Endoskop durch den Mund und Schlund des Patienten in die Speiseröhre und Magen ein. Die Schleimhaut der Speiseröhre und des Magens kann nun auf einem Bildschirm betrachtet werden. Bei auffälligen Schleimhautveränderungen, kann man mit einer kleinen Zange (an der Spitze des Endoskop mit vorhanden) Gewebsproben entnehmen (Biopsie). Diese Proben werden anschließend feingeweblich auf Krebszellen untersucht. Erst nach der feingeweblichen Untersuchung kann die Diagnose sicher gestellt werden.
Die Patienten müssen für diese Untersuchung nüchtern sein. Sie dürfen 12 Stunden vor der Spiegelung nichts mehr essen und zwei Stunden vorher nichts mehr trinken. Kurz vor Untersuchungsbeginn wird dem Patienten ein Lokalanästhetikum (Substanz, die eine örtliche Betäubung bewirkt) in den Rachen gesprüht, um die Schmerzempfindung aufzuheben. Manche Patienten empfinden das Schlucken des Schlauches als unangenehm. Die Untersuchung selbst ist nicht schmerzhaft. Sie wird ambulant durchgeführt und dauert etwa 20 Minuten.
Die Chromoendoskopie ist ein Verfahren zur Verbesserung der Diagnostik im Magen-Darm-Trakt. Bei dieser Untersuchung werden Spezialfarbstoffe (Methylenblau oder Indigokarmin) eingesetzt. Sie dienen der besseren Erkennung von bösartigen Erkrankungen. Aus verdächtigen Bereichen können gezielt Proben entnommen und feingeweblich untersucht werden.
Während der Untersuchung werden dem Patienten Gewebeproben entnommen. Spezialisten schauen sich das Gewebe unter dem Mikroskop an. Durch diese Untersuchung, sollen folgenden Fragen beantwortet werden:
Ist die Diagnose eines Ösophaguskarzinoms gestellt, versucht man im nächsten Schritt die Ausbreitung der Erkrankung festzustellen (Staging). Die Fragen, die beantwortet werden sollen, sind:
Um diese Fragen zu beantworten, können neben den oben genannten Untersuchungen noch weitere durchgeführt werden:
Ein Ultraschall von Bauch, Leber und Hals dient dazu, Tochtergeschwülste (Metastasen zu erkennen). Am häufigsten finden sich Tochtergeschwülste in Lunge und Leber. Mit Ultraschallkontrastverstärker, die man vorher in die Vene spritzt, wird die Treffsicherheit der Methode gesteigert. Ebenso lassen sich Tochtergeschwülste im Hals mit einer Ultraschalluntersuchung feststellen.
In einigen Fällen wird auch der endoskopische Ultraschall als Bestandteil des Stagings eingesetzt. Beim endoskopischen Ultraschall handelt es sich um eine spezielle Form der Ultraschalluntersuchung mit einer Schallsonde, die direkt in die Speiseröhre vorgeschoben wird. Die Untersuchung wird an der Speiseröhrenwand und ihrer Umgebung durchgeführt. Durch diese Methode kann man eine Aussage darüber treffen, wie tief der Tumor in der Wand der Speiseröhre sitzt und ob umgebende Lymphknoten befallen sind.
Die CT-Aufnahmen werden für die genaue Bestimmung der Tumorausbreitung und der Metastasensuche angefertigt. Durch die Aufnahmen ist ein Befall von Lymphknoten oder Lunge gut zu erkennen. Bei der Untersuchung werden dem Patienten wieder Kontrastmittel verabreicht. Es handelt sich hierbei um eine schmerzlose Methode, mit geringer Strahlenbelastung.
Das Hauptsymptom des Ösophaguskarzinom sind die Schluckbeschwerden (Dysphagie). Diese können auftreten bei Erkrankungen des Rachenraums die mit Entzündungen oder Abszess einhergehen. Es können auch zentralnervöse Störungen vorliegen, wie nach einem Schlaganfall mit Hirnstammbeteiligung, Parkinson Syndrom oder Multiple Sklerose.
