Eine Schwerhörigkeit besteht, wenn das Hörvermögen vermindert ist. Der Fachausdruck für die Schwerhörigkeit lautet Hypakusis. Die Hypakusis kann vorübergehend bestehen und das Gehör sich wieder erholen, in vielen Fällen bleibt das Hören aber auf Dauer schlecht. Schwerhörigkeit ist ein verbreitetes Problem in der Gesellschaft. Ungefähr 20 Prozent der Menschen in Deutschland leiden an ausgeprägter Schwerhörigkeit. Insbesondere ältere Menschen sind schwerhörig - die typische Altersschwerhörigkeit wird als Presbyakusis bezeichnet. Die Schwerhörigkeit lässt sich generell in zwei Formen unterteilen, nämlich in die Mittelohrschwerhörigkeit (Schallleitungsschwerhörigkeit) und in die Innenohrschwerhörigkeit (Schallempfindungsschwerhörigkeit). Zu den Schallempfindungsstörungen gehören auch zentrale Hörstörungen (Veränderungen im Gehirn) oder Schäden der Nervenverbindung zwischen Ohr und Gehirn.
Schwerhörigkeit kann viele verschiedene Ursachen haben. Zu den möglichen Ursachen gehören eine angeborene Hörstörung, gewöhnliche Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis), Hörschaden durch Lärmbelastung, eine Infektion im Ohr bis hin zu einem Tumor. Alles in allem wird eine Schallleitungsstörung (Mittelohrschwerhörigkeit) von einer Schallempfindungsstörung (Innenohrschwerhörigkeit oder Beeinträchtigung an Hörnerv oder Gehirn) unterschieden.
Die Schallleitung erfolgt vom Trommelfell, über das die Schallwellen aufgenommen werden, über die Gehörknöchelchen (Hammer, Amboss, Steigbügel) bis zur Steigbügelplatte. Diese liegt an einer Öffnung zum Innenohr (ovales Fenster) an einer Membran. Eine Schallleitungsstörung führt dazu, dass die Tonimpulse vom Mittelohr nicht mehr gut bis zum Innenohr geführt werden können.
Ursachen dafür können Schäden des Trommelfells (z. B. nach Schlag gegen das Ohr), eine Mittelohrentzündung (Otitis media), eine chronische Eiterung (Cholesteatom) oder eine Flüssigkeitsfüllung des Mittelohrs (Paukenerguss, Serotympanon) sein. Auch Verletzungen können für eine Schallleitungsschwerhörigkeit sorgen, wenn sie z. B. die Gehörknöchelchenkette unterbrechen. Das Ohr kann von einer Otosklerose (krankhafte Umbauvorgänge der Knochen) betroffen sein, die zu einer Verknöcherung des Steigbügels im ovalen Fenster und damit herabgesetzten Beweglichkeit führt und die Schallleitung stark reduziert. In seltenen Fällen kommen Tumore am oder im Mittelohr vor, die die Schallleitung behindern.
Zu starke Druckschwankungen können zu Problemen führen, beispielsweise in großen Höhen im Flugzeug. Eine weitere Störung mit möglicher Schwerhörigkeit ist eine Blockierung oder eine Verletzung in der Ohrtrompete, also der Verbindung von Mittelohr zu Rachenraum (Tuba auditiva). Das verhindert einen Luftaustausch zwischen Mittelohr und Außenwelt und kann unter anderem auch zum Paukenerguss führen.
Außerdem kann eine Beeinträchtigung am Außenohr und äußeren Gehörgang grob in diese Störungen eingeordnet werden. Ein Beispiel dafür ist Ohrenschmalz (Cerumen), von dem eine Ansammlung, Verdichtung (etwa nach Verwendung von Wattestäbchen) oder übermäßige Bildung vorliegt. Wasser im Ohr kann das Hören ebenfalls stören, gleichermaßen wie Entzündungen am Außenohr und Gehörgang (Otitis externa).
Eine Schallempfindungsstörung hat ihre Ursache in den Anteilen des Körpers, die den Schall sensorisch registrieren und verarbeiten. Das bedeutet, die Ursache liegt im Innenohr (Hörschnecke, Cochlea) oder im Nervensystem (Hörnerv oder Hirn).
