Einseitige Sehstörungen können viele unterschiedliche Ursachen haben. Auslöser direkt im Auge sind genauso möglich wie neurologische (im Nervensystem liegende) Ursachen oder Störungen der Durchblutung.
Zu den möglichen Ursachen einseitiger Sehstörungen zählen:
Bei der Amaurosis fugax kommt es plötzlich und kurzfristig zum Sehverlust auf einem Auge. Wie ein Schleier legt sich scheinbar etwas vor das Auge und verschwindet dann wieder. Schmerzen treten dabei keine auf. Obwohl der Sehverlust nur kurz (Sekunden bis einige Minuten) anhält, ist er ein absolutes Warnsignal. Die Ursache ist ein kurzzeitiger Verschluss eines Blutgefäßes, meist der netzhautversorgenden Arterie, durch ein kleines Blutgerinnsel (Thrombus). Häufig stammt dieser Mikrothrombus aus einer Halsschlagader. Eine Amaurosis fugax kann also immer der Vorbote eines Schlaganfalls sein. Deshalb sollte sie als Notfall eingestuft werden und sofort medizinisch abgeklärt werden.
Da der einseitige Sehverlust bei der Amaurosis fugax von selbst wieder verschwindet, ist hier zunächst keine spezielle Therapie erforderlich. Die sofortige Abklärung der Ursache ist aber sehr wichtig. Nur dadurch kann Schlimmeres verhindert werden.
Ein Gefäßverschluss im Auge kann sowohl an Arterien als auch an Venen auftreten.
Bei einem Arterienverschluss ist die Ursache in den meisten Fällen ein Blutgerinnsel (Thrombus). Aber auch eine Gefäßentzündung oder ein Spasmus (Krampf) eines Gefäßes kann ein Auslöser sein. Wie ausgeprägt die Symptomatik ist, hängt davon ab, ob ein Seitenast oder ein zentrales Gefäß betroffen ist. Ist die Zentralarterie betroffen, kommt es sehr rasch zur Erblindung des Auges. Bei einem Astverschluss tritt ein Gesichtsfeldausfall auf, der als dunkler Fleck im Gesichtsfeld wahrgenommen wird. Auch ist entscheidend, ob der Verschluss kurzfristig ist oder länger andauert. Eine nur kurz andauernde Unterbrechung der Durchblutung kann zu einer Amaurosis fugax (siehe oben) führen. Dauert die Minderdurchblutung länger an, kommt es zu einem Netzhautinfarkt. Hier ist schnelles Handeln geboten, denn es droht ein dauerhafter Gesichtsfeldausfall oder eine Erblindung auf dem Auge. Die zur Verfügung stehenden Therapiemöglichkeiten sind noch nicht zufriedenstellend. Hier werden häufig Medikamente verabreicht, die eine weitere Thrombenbildung verhindern sollten (Thrombozytenaggregationshemmer). Eine Senkung des Druckes im Auge ist eine weitere Maßnahme. Auch eine Massage des Augapfels (Bulbus) zur Verbesserung der Durchblutung kann durchgeführt werden.
Bei einem Venenverschluss unterscheidet man ebenfalls, ob ein Venenast oder eine Zentralvene betroffen ist. Ursachen können eine Kompression der Zentralvene sein, aber auch eine Zunahme der Blutdicke. Diese kann durch entzündliche Veränderungen oder Gerinnungsstörungen verursacht werden. Symptome sind Gesichtsfeldausfälle oder eine Verschlechterung des Sehens bis zur Erblindung. Die Verschlechterung ist zunächst oft morgens deutlicher ausgeprägt als im Tagesverlauf. Therapie der Wahl ist hier die Verdünnung des Blutes. Durch die Gabe sogenannter Plasmaexpander wird das Verhältnis von Blutplasma zu roten Blutkörperchen erhöht. Diese Therapie nennt sich Hämodilution.