Weitere wichtige Erkrankungen mit dem Symptom der Dysphagie können sein
Die Behandlung des Ösophaguskarzinoms ist abhängig von der Ausbreitung der Erkrankung, die zum Zeitpunkt der Diagnosestellung vorliegt. Auch das Alter des Patienten, sowie der allgemeine Gesundheitszustand sind bei der Therapiewahl ausschlaggebend. Entscheidend ist die Frage, ob man den Krebs besiegen kann (kurativer Ansatz) oder ob es darum geht, Beschwerden zu lindern und eine gute Lebensqualität so lange wie möglich aufrecht zu erhalten (palliativer Ansatz). Die Chance auf Heilung besteht nur, wenn der Tumor noch nicht gestreut hat.
Folgende Behandlungsmethoden stehen zur Verfügung:
Wird der Tumor früh entdeckt, kann er endoskopisch entfernt werden. Nur wenn der Tumor auf die oberflächlichen Schichten der Schleimhaut beschränkt ist, wird diese Behandlung empfohlen. Ähnlich wie bei der Spiegelung der Speiseröhre, wird der Tumor von innen entfernt. Dabei wird nur der Tumor entfernt, die Speiseröhre bleibt erhalten.
Bei dieser Behandlung sollte der Tumor vollständig entfernt werden. Das entnommene Gewebe wird mikroskopisch untersucht. Vor allem die Ränder müssen frei von Tumorzellen sein. Ist das nicht der Fall, muss erneut operiert werden.
Einige Zeit nach der endoskopischen Entfernung des Tumor, kann dieser erneu auftreten, weil einige Krebszellen zurückgeblieben sind. Der Tumor konnte also nicht vollständig entfernt werden. Aus diesem Grund wird zwei Jahre lang eine Nachuntersuchung empfohlen.
Ziel der Operation ist die komplette Entfernung des Tumors, mit einer vollständigen Heilung. Je nach Stadium und Lokalisation des Tumors wird die Speiseröhre teilweise oder vollständig entfernt. Ist der Tumor auf die Schleimhaut begrenzt, kann er unter Erhalt der Speiseröhre entfernt werden. In den meisten Fällen ist jedoch eine vollständige oder teilweise Entfernung der Speiseröhre erforderlich, der dann durch den Magen ersetzt wird (Magenhochzug). Ist der Magen als Speiseröhrenersatz nicht geeignet, kann man ein Segment des Dickdarms oder Dünndarms nutzen. Bei der Operation entfernt der Chirurg neben dem Tumor auch das umgebende gesunde Gewebe mit, um zu verhindern dass sich evtl. vorhandene Tumorzellen hier erneut ausbreiten.
In bestimmten Fällen wird die Operation mit einer Chemotherapie oder eine Radiochemotherapie begleitet. Das Ziel ist, die Heilungschancen zu verbessern.
Diese Operation ist natürlich sehr belastend und kommt nur für Patienten in Frage, die in einem allgemein guten körperlichen Zustand sind.
Sie kann als offene Operation oder als Schlüssellochoperation (laparoskopische Operation) durchgeführt werden. Oft wird sie auch kombiniert.
Ist die Operation gut verlaufen, bedeutet das nicht automatisch, dass der Patient geheilt ist. Nicht immer ist eine Heilung möglich.
Ziel der Strahlentherapie ist die Vernichtung der Krebszellen. Sie wird oft mit einer Chemotherapie (Radiochemotherapie) kombiniert durchgeführt. Ist eine Operation nicht mehr möglich, kommt die Strahlentherapie zum Einsatz. In frühen Tumorstadien ist eine Heilung noch möglich. Liegt der Tumor bereits im späten Stadium vor, kann die Strahlenbehandlung zur Linderung von Beschwerden und Schmerzen und zur Lebensverlängerung eingesetzt werden.
