Dass Stress den gesamten Körper beansprucht, ist bekannt. Stress kann aber auch der Grund dafür sein, dass Krankheiten besonders häufig auftreten und schlechter ausheilen. Bei einer Sinusitis (Nasennebenhöhlenentzündung) kann eine psychische Belastung eine Rolle spielen. Dazu gehören Stress, aber auch Depressionen oder andere seelische Störungen.
Stress aktiviert auf kurze Sicht zunächst einmal das Immunsystem. Allerdings muss auf Stress eine Erholungsphase folgen. Stress ist die natürliche Reaktion des Körpers auf eine vermeintliche oder tatsächliche Bedrohung. Folglich setzt der Organismus Energie frei, die geeignet ist, sich gegen eine körperliche Bedrohung zur Wehr zu setzen. Für psychische Herausforderungen, wie sie heute vor allem als Stressauslöser vorkommen, ist die Reaktion nur bedingt geeignet. Schließlich geht es weder um Flucht noch um Kampf, sondern meist um eine psychische Belastungssituation, die z. B. ein höheres Maß an Konzentration erfordert. Hält dieser Stresszustand dauerhaft an und folgt Stresssituation auf Stresssituation, wird der Organismus überlastet und das Immunsystem geschwächt. Damit steigt das Risiko von Infektionen, darunter auch Atemwegsinfekte und Nasennebenhöhlenentzündungen. Wer zu Zigaretten, Alkohol oder anderen ungesunden Methoden greift, um wenigstens vorübergehend aus der Stressfalle zu entkommen, schwächt sein Immunsystem zusätzlich. Ein Verzicht auf den wichtigen Schlaf wirkt sich weiterhin negativ auf die Immunabwehr aus.
Für die Betroffenen ist es nicht leicht zu erkennen, ob der Stress bereits überhandnimmt. Das Ziel der Adrenalinausschüttung ist, schwierige Situationen bewältigen zu können. Die dafür nötigen Voraussetzungen liefert der Körper. Die Betroffenen bewältigen die Situation zunächst, auch wenn die Anforderungen hoch sind. Die Grenze ist aber nicht der Punkt, an dem die Herausforderungen nicht mehr bewältigt werden können, sondern wenn Ressourcen freigesetzt werden, die für lebensgefährliche Notfälle vorgesehen sind. All das geht zulasten der Erholung und der Gesunderhaltung. Der Organismus ist alltäglich Erregern ausgesetzt, die Krankheiten auslösen können. Nur ein aktives Immunsystem kann diesen Anforderungen begegnen, und das braucht Erholung.
Bevor an psychische Belastungen als Auslöser einer Sinusitis gedacht wird, sind allerdings die medizinischen Ursachen vom Arzt abzuklären. Die Nasennebenhöhlenentzündung ist häufig viralen Ursprungs. Weitere Ursachen sind Allergien (Zusammenhang mit Heuschnupfen) oder bakterielle Infektionen. Medikamente gegen die viralen Infekte gibt es nicht. Die einzige Möglichkeit der Therapie ist, die Begleitsymptome mit Maßnahmen wie Nasenspülungen zu lindern und das Risiko von Infektionen mit weiteren Erregern (Superinfektionen) zu reduzieren. Dafür muss das Immunsystem gestärkt werden. Oberstes Gebot ist dabei, Stress zu minimieren. Vor allem Patienten, die unter immer wiederkehrenden Infekten leiden, sollten sich solche Ratschläge zu Herzen nehmen. Gerade bei der Kombination von Virusinfektionen und Stress ist es sinnvoll, den Teufelskreis zu durchbrechen. Das bedeutet mitunter, dass Lebensumstände geändert werden müssen.
Die Erkenntnis allein genügt nicht. Das „Herunterfahren“ auf die persönliche Belastungsgrenze braucht Zeit und in einigen Fällen professionelle Begleitung. Da die Betroffenen unter den ständig wiederkehrenden Infektionen leiden, ist es für sie schwierig, sich auf die Bekämpfung der Gründe zu konzentrieren und nicht nur auf die Behandlung der Symptome. Erschwerend kommt hinzu, dass die Sinusitis zwar sehr unangenehm ist und mit einem Krankheitsgefühl einhergeht, die Patienten deshalb aber nicht bettlägerig sind. Sie bewältigen ihren Alltag weiter. Besser wäre es, mit einer längeren Auszeit ohne vermeidbare Stressfaktoren die Krankheit auszuheilen.
Nimmt der Stress zu, können psychosomatische Krankheiten entstehen. Dabei kommt es zu Symptomen einer Erkrankung durch die seelische Belastung, auch wenn es keinen Infekt gibt. Dies ist auch hinsichtlich einer Sinusitis möglich. Der Verlauf und die Symptome sind von den durch Viren oder Bakterien ausgelösten Prozessen nicht gleich zu unterscheiden. Im Blutbild zeigt sich, dass es sich nicht um einen tatsächlichen Infekt handelt. Psychosomatische Erkrankungen haben weitreichende Folgen und beeinträchtigen die Betroffenen. Entsprechend ist eine Behandlung erforderlich. Der Unterschied zu einer durch Viren oder Bakterien ausgelösten Erkrankung ist, dass die psychosomatische Erkrankung ganzheitlich behandelt werden muss. Die Symptome lassen nach, wenn der Patient sich psychisch stabilisiert.
Wer immer wieder unter viralen Infekten leidet, muss sich mit dem Auslöser befassen. Das können selbst verursachte Aspekte sein, wie eine ungesunde Ernährung und andere Verhaltensweisen, die einer schädlichen Lebensweise zuzurechnen sind. Die begleitende medizinische Behandlung ist wichtig, genügt aber nicht. Den Stress zu reduzieren ist eine langfristige Aufgabe. Dazu ist es erforderlich, die Faktoren zu identifizieren, die die persönliche Belastungsgrenze überschreiten. Das kann den Beruf betreffen, aber auch das private Umfeld. Jeder ist nur in der Lage, innerhalb seiner persönlichen Leistungsgrenzen zu agieren. Werden die Grenzen wiederholt überschritten, führt das zu Auswirkungen bis hin zu Krankheiten, die die Lebensqualität erheblich einschränken.
aktualisiert am 01.04.2020