Die Arteriitis temporalis ist eine Entzündung der Arteria temporalis, der Arterie der Schläfenregion. Ursache ist in der Regel eine rheumatische Erkrankung (Riesenzellarteriitis). Hauptsymptom sind Kopfschmerzen an der Schläfe. Diese sind meist einseitig und werden als pochend beschrieben. Es können zusätzlich Schmerzen beim Kauen auftreten. Ein häufiges Symptom ist außerdem ein plötzlicher einseitiger Sehverlust. Dieser wird durch eine Entzündung der Arterie des Auges ausgelöst. Eine rasche Behandlung ist entscheidend, um eine Erblindung zu vermeiden. Begleitend können allgemeine Krankheitssymptome wie Abgeschlagenheit, Fieber oder Gewichtsverlust auftreten. Da es prinzipiell (wie bei den Augengefäßen) zu einer Ausbreitung der Entzündung auf weitere Gefäße kommen kann, sind im Rahmen einer Arteriitis temporalis auch Gefäßentzündungen im Gehirn möglich. Die Folge könnte dann ein Schlaganfall sein.
Die Therapie liegt in einer mehrwöchigen Cortison-Therapie. Bei drohender Erblindung wird diese zunächst intravenös (durch Infusion über eine Vene) verabreicht. Das genaue Cortison-Behandlungsschema wird vom behandelnden Arzt festgelegt. Es ist abhängig vom Ausmaß der Beschwerden. Eine längerfristige Therapie mit Cortison kann mehrere Nebenwirkungen haben. Die Gefahr einer Osteoporose ist eine davon. Deshalb wird oft zeitgleich die Einnahme von Calcium und Vitamin D verordnet. Auch die Einnahme eines Magenschutzpräparates zum Schutz der Magenschleimhaut kann sinnvoll sein.
Die Entzündung des Sehnerven (Neuritis nervi optici) tritt meist einseitig auf. Häufig kommt sie im Rahmen einer Multiplen Sklerose vor. Die Ursache für die Entzündung lässt sich allerdings nicht immer festlegen. Symptome sind ein sich verschlechterndes Sehvermögen. Auch eine Veränderung des Farbensehens gehört meist dazu. Manche Betroffene berichten auch über Schmerzen im Auge bei Druck auf den Augapfel oder bei Bewegung der Augen.
Die Therapie besteht in der Gabe von hochdosiertem Cortison zur Eindämmung der Entzündung. In der Anfangsphase wird dieses oft über eine Infusion (intravenös) verabreicht, später dann in Tablettenform.
Eine Netzhautablösung (Ablatio retinae) ist ein Notfall und muss sofort vom Augenarzt behandelt werden. Sie tritt selten auf, kann aber unbehandelt zur Erblindung auf dem betroffenen Auge führen. Veränderungen des Glaskörpers können eine Ursache für eine Netzhautablösung sein. Auch ein Riss in der Netzhaut kann für deren Ablösung verantwortlich sein. In Verlauf einer Diabetes-Erkrankung kann es ebenfalls zu einer Ablösung der Netzhaut kommen. Typische Symptome sind Lichtblitze im Auge, Gesichtsfeldausfälle (ähnlich einem Vorhang oder einer Wand im Blickfeld), „fliegende Mücken“ vor den Augen, aber auch ein verzerrtes Sehen.
Je früher die Behandlung erfolgt, desto besser ist die Prognose. Mit Hilfe einer Kältesonde oder eines Lasers wird versucht, die Netzhaut wieder zu fixieren. Bei eingetretener Netzhautablösung werden operative Verfahren notwendig. Hierzu zählen die Entfernung des Glaskörpers (Vitrektomie) und eine Eindellung des Augapfels von außen.
