Das Innenband des Kniesstabilisiert das Gelenk seitlich in strecknaher Stellung und begrenzt die Außenrotation in Beugung. Es ist eines der am häufigsten verletzten Bänder, häufig in Verbindung mit Verletzungen der Gelenkkapsel und des Innenmeniskus. Typische Verletzungsmechanismen sind X-Bein-Stellungen und Drehbewegungen bei Sportarten wie Skifahren, Fußball oder bei Kampfsportarten. In der Therapie kommen vor allem Verbände und Orthesen zum Einsatz. Nur selten ist eine Operation erforderlich. Eine nicht optimal behandelte Innenbandverletzung kann langfristig zu chronischer Instabilität, Schmerzen und weiteren Schäden am Knie führen.
Dr. Geronikolakis: Das Innenband zieht auf der Innenseite des Kniegelenkes vom Ober- zum Unterschenkel und sorgt für die seitliche Stabilisierung des Gelenkes in strecknaher Stellung, während es in Beugung die Außenrotation begrenzt. Es handelt sich um eines der am meisten verletzten Bänder am Knie und da es mit der Gelenkkapsel und dem Innenmeniskus verwachsen ist, kommt es bei einem Innenbandriss häufig zu einer Mitverletzung dieser Strukturen.
Dr. Geronikolakis: Der typische Unfallmechanismus ist in den meisten Fällen ein Einknicken des Kniegelenkes nach innen, das Bein bewegt sich also in eine X-Bein-Stellung, manchmal mit gleichzeitiger Rotation des Unterschenkels, wobei dann die Gefahr von schwerwiegenderen Begleitverletzungen, wie zum Beispiel einer Mitbeteiligung des vorderen Kreuzbandes, höher ist. Diese Verletzung tritt zum Beispiel oft beim Skifahren durch einen abrupten Richtungswechsel auf oder bei Kontaktsportarten nach einem Schlag auf die Außenseite des Kniegelenkes.
Dr. Geronikolakis: Schmerzen und manchmal auch eine sicht- und tastbare lokale Weichteilschwellung auf der Innenseite des Kniegelenkes sind die Hauptsymptome bei einem isolierten Innenbandriss. Bei höhergradiger Verletzung kann ebenso eine Instabilität hinzukommen. Wie auch bei anderen Verletzungen müssen die ersten Sofortmaßnahmen, die z.B. am Spielfeldrand auch durch den Trainer oder einen anderen Teambetreuer durchgeführt werden können, das sogenannte PECH-Schema
berücksichtigen: Pause, Eis, Compression, Hochlagerung.
Hierdurch werden die Schmerzen reduziert, die weitere Einblutung vermindert und eine Schadenszunahme mit möglicher Verlängerung der Heilungsphase und etwaigen Spätfolgen kann vermieden werden. Die Belastung muss somit sofort abgebrochen werden, das Kniegelenk gekühlt sowie durch einen Verband komprimiert und hochgestellt werden. Diese Maßnahmen können schnell und einfach in Kombination angewandt werden. So kann das Kniegelenk z.B. auf einer Wasserkiste hochgelagert, mit einer am besten in Eiswasser getränkten Binde verbunden und durch einen Beutel mit Eiswürfeln gekühlt werden, wobei dieser auch in den Verband integriert werden kann.
Schmerzen und manchmal auch eine sicht- und tastbare lokale Weichteilschwellung auf der Innenseite des Kniegelenkes sind die Hauptsymptome bei einem isolierten Innenbandriss.
Dr. Geronikolakis: In der körperlichen Untersuchung wird eine Innenbandverletzung in drei Schweregrade eingeteilt. Ist das Innenband druckempfindlich, lässt sich aber im Vergleich zur gesunden Seite nicht wesentlich aufklappen, liegt eine erstgradige Verletzung vor, die einer Überdehnung entspricht. Bei einer zweitgradigen Verletzung, entsprechend einem Teilriss des Innenbandes, ist das Gelenk innenseitig leicht und bei einer drittgradigen Verletzung, einem Komplettriss, stark aufklappbar. Eine weitere Klassifikation wird aber später auch in der Kernspintomographie vorgenommen.
Dr. Geronikolakis: Die häufigsten Begleitverletzungen eines Innenbandrisses sind ein Meniskusschaden oder ein Riss des vorderen Kreuzbandes. Eine Kombinationsverletzung aller drei Strukturen wird als „unhappy triad“ bezeichnet.
Dr. Geronikolakis: Das häufigere Auftreten von Innenbandrissen am Kniegelenk im Vergleich zu Außenbandrissen ist auf die größere Exposition des Innenbandes gegenüber mechanischen Belastungen, häufigeren Valgusbewegungen (wie z.B. beim Fußball, Skifahren oder Kampfsport) und die Schutzfunktion der äußeren Strukturen des Knies, die das Außenband vor ähnlichen Belastungen bewahren, zurückzuführen. Das Außenband wird nämlich durch die umgebenden Strukturen wie den Tractus iliotibialis, eine dicke Sehnenplatte entlang der Oberschenkelaußenseite, sowie die stabilisierende Muskulatur des Oberschenkels und der Hüfte besser geschützt. Diese Strukturen absorbieren einen Teil der Kräfte, die auf das Außenband einwirken könnten, was das Risiko eines Risses verringert. Das Innenband ist hingegen breiter und flacher als das Außenband und verbindet sich teilweise mit dem Innenmeniskus, was es anfälliger für Verletzungen macht.
