Ein ständiger Begleiter fast aller Patienten mit einer Skoliose ist die physiotherapeutische Behandlung. Dabei stehen sowohl passive (nicht vom Patienten selbst ausgeführte) Techniken als auch aktive Übungen im Vordergrund. Die passiven Techniken dienen beispielsweise der Verbesserung der Beweglichkeit bestimmter Wirbelsäulenabschnitte oder der Schmerzlinderung. Zu den aktiven Übungen zählen eine Haltungs- und Bewegungsschulung, Atemübungen und vor allem ein aktiv vom Patienten regelmäßig ausgeführtes Eigenübungsprogramm.
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Bei der Skoliose kommt es zu einer Seitwärtsverkrümmung der Wirbelsäule mit begleitender Rotation einzelner Wirbelkörper. Aus dieser Fehlstellung ergeben sich einerseits charakteristische Verkürzungen bestimmter Muskeln und andererseits verlieren manche Muskeln an Kraft. Ursache hierfür ist ein Ungleichgewicht zwischen linker und rechter Körperseite, auch zwischen Vorder- und Rückseite des Körpers, welches durch die asymmetrische Wirbelsäulenstellung und ihre Auswirkungen auf die Nachbarregionen wie Schultergürtel, Kopf und Becken verursacht wird.
Jegliche Übungen zielen darauf ab, die Haltung zu verbessern und, soweit möglich, die Fehlstellung der Wirbelsäule zu korrigieren. Daneben gilt es durch regelmäßiges Durchführen eines Eigenübungsprogrammes ein Fortschreiten der Skoliose so gut es geht zu verhindern oder zu verlangsamen. Bei den Eigenübungen liegt der Fokus vor allem auf
Eine gut gedehnte sowie eine ausreichend kräftige Muskulatur trägt wesentlich dazu bei, eine möglichst gerade Haltung im Alltag auch aufrechterhalten zu können.
Alle Übungen des selbst durchzuführenden Programms sollten zunächst unter Anleitung und Kontrolle eines Physiotherapeuten oder anderweitig spezialisierten Therapeuten eingeübt werden. Ein Üben ohne vorherige therapeutische Anleitung kann dazu führen, dass die Übung nicht korrekt ausgeführt wird. Fehlhaltungen können eher verstärkt werden und schlimmstenfalls können sogar Schmerzen auftreten.
Eine frühe Technik zur Behandlung der Skoliose war das Klapp'sche Kriechen, das um 1905 erfunden wurde. Hierbei wurden aus der Grundstellung des Vierfüßlerstandes verschiedene Bewegungen der Arme und Beine (Rutschhalte, Passgang, Kreuzgang) durchgeführt. Diese Therapieform ist heute nicht mehr weit verbreitet.
Eine häufiger bei Skoliosen angewendete Technik ist die Vojta-Behandlung. Sie wurde durch den Neurologen (Facharzt für Nervenheilkunde) Václav Vojta entwickelt und beruht darauf, dass der Therapeut durch manuellen Druck auf bestimmte Körperpunkte gezielt Reflexe auslöst. Diese Reflexe rufen dann bestimmte, immer gleichbleibende Bewegungsmuster hervor. Dadurch soll das Ungleichgewicht zwischen Muskelgruppen wieder ausgeglichen werden. Diese Technik wird vermehrt im Säuglings- und Kindesalter angewendet. Auch auf die Atmung, die im Rahmen einer stärker ausgeprägten Skoliose oft eingeschränkt ist, kann mit dieser Technik Einfluss genommen werden.
Die wahrscheinlich bekannteste, speziell zur Behandlung einer Skoliose entwickelte, Therapieform ist die Behandlung nach Katharina Schroth. Die Übungen sind größtenteils sehr komplex und können in der Regel ohne entsprechende fachkundige Anleitung zu Beginn nicht korrekt alleine ausgeführt werden. Die Schroth-Therapie hat zum Ziel, die dreidimensionale Verkrümmung der Wirbelsäule durch eine Kombination aus verschiedenen Übungen bestmöglich zu korrigieren und ein Fortschreiten zu vermeiden. Zu diesen Übungen zählen sowohl Wahrnehmungs- als auch Haltungs- sowie Atemübungen, beispielsweise die sogenannte Drehwinkelatmung. Auch die Dehnung verkürzter und die Kräftigung abgeschwächter Muskulatur sind zentrale Bestandteile dieser Therapieform. Da die Ausprägung einer Skoliose individuell sehr verschieden ist, werden die Übungen auch für jeden Patienten individuell zusammengestellt.
Zur Behandlung der Skoliose können darüber hinaus weitere Therapieformen und Übungen zum Einsatz kommen. Beispielsweise gibt es ergänzende Behandlungsmöglichkeiten, die auf die Entspannung von zu stark angespannten Muskeln abzielen, um Schmerzen lindern zu können. Auch hier ist es sinnvoll, zunächst einen qualifizierten Therapeuten aufzusuchen und unter Anleitung zu lernen, welche Übungen selbständig zu Hause durchgeführt werden können.
Neben den speziellen Therapieformen kann auch das Therapeutische Klettern ergänzend zur gezielten Behandlung einer Skoliose genutzt werden. Ebenso empfiehlt es sich, Sport zu treiben, um die allgemeine Ausdauer und die Atmung positiv zu beeinflussen. Geeignete Sportarten sind solche, die eher gleichmäßige Bewegungsabläufe beinhalten. Hierzu zählen beispielsweise:
Die Skoliose ist eine Erkrankung, die je nach Schweregrad eine dauerhaft begleitende beziehungsweise in regelmäßigen Abständen angepasste Therapie aus passiven und aktiven Maßnahmen mit sich bringt. Welche Übungen zur Anwendung kommen, ist abhängig von der Ausprägung der Skoliose und von der Spezialisierung des jeweiligen Therapeuten. Es stehen verschiedene Therapieformen zur Verfügung. Da die Übungen zum Teil sehr komplex sind, sollten sie zunächst unter Anleitung korrekt erlernt werden, bevor sie in Eigenverantwortung weiter geübt werden.
NetDoktor, Florian Tiefenböck – Skoliose-Übungen: https://www.netdoktor.de/krankheiten/skoliose/uebungen/ (online, letzter Abruf: 14.12.2020)
Medon – Krankengymnastik bei einer Skoliose: https://www.medon.de/krankengymnastik_skoliose.html (online, letzter Abruf: 14.12.2020)
Healthline, Zohra Ashpari – Scoliosis Exercises You Can Do At Home: https://www.healthline.com/health/scoliosis/exercises-at-home#three-exercises (online, letzter Abruf: 14.12.2020)
DSN (Deutsches Skoliose Netzwerk) – Behandlung nach Schroth: https://deutsches-skoliose-netzwerk.de/nachschroth/ (online, letzter Abruf: 14.12.2020)
aktualisiert am 14.12.2020