Wenn Blut aus den Augengefäßen in den Glaskörper gelangt, bezeichnet man dies als Glaskörperblutung. Die Ursachen können vielfältig sein: eine Glaskörperabhebung, aber auch eine Diabetes-Erkrankung, ein entzündlicher Prozess oder ein Schlag auf das Auge. Klassische Symptome sind dunkle, manchmal rötliche Schlieren oder „herabregnende“ Punkte im Gesichtsfeld und Gesichtsfeldeinschränkungen bis hin zum hochgradigen Sehverlust.
Zur Therapie wird bei allgemein möglichst aufrechter Ruheposition des Kopfes für einige Zeit gewartet, bis sich das Blut abgesetzt hat oder vom Körper aufgenommen (resorbiert) wurde. Die weitere Therapie richtet sich nach der auslösenden Ursache. Dazu erfolgt beispielsweise der Einsatz eines Lasers. Legt sich die Blutung nicht, wird eine Operation zur Glaskörperentfernung durchgeführt.
Der akute Glaukomanfall ist ein Notfall und muss so schnell wie möglich augenärztlich behandelt werden. Grund für den Anfall ist ein akuter und massiver Anstieg des Augeninnendrucks. Typische Symptome sind starke Schmerzen im Auge und Kopfschmerzen. Sehstörungen auf dem betroffenen Auge sind möglich, insbesondere Nebligsehen und Farbwahrnehmungen um Lichtquellen herum. Begleitend können gerötete Augen und Symptome wie Übelkeit und Erbrechen auftreten. Diese erfolgen als Reaktion auf die starken Schmerzen. Der Augapfel selbst ist beim Betasten sehr hart.
Zunächst wird versucht, den Augeninnendruck medikamentös zu senken. Dies kann über Augentropfen und über Infusionen erfolgen. Eine operative Senkung des Augeninnendrucks wird ebenfalls häufig durchgeführt. Hierfür stehen verschiedene Verfahren zur Auswahl. Auch wenn der Augendruck mit Medikamenten gesenkt werden konnte, erfolgt später eine Operation.
Diese Erkrankung ist ebenfalls ein augenärztlicher Notfall und muss umgehend behandelt werden. Es droht Erblindung. Bei der anterioren ischämischen Optikusneuropathie (AION) kommt es zu einer Minderdurchblutung des Sehnerven. Die Ursache ist die Einengung oder der Verschluss eines Blutgefäßes, das den Sehnerv versorgt. Dies kann beispielsweise durch eine Entzündung der Schläfenarterie (Arteriitis temporalis, siehe oben) geschehen. Das Hauptsymptom ist ein plötzlicher Sehverlust auf dem betroffenen Auge. Dieser kann bis zur einseitigen Erblindung gehen.
Die Therapie ist abhängig von der Ursache. Bei einer Arteriitis temporalis beispielsweise geht es darum, die Entzündung zu beherrschen. Dies geschieht mit einer hochdosierten Cortison-Therapie. Andere Maßnahmen können Medikamente sein, die verhindern, dass sich Blutgerinnsel bilden oder solche, die die Durchblutung fördern.
Sowohl Tumore im Gehirn als auch im Auge können einseitig Sehstörungen auslösen. Symptome können je nach Lage des Tumors eine verminderte Sehschärfe, aber auch verschwommenes Sehen oder Gesichtsfeldausfälle sein.
Die Therapie richtet sich nach der Ursache. Möglich sind unter anderem Lasertherapie, Chemotherapie, Operation und Bestrahlung.
Die Entzündung der mittleren Augenhaut wird auch Uveitis genannt. Die mittlere Augenhaut besteht aus drei Schichten, so dass auch die Iritis (Entzündung der Regenbogenhaut) mit eingeschlossen ist. Eine Uveitis tritt häufig als Begleiterscheinung von anderen Erkrankungen auf. Beispiele hierfür sind rheumatische Erkrankungen wie Morbus Bechterew, aber auch Diabetes mellitus, Multiple Sklerose, entzündliche Darmerkrankungen, Erkrankungen des Auges sowie Entzündungen mit Bakterien oder Viren. Je nachdem, in welchem Bereich der mittleren Augenhaut die Entzündung liegt, stehen eher Schmerzen oder eher Sehstörungen wie Verschwommensehen oder „Schneewehen“ vor den Augen im Vordergrund. Auch ein gerötetes Auge und Lichtempfindlichkeit sind häufige Symptome.