Das Innenband ist hingegen breiter und flacher als das Außenband und verbindet sich teilweise mit dem Innenmeniskus, was es anfälliger für Verletzungen macht.
Dr. Geronikolakis: Das häufigere Auftreten von Innenbandrissen am Kniegelenk bei Männern im Vergleich zu Frauen lässt sich durch mehrere Faktoren erklären, die biologischer, sportlicher und sozialer Natur sind. Es gibt zum Beispiel Unterschiede in der körperlichen Aktivität. Männer sind etwas öfter in Sportarten aktiv, bei denen es zu direkten Schlägen oder Einwirkungen auf das Knie kommt und somit ein höheres Risiko für Knieverletzungen mit sich bringen, wie Fußball, Basketball, Rugby oder Kampfsportarten. Diese Sportarten erfordern zudem schnelle Richtungswechsel, abrupte Stopps und hohe Belastungen auf das Knie, was das Risiko eines Innenbandrisses erhöht. Darüber hinaus gibt es biomechanische Unterschiede zwischen Männern und Frauen, die bei der Verteilung von Kräften auf das Kniegelenk eine Rolle spielen.
Männer haben tendenziell eine größere Muskelmasse und Körperkraft, was zu höheren mechanischen Belastungen des Knies führen kann. Dies könnte das Innenband anfälliger für Verletzungen machen, insbesondere bei plötzlichen Bewegungen oder Kollisionen. Letztendlich können neben hormonellen Faktoren, zum Beispiel hinsichtlich der Wirkung des Östrogens auf das Bindegewebe, auch anatomische Faktoren herangezogen werden. Die männliche Beinachse und die Struktur des Beckens sind im Vergleich zu Frauen unterschiedlich. Der Winkel zwischen Hüfte und Knie ist bei Frauen typischerweise größer, was unter anderem zu einer höheren Inzidenz von vorderen Kreuzbandrissen bei Frauen führt. Innenbandrisse betreffen Männer häufiger, da ihre anatomische Struktur unter anderen Belastungen steht, insbesondere bei Sportarten mit viel Körperkontakt.
Dr. Geronikolakis: Die ersten Hinweise ergeben sich schon aus der Befragung des Verletzten, vor allem über den Unfallmechanismus und die Symptome. In der körperlichen Untersuchung wird die Druckempfindlichkeit des Innenbandes getestet, wobei eine typische Schmerzlokalisation der sogenannte Ski-Punkt am oberen Ansatz des Innenbandes ist, und letztendlich auch seine Stabilität, indem im Vergleich zum unverletzten Knie auf der Gegenseite durch den Valgus-Stress-Test die Aufklappbarkeit des inneren Gelenkspaltes geprüft wird. So kann bereits nach der körperlichen Untersuchung der erste Verdacht über Art und Ausprägung der Verletzung, vor allem auch hinsichtlich möglicher Begleitverletzungen, geäußert werden. Hierbei liefert auch die Ultraschalluntersuchung, die ebenfalls einen Seitenvergleich erlaubt, weitere Hinweise. Durch eine Röntgenuntersuchung wird eine begleitende knöcherne Verletzung ausgeschlossen und schließlich kann die Kernspintomographie die Diagnose sichern.
Die ersten Hinweise ergeben sich schon aus der Befragung des Verletzten, vor allem über den Unfallmechanismus und die Symptome.
Dr. Geronikolakis: Die konservative Therapie eines isolierten Innenbandrisses am Knie beinhaltet bei höhergradigen Rissen in der ersten Phase die Versorgung mit einer Schiene in einer vorgegebenen Bewegungslimitierung, die in den ersten 6 Wochen zweiwöchentlich immer weiter freigegeben wird. Begleitend finden physiotherapeutische Maßnahmen statt und ebenfalls kommen Tapes zum Einsatz. Geringgradige Verletzungen des Innenbandes können aber auch ohne Orthese behandelt werden.
Eine operative Versorgung einer akuten isolierten Innenbandverletzung ist nur in seltenen Fällen erforderlich, zum Beispiel bei einer sogenannten tibialen Strip-off-Verletzung oder einer Stener-like-lesion. Die Therapie richtet sich somit insgesamt immer nach dem Ausprägungsgrad der Verletzung und ist abhängig von verschiedenen individuellen Faktoren, die in der Prognose und dann insbesondere in der weiteren Nachbehandlung und dem Aufbauprogramm, vor allem bei Sportlern, explizit berücksichtigt werden müssen. Darüber hinaus sollte unbedingt auch eine Rezidivprophylaxe stattfinden.
Dr. Geronikolakis: Wie schon erwähnt, ist eine Schienenversorgung abhängig vom Verletzungsausmaß und dann in einer vorgegebenen Bewegungslimitierung zu tragen, die im zweiwöchentlichen Rhythmus über 6 Wochen immer weiter erweitert wird. Physiotherapeutische und physikalische Maßnahmen sowie Tape-Anlagen können die Genesung unterstützen.
Dr. Geronikolakis: Die Dauer bis zur Ausheilung einer Innenbandverletzung ist abhängig vom Verletzungsausmaß und der durchgeführten Therapie.
Dr. Geronikolakis: Heilt eine Innenbandverletzung nicht optimal aus, kann es zu einer chronischen Instabilität des Kniegelenkes kommen, die sowohl im Sport als auch im Alltag beeinträchtigen, Schmerzen verursachen sowie zu einer erneuten Verletzung des Kniegelenkes und langfristig zu einer Schädigung des Knorpels und zu Meniskusproblemen führen kann.
Danke für das Interview!
Letzte Aktualisierung am 17.10.2024.