Zu den häufigsten Formen von Schwerhörigkeit gehört die Lärmschwerhörigkeit. Lärm ist in der heutigen Zeit ein fast allgegenwärtiges Problem, das bereits bei Jugendlichen eine Schwerhörigkeit hervorrufen kann. Je lauter ein Geräusch, umso belastender ist es für die Ohren. Die Lautstärke lässt sich als Dezibel (dB) angeben, es handelt sich dabei um eine nichtlineare (logarithmische) Skala. Ungefähr bei 130 Dezibel befindet sich die Schmerzgrenze: Töne mit noch größerer Lautstärke werden von vielen Menschen als Schmerzen empfunden. Alles, was über 120 Dezibel laut ist, ist besonders gefährlich für das Gehör und kann schon bei kurzdauernder Einwirkung Schäden herbeiführen. Doch schon ab etwa 85 Dezibel ist bei langanhaltender Belastung ein Gehörschaden möglich. Die Tonhöhe kann durch die Frequenz beschrieben werden. Das Hörspektrum des Menschen bewegt sich zwischen Frequenzen von 20 bis 20 000 Hz (Hertz). Am besten hören Menschen Töne zwischen 500 und 5000 Hz (Hertz), was auch den Bereich der gesprochenen Sprache enthält. Eine ständige oder wiederholte Einwirkung von Lärm beschädigt nach und nach die Haarzellen im Innenohr. Ursachen der hohen Lautstärkeeinwirkung sind im Wesentlichen sehr laute Musik (Kopfhörer, Disco) oder Maschinen (Presslufthammer), des Weiteren Arbeiten mit Metall oder knallende Schüsse aus einer Schusswaffe.
Die Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis) ist eine Schallempfindungsstörung, die bei vielen älteren Personen ohne besondere erkennbare Ursache eintritt. Vermutlich spielen bei der Presbyakusis Alterungsprozesse im Ohr, eine Summierung von vielen geringen Schädigungen (Lärm, Erkrankungen, Giftstoffe) und eine erschwerte Verarbeitung im Gehirn eine Rolle.
Ein Hörsturz kann auch zu einem Hörverlust führen. Der Hörsturz ist eine plötzlich auftretende Schwerhörigkeit eines oder manchmal auch beider Ohren, oft mit weiteren Symptomen wie Tinnitus und Gleichgewichtsproblemen. Die Ursache für einen Hörsturz ist nicht genau bekannt, vermutlich liegt meist eine Durchblutungsstörung vor.
Erkrankungen als Ursache der Schallempfindungsstörung können z. B. der Morbus Menière (eine Störung mit Hörverlust und Drehschwindel), Multiple Sklerose (MS), Störungen an der Halswirbelsäule oder Blutgefäßerkrankungen sein. Entzündungen beziehungsweise Infektionen durch unterschiedliche Erreger wie Viren (Masern, Gürtelrose = Zoster oticus) oder Bakterien (Meningitis/Hirnhautentzündung, Scharlach, Borreliose) können eine Schwerhörigkeit bedingen. Angeborene Störungen können eine Schwerhörigkeit oder Taubheit verursachen, eventuell in Kombination mit weiteren Beeinträchtigungen.
Außerdem sind manchmal Verletzungen oder bisweilen Vergiftungserscheinungen oder Nebenwirkungen von Medikamenten für den Hörverlust verantwortlich. Auch Tumore wie insbesondere das Akustikusneurinom (Wucherung am Hörnerv) können hier eine Ursache darstellen.
Manche Patienten beziehen ihre Schwerhörigkeit aus einer Kombination der beiden Ursachengruppen (Schallleitungs- und Schallempfindungsstörung zusammen).
Eine Schwerhörigkeit (Hypakusis) kann akut oder chronisch bestehen. In der Mehrzahl der Fälle besteht eine Schwerhörigkeit lediglich vorübergehend und das Gehör erholt sich wieder.
Eine chronische (lange andauernde oder bleibende) Schwerhörigkeit entwickelt sich in der Regel allmählich über einen größeren Zeitraum. Betroffenen fällt dies daher oft lange nicht auf. Die häufige Altersschwerhörigkeit (Presbyakusis) kommt oft ab etwa einem Alter von 50 oder 60 Jahren zum Vorschein und kann weiter zunehmen. Altersschwerhörigkeit sowie Lärmschwerhörigkeit betrifft oftmals zunächst die hohen Töne und später im Verlauf erst die tieferen Töne. Betroffene merken von ihrer Hörstörung oft als erstes, dass sie Gespräche nicht mehr richtig verstehen. Zu den Anzeichen für Außenstehende gehören häufiges Nachfragen oder unpassende Antworten in Gesprächen und eine laut gewordene Stimme.
Die Schwerhörigkeit kann unterschiedlich gravierend sein und reicht von einer geringgradigen Hörstörung bis hin zur Taubheit. Ab einem Hörverlust von 20 dB (Dezibel) liegt eine leichte (geringgradige) Schwerhörigkeit vor. Üblicherweise können dann leise Geräusche wie etwa eine tickende Armbanduhr nicht mehr gehört werden. Eine mittelgradige Schwerhörigkeit liegt vor, wenn das Hörvermögen um etwa 40 dB (Dezibel) herabgesetzt ist. Zum Vergleich: Der Pegel gewöhnlicher, alltäglicher Hintergrundgeräusche liegt bei circa 40 dB. Bei etwa einem Hörverlust von 60 dB ist eine hochgradige Schwerhörigkeit vorhanden und Betroffene können einen direkten Gesprächspartner, der in normaler Lautstärke spricht, nicht mehr verstehen. Als Taubheit beziehungsweise an Taubheit grenzende Schwerhörigkeit wird ein Hörverlust von 80 dB und mehr beschrieben. Das bedeutet, dass laut abgespielte Musik oder Straßenlärm nicht mehr wahrgenommen werden können.
