Die Diagnose "phobischer Schwankschwindel" hört sich für die Betroffenen beunruhigend an. Dabei ist sie zunächst ein Hinweis darauf, dass der Arzt keine körperliche Ursache für die Schwindelanfälle findet. Es heißt aber nicht, dass der Patient sich den Schwindel einbildet. Die Gleichgewichtsstörungen lassen sich sogar auslösen aber auch vermeiden.
Diese Form des Schwindels tritt vor allem bei starker Angst auf. Die Patienten können oft noch weitere Symptome benennen, die diese Angst begleiten. Sie reagieren mit Herzrasen, Schweißausbrüchen oder Zittern. Im Laufe der Zeit können sich Schwindelattacken einstellen, ohne dass weitere Symptome auftreten.
Typisch ist, dass sich der Schwindel verbessert, wenn der Betroffene sich körperlich betätigt. Auch Alkohol in geringer Menge führt zu einer Verbesserung der Anzeichen. Der phobische Schwankschwindel tritt anfallsartig auf und kann wenige Minuten bis zu einigen Stunden andauern. Der Verlauf ist nicht in allen Fällen gleich. So kann der Patient leichte Gangunsicherheiten zeigen oder auch stark schwanken. Stürze aufgrund des starken Schwindels sind ebenfalls möglich und stellen ein hohes Risiko dar. Ist es erst einmal zu einem Sturz gekommen, erhöht diese Erfahrung die Angst vor dem Schwindel noch. Das gilt umso mehr, wenn der Betroffene sich bei einem solchen Sturz verletzt hat oder es zu traumatischen Erlebnissen gekommen ist. Diese sind neben dem Gefühl der Hilflosigkeit auch ausbleibende Hilfe und die Erfahrung, auf sich allein gestellt zu sein. Die Betroffenen laufen dann Gefahr, sich dauerhaft zu "verkrampfen".
Erschwerend kommt hinzu, dass das Risiko einer Wiederholung tatsächlich besteht. Betroffene, die allein leben oder stundenweise allein sind, kommen dann möglicherweise in die Situation, Angst vor dem Alleinsein zu entwickeln. Das kann dazu führen, dass sie von Verwandten oder Freunden Unterstützung einfordern.
Phobischer Schwankschwindel beeinträchtigt die Lebensqualität erheblich. Betroffene sollten sich daher nicht scheuen, medizinische und begleitende therapeutische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Je früher die Behandlung einsetzt, desto geringer ist die Gefahr, dass sich die Angst festsetzt und verselbständigt.
Der erste Ansprechpartner ist der Hausarzt. Bei klarer Symptomatik kann er den Schwankschwindel diagnostizieren. Treten weitere Symptome auf, deren Ursache unklar ist, wird er einen Neurologen (Nerven-Facharzt) hinzuziehen. Dieser wird gegebenenfalls weiterführende Untersuchungen vornehmen.
Der Schwindel zeigt sich durch mehr oder weniger starkes Schwanken. Werden dem Betroffenen aber Übungen gestellt, bei denen der Gleichgewichtssinn besonders angestrengt wird, lässt das Schwanken nach. Eine solche Verbesserung tritt auch ein, wenn der Patient abgelenkt wird.
Trotzdem führt der Arzt weitere Untersuchungen durch, um zu klären, ob andere Erkrankungen vorliegen. Dazu gehört auch eine gründliche Befragung zu durchgemachten Erkrankungen. Es hat sich gezeigt, dass Krankheiten, die mit Schwindel einhergehen, ihrerseits einen phobischen Schwankschwindel auslösen können.
Bei Patienten mit phobischem Schwankschwindel liegt keine Erkrankung des Gleichgewichtsorgans vor. Stattdessen ist davon auszugehen, dass die Ursache in der Psyche begründet ist. Der Hintergrund ist ein erlerntes Fehlverhalten auf einen normalen Prozess. Kleine Gleichgewichtsprobleme können bei jedem Menschen auftreten, ohne dass es sich dabei um das Anzeichen einer Erkrankung handeln muss. Der Gesunde reagiert auf diesen leichten Schwindel, indem er seine Position ändert, bis der Schwindel nachlässt. Das passiert vielfach unbewusst.
Patienten, die unter dem phobischen Schwankschwindel leiden, bemühen sich zwar, den Schwindel mit ausgleichenden Bewegungen zu beenden, aber mit einer deutlich sichtbaren Überreaktion. Die ausgeführten Bewegungen sind zu heftig und verstärken damit das Gefühl des Schwindels und der Unsicherheit. Der Betroffene hat das Gefühl, dass seine Bewegungen Folgen des Schwindels sind. Folglich verwechselt er Ursache und Wirkung.
Liegt keine Grunderkrankung vor, kann der Schwankschwindel durch eine körperbezogene Therapie und Medikamente behandelt werden. Als besonders hilfreich hat sich zudem Sport erwiesen. Wichtig ist, dass der Betroffene lernt, nicht ständig in sich zu horchen. Die verordneten Medikamente sollen die Psyche stabilisieren und helfen, die Ängste zu reduzieren.
Der phobische Schwankschwindel lässt sich für gewöhnlich gut behandeln, wenn der Patient erkennt, dass er die Verbesserung selbst herbeiführen kann. Trotzdem benötigt er dabei Hilfe. Die Erkenntnis, dass er den Schwankschwindel unbeabsichtigt selbst auslöst, genügt nicht für eine Heilung. Bis die Angst vor der Erkrankung überwunden ist, ist es wichtig, die Betroffenen mit diesen Gefühlen nicht alleine zu lassen. Wer allein lebt oder stundenweise allein ist, kann mit einem Alarm ausgestattet werden, der auch im Liegen ausgelöst werden kann. Weitere hilfreiche Meldesysteme sind solche, die sofort einen Alarm weiterleiten, wenn die Person sich ungewöhnlich schnell oder mit einem starken Winkel bewegt, wie das bei Schwindel oder einem Sturz der Fall ist. Das dient der persönlichen Sicherheit, aber auch dem Sicherheitsgefühl. Die Betroffenen realisieren, dass sie auf keinen Fall hilflos sind, sondern jederzeit medizinisch geschultes Personal erreichen können.
Dabei sollte aber von Anfang an geklärt werden, dass dies nur eine vorübergehende Maßnahme gegen die Angst vor dem Schwindel ist. Auf Dauer müssen die Betroffenen lernen, die Angst auszuhalten und sie möglichst zu überwinden. Mit einem verbesserten Körpergefühl und mehr Selbstvertrauen kann das gelingen.
aktualisiert am 18.04.2018