Bei der Bestrahlung können nicht alle Tumorzellen zerstört werden, insbesondere im Tumorbereich sind die Aussichten eher ungünstig. Die Bestrahlung kann sowohl extern als auch intern erfolgen. Extern bedeutet wenn die Strahlen direkt durch die Haut auf die Tumorregion einstrahlen. Von einer internen Bestrahlung spricht man, wenn die radioaktive Strahlung durch kleine Plastikschläuche in das Tumorgebiet eingeführt werden. Die interne Bestrahlung ist effektiver, weil der Tumor direkt einer hohen Strahlendosis ausgesetzt ist und das umgebende Gewebe dabei weitgehend geschont bleibt. Die Bestrahlung wird ambulant durchgeführt.
Akute Nebenwirkungen der Strahlentherapie können sein:
Spätfolgen einer Bestrahlung können sein:
Die Chemotherapie wird oft begleitend zu einer Operation oder einer Strahlentherapie eingesetzt. Bei einer Chemotherapie erhält der Patient eine Infusion, in einigen Fällen auch Tabletten. Die Chemotherapie besteht aus mehreren Zyklen. In den Pausen kann sich der Körper erholen und die Zytostatika (Medikamente, die die Zellteilung behindern) wieder abbauen. Die Dauer der Behandlung hängt davon ab, ob der Tumor auf die Behandlung anspricht.
Bei der klassischen Chemotherapie wird die Zellteilung behindert. Auch Antikörper können das Wachstum der Krebszellen beeinträchtigen. Sie wirken gezielter. Zu den Antikörpern, die eingesetzt werden, gehören Trastuzumab und Ramucirumab. Es ist noch nicht geklärt, ob eine Antikörpertherapie die Heilungschancen verbessert.
Bei einem Plattenepithelkarzinom scheint die Überlebenszeit durch den Einsatz einer Chemotherapie nicht verlängert zu werden. Bei einem Adenokarzinom konnte die Überlebenszeit durch den Einsatz einer Chemotherapie etwa um etwa drei Monate verlängert werden. Die durchschnittliche Überlebenszeit bezieht sich auf alle Patienten. Das bedeutet, dass einige Patienten viel länger überlebt haben und andere auf die Chemotherapie gar nicht angesprochen haben.
Wurde die Chemotherapie mit einer Antikörpertherapie kombiniert, dann konnte die Überlebenszeit noch mal durchschnittlich um etwa zwei Monate verlängert werden.
Die zum Teil sehr starken Nebenwirkungen können die Lebensqualität einschränken. Jeder Betroffene muss für sich entscheiden, was er in so einer Situation für sinnvoll erachtet.
Die Prognose ist davon abhängig, wie früh die Erkrankung diagnostiziert wird. Je früher der Speiseröhrenkrebs erkannt wird, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit auf eine vollständige Heilung durch eine Operation.
Bei den meisten Betroffenen wird die Diagnose zu spät gestellt. Aus diesem Grund ist die Prognose insgesamt ungünstig. Die 5-Jahres-Überlebensrate liegt bei 15 bis 20 Prozent.
Obwohl die Prognosen entmutigend sein können, sollte man sich darauf besinnen, dass jeder Krankheitsverlauf und jeder Mensch individuell ist. Die Prognosen sind durchschnittliche Werte, die keine Aussagekraft über den individuellen Verlauf der Erkrankung haben.
S3-Leitlinie - Diagnostik und Therapie der Plattenepithelkarzinome undAdenokarzinome des Ösophagus: https://www.awmf.org/uploads/tx_szleitlinien/021-023OLl_Plattenepithel_Adenokarzinom_Oesophagus_2019-01.pdf (online, letzter Abruf: 11.08.2020)
Leitlinienprogramm Onkologie - Krebs der Speiseröhre - Eine Leitlinie für Patientinnen und Patienten: https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/patientenleitlinien/speiseroehrenkrebs/ (online, letzter Abruf: 11.08.2020)
dkfz - Speiseröhrenkrebs (Ösophaguskarzinom): https://www.krebsinformationsdienst.de/tumorarten/speiseroehrenkrebs/risikofaktoren-frueherkennung.php (online, letzter Abruf: 11.08.2020)
aktualisiert am 11.08.2020