Vor allem bei einer Innenohrschwerhörigkeit kann auch der andere Anteil des Innenohres, das Gleichgewichtsorgan, mit einbezogen sein. Deshalb zeigt sich als Symptom bei einigen Patienten zugleich ein gestörter Gleichgewichtssinn und Anfälle von Schwindel.
Schwerhörigkeit und Taubheit haben des Weiteren psychische und soziale Folgen. Betroffene fühlen sich beeinträchtigt, ziehen sich eventuell zurück und können in eine Depression geraten oder Ängste entwickeln.
Der HNO-Arzt (Hals-Nasen-Ohren-Arzt) kann eine Schwerhörigkeit und ihre Ausprägung mit spezialisierten Tests feststellen. Den Untersuchungen geht ein Arzt-Patienten-Gespräch (Anamnese) voraus, bei dem gefragt wird, wie lange die Schwerhörigkeit schon besteht und ob sie plötzlich oder allmählich gekommen ist. Auch Vorerkrankungen oder Medikamente des Patienten werden beispielsweise erfragt. In einer Ohrenspiegelung (Otoskopie) schaut der Arzt nach Auffälligkeiten. Im Hörtest (Hörprüfung, Audiometrie) wird ermittelt, wie stark jedes Ohr von der Hypakusis betroffen ist. Eine Hörkurve wird aufgezeichnet, indem dem Patienten Töne bestimmter unterschiedlicher Höhe und Lautstärke präsentiert werden. Mit einem Test zwischen Luftleitung und Knochenleitung kann eine grobe Unterscheidung von Mittelohr- und Innenohrschwerhörigkeit geschehen. Das gelingt schon mit den Stimmgabelversuchen (nach Weber und Rinne).
Darüber hinaus können Spezialmessungen wie die Tympanometrie (Tympanogramm) oder der Stapediusreflex sinnvoll sein. Diese Tests werden als Impedanzaudiometrie zusammengefasst. Unter anderem können otoakustische Emissionen und ERA (Electrical Response Audiometry) weitere Maßnahmen sein, eine Ursache festzustellen. Außerdem erfolgen allgemeine Untersuchungen wie etwa eine Blutuntersuchung oder eine Röntgenaufnahme beziehungsweise Computertomographie (CT).
Der Arzt muss ausschließen, dass eine allgemeine Erkrankung für einen Hörverlust verantwortlich ist. Dazu können beispielsweise Stoffwechselerkrankungen, Diabetes mellitus, Nierenerkrankungen, Gefäßleiden oder Immunstörungen gehören.
Die Behandlung bei einer bestehenden Schwerhörigkeit (Hypakusis) hängt an erster Stelle von der Ursache ab. Je nach Erkrankung können eine Gabe von Medikamenten oder Infusionen in Frage kommen oder manchmal auch Operationen. So kann etwa ein Trommelfelldefekt geschlossen werden, das Trommelfell zum Ablassen von Flüssigkeit eingeschnitten werden (Parazentese), Paukenröhrchen in das Trommelfell eingelegt werden oder eine Gehörknöchelchen-Prothese (Steigbügel-Prothese) eingesetzt werden.
Eine Innenohrschwerhörigkeit (z. B. ein Lärmschaden oder eine Presbyakusis) lässt sich mit diesen Mitteln allerdings nicht bessern. Um das restliche Hörvermögen zu nutzen, können Schwerhörige ein Hörgerät angepasst bekommen. Dies sollte nach der gängigen Auffassung so früh wie möglich geschehen. Eine sehr starke Innenohrschwerhörigkeit kann außerdem durch ein Cochlea-Implantat (CI, Prothese als Ersatz für die Funktion des Innenohres) behandelt werden.
Die Prognose der Schwerhörigkeit ist nicht eindeutig zu stellen, da sie ganz unterschiedliche Ursachen, Schweregrade und Verläufe haben kann. Bei Kindern ist es wichtig, dass eine Schwerhörigkeit (egal ob angeboren oder später entstanden) baldmöglichst behandelt wird. Ansonsten droht eine eingeschränkte Entwicklung des Sprachvermögens. Die Versorgung mit Hörgeräten ermöglicht, dass Betroffene dank dieser Unterstützung meist normal am Gesellschaftsleben teilhaben können. Ein Hörgerät lässt die Patienten wieder Gespräche verfolgen und leisere Geräusche wahrnehmen. Neuere Technologien in Hörgeräten verbessern die Situation noch weiter, indem sie ausgewählt Geräusche wie z. B. menschliche Stimmen verstärken und dank gerichteter Mikrofone ein gezieltes Zuhören ermöglichen.
aktualisiert am 08.02.2022