Hier ist die Behandlung ebenfalls von der Ursache der Entzündung abhängig. Therapie der Wahl ist in der Regel eine Behandlung mit Cortison in Form von Augentropfen oder Salben. Auch eine Therapie mit Infusionen oder Tabletten ist möglich. Wenn Bakterien die Ursache sind, werden Antibiotika eingesetzt. Manchmal werden begleitend Medikamente verordnet, die den Augeninnendruck senken oder die Pupille erweitern. In seltenen Fällen kann auch eine Operation notwendig werden.
Bei der Retinopathia centralis serosa (RCS, zentrale Netzhautabhebung), manchmal auch Managerkrankheit des Auges genannt, sammelt sich Flüssigkeit zwischen der Aderhaut und der Netzhaut an. Dadurch wird die Netzhaut im zentralen Bereich leicht abgehoben. Als ein wichtiger Risikofaktor für die Entstehung diese Erkrankung wird Stress gesehen. Mögliche Symptome sind graues und verschwommenes Sehen im zentralen Sehbereich, verzerrte oder verkrümmte Linien, auch verändertes Kontrastsehen oder Farbsehen.
In vielen Fällen heilt die Retinopathia centralis serosa ohne Therapie von selbst wieder ab. Dies kann bis zu sechs Monate dauern. Begleitend und zur Vorbeugung einer erneuten Erkrankung ist es sinnvoll, Entspannungsverfahren zu erlernen und zu praktizieren. Auch Methoden für eine bessere Stressbewältigung sollten erlernt werden. Bildet sich die Erkrankung nicht von selbst zurück oder tritt erneut auf, sind auch Maßnahmen wie photodynamische Therapie oder Lasertherapie möglich.
Bei einer Hemianopsie (Halbseitenblindheit) kommt es zu einem Gesichtsfeldausfall. Dieser ist halbseitig ausgeprägt. So kann zum Beispiel auf beiden Augen die linke Seite des Gesichtsfeldes ausfallen. Die Ursache kann von der Sehnervenkreuzung bis zum Sehzentrum im Gehirn liegen. In vielen Fällen ist auch ein Schlaganfall die Ursache, aber auch Tumore wie ein Hirntumor oder ein Hypophysenadenom (gutartiger Tumor an der Hirnanhangdrüse) können eine Hemianopsie auslösen. Symptome sind halbseitige Gesichtsfeldausfälle. Dabei kann am linken und rechten Auge der gleiche Teil des Gesichtsfeldes betroffen sein (linke oder rechte Seite). Dies nennt man homonyme Hemianopsie. In manchen Fällen ist auf beiden Seiten der Nasenbereich oder der Schläfenbereich des Gesichtsfeldes ausgefallen (heteronyme Hemianopsie). Auch kann der obere oder untere Teil des Gesichtsfeldes betroffen sein.
Die Therapie ist abhängig von der Ursache. Ein Hypophysentumor kann in einigen Fällen chirurgisch entfernt werden. Bei einem Schlaganfall bilden sich die Gesichtsfelddefekte oft nicht zurück. Ein gezieltes Gesichtsfeldtraining kann aber helfen, Ausfälle zu kompensieren.
Springer Link, Andreas Häckel – Einseitiger Sehverlust - was Neurologen wissen sollten: https://link.springer.com/article/10.1007/s15005-016-1971-6 (online, letzter Abruf: 26.10.2021)
Springer Link, Angelika Bischoff – Erblindungsgefahr: Gefäßverschluss im Auge: https://link.springer.com/article/10.1007/s15006-016-8487-3 (online letzter Abruf: 26.10.2021)
aktualisiert am 02.12.2022